Vorlage eines gefälschten Impfpasses in der Apotheke ist keine Straftat
Derzeit ist in den Medien nahezu täglich von Geschäften mit gefälschten COVID-19-Impfzertifikaten zu lesen. Zudem sind Apotheken immer wieder mit zweifelhaften Impfbüchern konfrontiert. Wer jetzt noch nicht geimpft ist, hat vermutlich auch nicht mehr vor, sich den Piks setzen zu lassen und sucht nach anderen Möglichkeiten, wieder mehr Freiheiten zu erlangen. Während denjenigen, die wissentlich falsche Zertifikate ausstellen, Strafen drohen, könnten jene, die mit einem gefälschten gelben Impfbuch ein echtes digitales Zertifikat erhalten wollen, straffrei davon kommen. Das Landgericht Osnabrück sieht hier eine Strafbarkeitslücke.
Als der Gesetzgeber im Infektionsschutzgesetz die Regelungen zu den digitalen COVID-19-Zertifikaten schuf, flankierte er diese auch gleich mit neuen Strafvorschriften (§ 74 Abs. 2 und § 75a IfSG). Bewusst sollten die bereits bestehenden Strafvorschriften zur Fälschung von Gesundheitszeugnissen und Ausstellung und Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§§ 277 bis 279 Strafgesetzbuch – StGB) ergänzt werden. Und so droht seit Juni 2021 all jenen, die zur Täuschung im Rechtsverkehr wissentlich die Durchführung einer COVID-19-Schutzimpfung (oder Testung) nicht richtig bescheinigen, eine Geld- oder Freiheitsstrafe. Bestraft wird auch, wer eine solche unrichtige Bescheinigung (ausgestellt von einer berechtigten Person) zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
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Aber wie sieht es aus mit den Personen, die ihr gelbes Impfbuch selbst „nachgebessert“ haben (oder haben lassen), sodass es aussieht, als hätten sie eine COVID-19-Impfung erhalten, und damit in der Apotheke die Ausstellung eines digitalen Impfzertifikats wünschen? Damit hatten sich jetzt das Amts- und das Landgericht in Osnabrück zu beschäftigten.
Gericht sieht Strafbarkeitslücke
Am 11. Oktober hatte die Polizei zunächst beim Amtsgericht Osnabrück die gerichtliche Bestätigung einer Beschlagnahme eines mutmaßlich gefälschten Impfausweises ersucht, den ein Beschuldigter in einer Apotheke in Nordhorn vorgelegt hatte. Das Amtsgericht lehnte diese Bestätigung jedoch ab, da das dem Beschuldigten vorgeworfene Verhalten nicht strafbar sei. Die Staatsanwaltschaft legte daraufhin Beschwerde beim Landgericht Osnabrück ein. Doch die dortige 3. große Strafkammer bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Sie ist wie ihre Kollegen vom Amtsgericht der Überzeugung, dass das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke, um ein digitales Impfzertifikat zu erlangen, nach derzeitiger Rechtslage kein strafbares Handeln ist. Es sei vielmehr von einer Strafbarkeitslücke auszugehen, heißt es in einer Pressemitteilung des Landgerichts.
In der Mitteilung führt das Landgericht aus, dass ein Impfpass zwar ein Gesundheitszeugnis im Sinne § 277 und § 279 StGB sei. Und der Gebrauch eines solchen kann durchaus strafbar sein:
§ 279 StGB
Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse
Wer, um eine Behörde oder eine Versicherungsgesellschaft über seinen oder eines anderen Gesundheitszustand zu täuschen, von einem Zeugnis der in den §§ 277 und 278 bezeichneten Art Gebrauch macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Aber: Die Apotheke ist nun einmal keine Behörde und auch keine Versicherungsgesellschaft. Selbst wenn man die Regelung des § 22 Abs. 5 Nr. 1 IfSG berücksichtige, die Apotheker zum nachträglichen Ausstellen der digitalen Impfzertifkate berechtigt, sei die Apotheke keine Behörde. Sie sei vielmehr ein privates Unternehmen, das nicht in das Gefüge der staatlichen Verwaltung eingeordnet sei.
Auch die allgemeinen Regelungen zur Urkundenfälschung (§ 267 StGB) finden laut Gericht keine Anwendung. Wegen der genannten spezielleren Regelungen zu Gesundheitszeugnissen mit ihrer geringeren Strafandrohung sei ein Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen versperrt.
Und auch die neuen Strafregelungen im Infektionsschutzgesetz (§ 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG) griffen nicht, weil die Straftatbestände auf Personen zugeschnitten sind, die zur Durchführung von Schutzimpfungen berechtigt sind. Das Gebrauchen eines gefälschten Gesundheitszeugnisses sei daher im privaten Bereich nach der zurzeit bestehenden Rechtslage straffrei, so das Gericht.
Die Strafkammer weist aber auch deutlich darauf hin, dass eine Sicherstellung eines gefälschten Impfausweises dennoch möglich sei. Das Gebrauchen eines unechten oder gefälschten Impfausweises stelle – unabhängig von der Frage, ob ein solches Verhalten strafbar sei – aufgrund der bestehenden Ansteckungsgefahr eine gegenwärtige Gefahr für die Allgemeinheit dar. Der Impfausweis dürfte daher auf Grundlage des polizeilichen Gefahrenabwehrrechts sicherzustellen sein.
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