Lauterbach erklärt "echten" Corona-Rückgang – aber warnt vor Gefahr durch Weihnachten

Auf den ersten Blick sind das gute Nachrichten: Die vierte Corona-Welle scheint etwas abzuflachen. In den letzten zwei Wochen meldete das Robert Koch-Institut (RKI) einen deutlichen Rückgang der Fallzahlen. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank von mehr als 450 Ende November auf 375 und auch die Zahl erwachsener Corona-Patienten auf Intensivstation hat sich in den vergangenen Tagen bei knapp 5000 stabilisiert.

Für den neuen Gesundheitsminister Karl Lauterbach ist das ein Schritt in die richtige Richtung. "Die Lage stabilisiert sich langsam, und der Rückgang der Fallzahlen ist echt", schrieb er bei Twitter und sprach gleichzeitig eine Warnung aus. Nun dürfe der Trend nicht durch Weihnachten gefährdet werden. Da die Fallzahlen weiterhin viel zu hoch seien, müsse die Booster-Kampagne verstärkt werden, so Lauterbach. Damit ist er nicht allein.

Aktuelles zur Corona-Pandemie


Erste Daten zeigen: Impfstoffe schützen deutlich weniger gegen Omikron-Variante. Doch Boostern hilft

Sinkende Zahlen durch Impf-Fortschritt und 2G

Auch der Epidemiologe Gérard Krause vom Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig geht von einer tatsächlichen Entspannung der Lage aus. "Das liegt hauptsächlich an Fortschritten beim Impfen und an 2G", sagt er. 2G-Regeln seien einerseits ein Anreiz für Ungeimpfte, sich immunisieren zu lassen. Andererseits kämen durch diese Regel nicht-immunisierte Menschen seltener mit dem Virus in Kontakt. Mittlerweile sind in Deutschland Ungeimpfte aufgrund von 2G-Regeln von vielen Bereichen ausgeschlossen. Zudem wurden zum Teil Weihnachtsmärkte verboten, Kneipen und Clubs geschlossen. Im schwer getroffenen Sachsen gelten rigide Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte.

Sein Kollege Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen spricht ebenfalls von einer "erfreulichen Entwicklung, auch wenn Unsicherheiten bestehen". Es sei in der Vergangenheit öfter zu sehen gewesen, dass schon vorab Menschen ihr Verhalten wieder vorsichtiger gestaltet haben. "Das könnte nun auch zu dieser Entwicklung noch vor Weihnachten beitragen."

Amtsärzte-Verbandschefin Ute Teichert drückt es vorsichtiger aus: Es sei nach wie vor schwierig zu beurteilen, ob es einen echten Rückgang bei den Neuinfektionen gebe oder ob die Werte weiterhin stark von einer Untererfassung der nachgewiesenen Infektionen geprägt seien. "Vermutlich ist beides der Fall."




Verbreitung von Corona-Variante


Wo Omikron schon überall aufgetaucht ist

Experten warnen vor neuem Anstieg durch Omikron

Die erfreuliche Entwicklung könnte ohnehin von kurzer Dauer sein. Die neue Corona-Variante Omikron habe bislang noch nicht nennenswert in Deutschland Fuß gefasst, sagt HZI-Forscher Krause. Er geht aber mit Blick auf andere Länder davon aus, dass sich das bald ändert. "Ich befürchte, dass Omikron in spätestens zwei bis drei Wochen wieder zu einem Anstieg bei den Infektionszahlen führt, vermutlich auch bei den Klinikeinweisungen."

Experte Zeeb schlägt in eine ähnliche Kerbe: "Es bleibt abzuwarten, wie sich Omikron auswirkt." Noch seien die absoluten bekannten Fallzahlen sehr klein. "Das kann sich aber schnell ändern." Omikron hat den bisher vorliegenden Daten nach eine deutlich höhere Übertragungsrate als die zuvor dominierende Delta-Variante – wahrscheinlich, weil sie stärker auch Genesene und Geimpfte infiziert. Zur Schwere der Erkrankungen durch Omikron gibt es laut RKI noch keine gesicherten Erkenntnisse.

Um Deutschland gegen Omikron zu wappnen, sollten sich so viele Menschen wie möglich impfen und boostern lassen, sagt Krause. "Eine hohe Immunität senkt einerseits das Risiko, sich anzustecken und schwer zu erkranken, andererseits aber auch die Wahrscheinlichkeit, das Virus weiterzugeben." Zudem plädiert Krause dafür, die aktuell geltenden Maßnahmen umfassender umzusetzen, statt diese in zu kurzfristigen Intervallen anzupassen oder zu hinterfragen. "Das ist wichtig für die Akzeptanz."

Virus-Lage in Deutschland


Corona-Ausbruch bei Tanzfestival in Münster – Omikron-Ausbreitung weltweit "sehr, sehr schnell"

Die sich aktuell abzeichnende Entspannung sollte nicht zur voreiligen Aufhebung von Maßnahmen verleiten. "Es sollten jetzt rigoros und lückenlos die 2G-Regeln längerfristig durchgesetzt werden, bis dass wir erkennen können, welche Anpassungen durch Omikron nötig werden", sagt Krause. Epidemiologe Zeeb betont, dass die bewährten Maßnahmen – "Boostern, Kontaktreduzierung, Masken etc." – auch gegen Omikron das Richtige seien.

Quelle: Den ganzen Artikel lesen