Warum Depressionen häufig in die Sucht führen
Erst vor wenigen Tagen erlitt Jenny Elvers einen Alkoholrückfall. Im Zuge dessen gab sie bekannt, dass Depressionen der Grund für ihre Abhängigkeit seien. Warum diese häufig in die Sucht führen und wie gefährlich die Kombination von Alkohol und Antidepressiva ist.
Traurige News von Jenny Elvers. Erst vor wenigen Tagen erlitt die Schauspielerin offenbar einen Alkoholrückfall. Wie „Bild“ berichtet, sei die 51-Jährige am frühen Abend des 31. Oktober am Ortseingang von Wittstock/Dosse in Brandenburg von der Polizei kontrolliert worden, weil ihr Auto auffällig geparkt war. Ein Test ergab, dass Elvers 1,7 Promille im Blut hatte.
„Ich leide seit über zehn Jahren an Depressionen, darum habe ich damals ja auch angefangen zu trinken und mich mit Alkohol zu betäuben“, sagte sie gegenüber „Bild“. Zwar sei sie „medikamentös gut eingestellt“, doch gebe es immer wieder Phasen, in denen sie sehr traurig sei und merke, dass sie aufpassen müsse.
Gerade Ende Oktober sei es ihr nicht gut gegangen: „Ich habe nur geweint, hatte keine Kraft, um aufzustehen“. Dann habe sie zu Alkohol gegriffen. „In Kombination mit den Medikamenten das Schlimmste, was ich hätte tun können“, gesteht sie.
Wechselwirkung von Alkohol mit Medikamenten gegen Depressionen
Tatsächlich sind die Wechselwirkungen von Medikamenten gegen Depressionen und Alkohol besonders gefährlich. Je nach Präparat und Alkoholmenge kann eine Kombination die Wirkung des Medikaments aufheben, so dass sich die Depressionssymptomatik noch verschlimmern kann. „Die Wirkung sei völlig unkontrolliert“, heißt es auf den Seiten der Betty-Ford-Klink , eine der bekanntesten Suchtkliniken weltweit.
Alkohol in Kombination mit Antidepressiva könnten demnach auch zu Vergiftungen durch toxische Stoffwechselprodukte führen. Auch werde der Alkoholabbau durch einige Antidepressiva verzögert, deshalb sollten Patienten zur eigenen Sicherheit unbedingt vermeiden diese beiden Substanzen gleichzeitig anzuwenden.
Depressionen sehr häufig bei Menschen mit Alkoholabhängigkeit
Nicht so einfach, denn Alkoholsucht und Depressionen hängen häufig zusammen. In Deutschland gelten 1,7 Millionen Menschen als alkoholabhängig. Laut BZgA litten etwa 30 Prozent davon zusätzlich an Depressionen. Aufgeteilt nach Geschlecht seien
- bei den Männern 24 Prozent und
- bei den Frauen sogar 49 Prozent noch zusätzlich mit Depressionen belastet.
Das heißt ähnlich wie bei Jenny Elvers geraten etwa die Hälfte der Frauen wegen der Depression in eine Abhängigkeit oder entwickeln erst eine Depression durch den Alkoholismus. Denn beides ist möglich.
Alkoholabhängigkeit häufig eine Folge der Depression
„In den meisten Fällen entsteht eine Alkoholabhängigkeit als eine Folge der Depression“, heißt es beim BZgA . Betroffene tränken Alkohol, um Symptome der Depression wie etwa
- Lustlosgikeit
- Traurigkeit
- Reizbarkeit
- Negative Gefühle
- Gefühl von Sinnlosigkeit
zu dämpfen. Denn Alkohol hebe zunächst die Stimmung und schaffe ein Gefühl „künstlicher Euphorie“ und ein „Wohlgefühl“, was kurzfristig die Depression lindere. Ein Teufelskreis also, da diese Linderung nicht lange währt und sehr schnell dazu führt, dass die Betroffenen noch mehr trinken.
Deshalb haben gerade Menschen mit Depressionen auch ein höheres Risiko, eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln. Auf längere Sicht aber, führt Alkohol dazu, dass sich die Depression erst recht verstärkt. Das kann schlimmstenfalls bis zur Selbstmordgefährdung führen.
Alkoholabhängigkeit kann Depressionen verursachen
Alkoholmissbrauch kann umgekehrt aber auch Depressionen verursachen. Denn er greift in den Wirkmechanismus des Gehirns ein. „Wie andere Drogen auch beeinträchtigt Alkohol direkt die Botenstoffe und die Reizübermittlung im Gehirn“, heißt es beim BZgA. „Wird also durch den Alkohol ständig ein anregender Stoff freigesetzt, verringert das Gehirn seine dafür zuständigen Rezeptoren, damit es nicht zu einem Überangebot kommt.“
Längerfristig führe dies zu einer Veränderung der Gehirnstruktur. Diese Veränderung des Gehirns kann wiederum zu Depressionen führen. Deshalb müssten auch Depressionen, die durch Alkoholmissbrauch erst entstehen, wie eine psychische Erkrankung behandelt werden.
Experte: Psychische Komponente der Sucht wiegt am schwersten
Jenny Elvers geht es nach eigenen Aussagen wieder besser. Der Alkohol sei aus dem Körper raus: „Es war dieser eine Tag, an dem ich rückfällig wurde“, sagt Elvers gegenüber „Bild“. Leid tut ihr der Vorfall auch wegen ihres Sohnes. Auch entschuldigte sie sich, andere Personen im Straßenverkehr gefährdet zu haben. Ich bin dankbar, dass niemand zu Schaden kam“, beteuert sie.
Für Elvers ist der Kampf gegen Alkohol damit längst noch nicht überwunden. Denn die psychische Komponente der Sucht wiegt am schwersten. „Suchtkranke haben gelernt, dass bestimmte Substanzen wie Alkohol, Medikamente oder Drogen dabei geholfen haben, Stressreaktionen, Ängste oder Traumata abzumildern und dass sie damit zunächst besser funktionieren“, erklärt Maurice Cabanis, Direktor der Klinik für Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten im Klinikum Stuttgart. „Das erzeugt eine hohe Bindung an die Substanz“, so der Suchtmediziner.
„Wenn sich dieser Mechanismus eingeprägt hat, kann das dazu führen, dass der Betroffene auch nach einer langen Zeit der Abstinenz in einer schwierigen Situation wieder auf dieses alte Konsumverhalten zurückgreift und erneut in die Abhängigkeit gerät.“ Das seien oft ganz unbewusste Prozesse, so Cabanis. Deshalb ist die psychische Abhängigkeit die viel stärkere Komponente der Sucht, die mit psychotherapeutischen Maßnahmen über lange Zeiträume begleitet bzw. behandelt werden muss.
Langzeittherapie zeigt beste Chancen, nicht rückfällig zu werden
Der Kampf gegen die Sucht ist also kein einfacher und für die meisten Betroffenen eine lebenslange Aufgabe. Gerade bei Alkohol liege je nach Behandlungsmethode die Zahl derer, die es in eine Abstinenz schaffen zwischen fünf und 60 Prozent, führt Cabanis aus. „Bei einer Langzeittherapie ist die Chance, abstinent zu bleiben, am höchsten“, so der Mediziner.
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