Mein liebes Tagebuch

Lektion eins dieser Woche: Die Spahnsche Gleichpreisigkeit wird schon jetzt ausgehöhlt, zwei BGH-Urteile geben einen Vorgeschmack, wie schnell sie ad absurdum geführt werden könnte. Bleiben wir beim Absurden – Lektion zwei: einige Beispiele zum Nachlesen für den CDU-Politiker Hennrich, was im Apothekenmarkt echt absurd ist (die Großhandelslieferungen sind nicht dabei). Und Lektion drei: Apothekers, vergesst die FDP. Endgültig. Es ist die Partei der Ketten-Apos, der Automaten-Apos und der Apo-Busse, aber nicht mehr der Vor-Ort-Apotheke. Der ABDA-Präsident hat’s richtig gemacht, aus dieser Partei ist er ausgetreten.  

17. Februar 2020

Da hat er eine Debatte losgetreten, Michael Hennrich, CDU-Gesundheitspolitiker, Obmann der Unionsfraktion im Gesundheitsausschuss und innerhalb der AG Gesundheit zuständig für alle Arzneimittelthemen. Das Logistiksystem des Pharma-Großhandels sei schlicht „absurd“, meint Hennrich und verweist auf die Kosten für eine mehrmalige Belieferung von Apotheken am Tag. Hhmm, mein liebes Tagebuch, wir haben Meinungsfreiheit. Und so haben wir auch die Freiheit, auf Meinungen zu antworten, sie zu hinterfragen, dagegen zu halten. Michael Kuck, Chef des Großhandels Noweda, hält dagegen. In einem offenen Brief an Hennrich zählt er aktuelle gesundheitspolitische Themen auf, die seiner Ansicht nach wirklich absurd sind, z. B. die Abhängigkeit unserer Antibiotika-Versorgung von chinesischen Firmen in Zeiten des Corona-Virus, z. B. dass die Politik zuschaut, wenn alle 32 Stunden eine Apotheke in Deutschland für immer schließt, z. B. dass ausländische EU-Versender praktisch von keiner Behörde kontrolliert werden, z. B. dass 21 EU-Staaten ihren Arzneimittelmarkt mit einem Rx-Versandverbot schützen und Deutschland keine Möglichkeit sieht, dies zu tun, z. B. dass Hersteller und Großhandel Daten für die Lieferengpässe liefern sollen und die Politik die jahrelangen Sparmaßnahmen der GKV nicht als die tatsächliche Ursache der Engpässe anerkennt. Mein liebes Tagebuch, das ist die Aufzählung der Absurditäten schlechthin. Und jetzt fragen wir mal Herrn Hennrich, welche Meinung er dazu hat. Ach ja, Herr Hennrich, was die absurden täglichen Großhandelslieferungen betrifft: Ist es nicht das Absurdeste überhaupt, dass es in Deutschland Gesundheitspolitiker gibt, die sich für den Arznei-Versandhandel stark machen? Die sich für EU-Versandhäuser einsetzen, die unmittelbar an der deutschen Grenze sitzen und täglich Tausende von Päckchen mit Lieferwagen nach Deutschland karren, obwohl wir hier noch eine gute flächendeckende Versorgung durch Vor-Ort-Apotheken haben? Lieber Herr Hennrich, man kann wirklich über alles reden, auch über unsere täglichen Großhandelslieferungen. Sicher, jeder Lieferwagen, der nicht fahren muss, ist ein Beitrag zum Klimaschutz. Aber wir sollten die Kirche im Dorf lassen: Jedes Päckchen, das nicht von  Holland aus nach Deutschland geschickt wird, schont das Klima – unsere Gesellschaft könnte auf  Tausende solcher Päckchen verzichten!

 

Welche Rabatte und Skonti dürfen Großhändler und Pharmaunternehmen den Apotheken gewähren? Nein, mein liebes Tagebuch, wenn du gedacht hast, dass zu dieser Frage endlich Ruhe an der Front ist, hast du dich geirrt. Das Urteil des Bundesgerichtshofs im Fall des Großhändlers AEP sorgte nicht wirklich für Klarheit, vor allem nicht bei „echten“ Skonti, also wenn sie für eine Gegenleistung der Apotheke gewährt werden wie z. B. einer vorfristigen Zahlung. Das Oberlandesgericht Celle hatte eben einen neuen Fall dazu auf dem Tisch – und die Entscheidung bringt wieder keine abschließende Klärung. Letztlich ging es auch um die Bedeutung des ApU, den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, den der Unternehmer auch sicherzustellen habe. Das OLG machte u.a. deutlich: Preisnachlässe, die als „Skonti“ bezeichnet werden, aber auch bei einer nur fristgerechten Zahlung gewährt werden, stellen eine unzulässige Umgehung des Rabattverbots dar. Offen bleibt, ob „echte“ Skonti nun zulässig sind oder nicht. Mein liebes Tagebuch, da können wir davon ausgehen, dass wir dieses Thema weiterhin an der Backe haben. Im Übrigen könnte dieses Urteil des OLG doch noch vor dem Bundesgerichtshof landen. Unglaublich, wie schwer es ist, diese Frage zu klären.

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