Was kosten Konflikte im Unternehmen?
Was Konflikte im Unternehmen kosten, lässt sich gar nicht so einfach beantworten. Denn bis Situationen eskalieren und Anwalts- und Gerichtskosten schwarz auf weiß auf der Rechnung erscheinen, sind Reibungsverluste durch Konflikte, wie Einstellung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter nach Kündigung, Ausfälle durch Krankheit, Fehlerkosten oder Verlust von Kunden schwer in Zahlen zu fassen. Fest steht, dass sich die aus Konflikten entstehenden Kosten auf ein Minimum reduzieren lassen. Ein Ansatzpunkt für wirtschaftliche Optimierung.
Wenn Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, Arbeitsweisen, Meinungen und Wertvorstellungen zusammenarbeiten, führt das fast unweigerlich zu Auseinandersetzungen. Konflikte an sich stellen erst einmal keine Gefahr für ein Unternehmen dar. Sie können sogar der positive Treibstoff für Innovationen sein. Die Frage ist, wie damit umgegangen wird. Werden die Konflikte erfasst und bearbeitet, können sie für die Unternehmensentwicklung förderlich sein. Schwieriger wird es, wenn sie ignoriert werden und unbearbeitet bleiben.
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Die ersten Untersuchungen zu finanziellen Konsequenzen von Konflikten wurden 1996 von Daniel Dana, Professor für Organisationsverhalten der University of Hartford und Gründer des „Mediation Training Institute International“, durchgeführt. Im Wesentlichen zeigte er acht Faktoren für erhöhte Kosten auf: verschwendete Zeit, Fehlentscheidungen, verlorene Mitarbeiter, unnötige Restrukturierungen, Sabotage und Diebstahl, verringerte Arbeitsmotivation, verlorene Arbeitszeit und Gesundheitskosten. Den größten Kostenfaktor sah er in der falsch eingesetzten Zeit.
Neben anderen Forschungen wurde 2009 eine umfangreiche Konfliktkostenstudie von der Beratungsgesellschaft KPMG durchgeführt. Danach lassen sich Konfliktkosten insbesondere drei Bereichen zuordnen:
- Personal: Mitarbeiterfluktuation, Krankheit, kontraproduktives Verhalten, Kunden- und Lieferantenfluktuation.
- Team: Mängel in der Projektarbeit, entgangene Aufträge.
- Organisation: Über- und Unterregulierung, Anreiz- und Motivationssysteme, arbeitsrechtliche Maßnahmen.
Zu den markantesten Ergebnissen gehörten, dass
- 10 bis 15 Prozent der Arbeitszeit in jedem Unternehmen für Konfliktbewältigung verbraucht werden (immerhin ein halber Tag bei einer 5-Tage-Woche),
- die Summe der Konfliktkosten regelmäßig 20 Prozent der Personalkosten erreicht,
- 30 bis 50 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit von Führungskräften direkt oder indirekt mit der Bewältigung von Konflikten oder Konfliktfolgen verbracht werden,
- Fehlzeiten aufgrund betrieblicher Ängste und Mobbing am Arbeitsplatz sowie Fluktuationskosten, Abfindungszahlungen, Gesundheitskosten aufgrund innerbetrieblicher Konflikte entstehen,
- 25 Prozent des Umsatzes von der Kommunikationsqualität im Unternehmen abhängen.
Bei dieser Untersuchung wurde deutlich, wie schwierig es für Unternehmen ist, die Kosten durch kontraproduktives oder betriebsschädigendes Verhalten zu benennen. Zudem ist davon auszugehen, dass nicht jeder Konflikt von den Führungskräften erkannt wird.
Es fließt also eine ganze Menge Zeit, Energie und damit auch Geld in innerbetriebliche Konflikte und das macht – nicht nur sprichwörtlich – krank. So ist beispielsweise der Zusammenhang zwischen Konflikten und arbeitsbedingten Erkrankungen wissenschaftlich erwiesen, wie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in „Die Erfassung von Mobbing“ 2011 veröffentlicht hat. Konfliktprävention ist dementsprechend ein wichtiger Teil der Gesundheitsprävention.
Funktionale und dysfunktionale Kosten
Die Kosten, die für Konflikte entstehen, können in funktionale und dysfunktionale Konfliktkosten unterteilt werden.
Als funktional und positiv werden alle Kosten betrachtet, die das Vorankommen und die Entwicklung des Unternehmens fördern. Diese konstruktive Art der Konfliktbearbeitung kostet zwar Geld. Es sind jedoch Kosten, die sich lohnen und dafür sorgen, dass ein Unternehmen langfristig erfolgreich ist. Investitionen in die Unternehmenskultur, die Implementierung eines Konfliktmanagementsystems oder die Schulung von Mitarbeitern sorgen dafür, dass Konflikte produktiv bearbeitet, negative Kosten reduziert sowie die Produktivität und Kreativität der Mitarbeiter erhöht werden.
Dysfunktionale Kosten sind alle, die zum Nachteil des Unternehmens und ohne Nutzen sind, wie unter den drei Bereichen der KPMG-Studie oben beschrieben.
Aus der Coachingpraxis
Viele Coachinganliegen, die von Unternehmen an mich herangetragen werden, sind im Kern Konfliktthemen. Allerdings geht es eher selten um den Zwist zwischen zwei Personen oder in Teams, wie sich vermuten ließe. Die Anfragen decken eine Palette von Konfliktbereichen ab. Konflikte entstehen auf organisatorischer Ebene durch Festhalten an einer unpassenden Organisationsstruktur, nicht mehr zeitgemäßen Vorgaben des Unternehmens, chaotischer Arbeitsplatzgestaltung oder anderen Stolpersteinen. Zu lange werden diese Störungen als nebensächlich eingestuft und nicht bearbeitet. Irgendwann wird aus kleinen Ärgernissen durch Nachlässigkeit ein handfester Konflikt, der bei Mitarbeitern und Teams vernichtend seine Kreise zieht.
Die Wiederherstellung der Kommunikationsbereitschaft ist meist der erste Schritt, um dann gemeinsam das Kernproblem aus dem Weg zu schaffen. Wichtig ist, mit der Arbeit an der richtigen Stelle zu beginnen. Zum Beispiel werde ich häufig gebeten, ein Teamcoaching (ohne Chef) anzubieten, obwohl die Führungskraft mit einem Teammitglied im Konflikt steht. Solche Interventionen, die an den eigentlichen Konfliktparteien vorbeilaufen, sind im besten Fall eine Zeit- und Geldverschwendung. Im schlechtesten Fall wird der bestehende Konflikt eskaliert, es entstehen weitere ungeklärte Konflikte und die Motivation des gesamten Teams sinkt. Die Intervention muss passend sein – Konfliktgespräch bei Konflikten und Teambuilding, wenn die Teamkultur gefördert werden soll.
Dabei sind Konfliktpräventionsmaßnahmen aufgrund des zeitlich geringen Aufwands die kostengünstigste Alternative. Wenn im Unternehmen größere Änderungen anstehen, die mit einem gewissen Konfliktpotenzial einhergehen, z. B. Filialisierungen oder die Übergabe der Apotheke an einen neuen Inhaber, ergibt es Sinn, diesen Prozess professionell zu begleiten. Wenn z. B. ein guter Dialog mit dem Team aufgebaut wird und die neue Führungskraft eine Möglichkeit bekommt, in ihre neue Rolle zu finden, dann kann die erhöhte Fluktuation von Mitarbeitern vermieden werden.
Konfliktmanagement etablieren
Wenn Sie das Gefühl haben, dass bei den Konfliktkosten Einsparpotenzial besteht, weil Konflikte nicht produktiv bearbeitet werden, gibt es die Möglichkeit, das Unternehmen neu aufzustellen, z. B. durch Einführung oder Erweiterung eines Konfliktmanagementsystems. Das Konfliktmanagement hat die Aufgabe, Konfliktkosten durch Prävention oder Bewältigung von Konflikten zu minimieren oder zu vermeiden. Eine meist kostengünstige und wenig aufwendige Methode im Gegensatz zu dem Maßnahmenkatalog bei eskalierenden Konflikten.
Es können betriebsinterne Konfliktcoaches ausgebildet oder Externe mit der Konflikterkennung und -behebung betraut werden. Besonders verdeckte Konflikte können auf diesem Weg offengelegt und bearbeitet werden.
Schulungen zur Konfliktprävention erhöhen die Konfliktlösekompetenz von Mitarbeitern und Führungskräften. In den meisten Fällen können diese kleinen Maßnahmen große Wirkungen erzielen, da sich die Kultur in Richtung „konstruktiver Umgang“ und Innovation verschiebt.
Fazit
Konflikte kosten immer Geld, aber Unternehmen können die Höhe beeinflussen. Wichtig ist, Konflikte zu erkennen und konstruktiv zu bearbeiten. Wenn ein Konflikt eskaliert, ist es im Vergleich immer kostengünstiger, positive Konfliktkosten für einen externen Moderator oder Coach aufzuwenden, als für die negativen Folgen zu bezahlen, die in letzter Konsequenz sogar Konfliktfolgekosten wie ein erheblicher Imageschaden sein können.
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