Forscher entdecken Ursache des Jojo-Effekts im Gehirn

Der berüchtigte Jojo-Effekt geht offenbar auf eine Veränderung der Hirnkommunikation zurück: Die verringerte Nahrungszufuhr während der Diät macht Hunger-Neuronen im Gehirn besonders aktiv – und diese Überregung hält auch nach der Diät noch an. Dadurch entsteht ein ständiger Heißhunger, der den Jojo-Effekt auslöst und zur erneuten Gewichtszunahme führt, wie Versuche mit Mäusen belegen. Diese Erkenntnis könnte nun dabei helfen, Wirkstoffe gegen dieses übersteigerte Hungergefühl zu entwickeln.

Für Übergewichtige ist das Abnehmen oft besonders schwer, nur selten schaffen sie es, dauerhaft an Gewicht zu verlieren. Einer der Gründe dafür ist der Jojo-Effekt: Beginnt man nach einer Diät wieder normal zu essen, kehren die überschüssigen Pfunde oft schnell wieder zurück. Aber warum? Einer der Gründe dafür könnte in der veränderten Darmflora liegen – sie ist noch immer auf „dick“ gepolt und beeinflusst dadurch auch das Essverhalten und den Stoffwechsel.

Spurensuche im Gehirn

Doch was beim Jojo-Effekt im Gehirn passiert und warum die Esslust nach einer Diät oft noch größer ist als davor, ist erst in Teilen geklärt. „Schaltkreise im Hypothalamus kontrollieren unseren Hunger und beeinflussen damit unser Körpergewicht“, erklären Katarzyna Grzelka vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln und ihre Kollegen. „Aber wie der Gewichtsverlust bei einer Diät diese Schaltkreise dazu bringt, die Esslust anzuregen, bis das verlorene Gewicht wieder drauf ist, war unklar.“

Um mehr über die Auswirkungen der Diät auf die Hunger-Schaltkreise im Gehirn herauszufinden, haben die Forschenden dies nun bei Mäusen näher untersucht. „Es wurde bisher eher auf die kurzfristigen Effekte nach einer Diät geschaut. Wir wollten aber sehen, ob sich im Gehirn langfristig etwas verändert“, erklärt Grzelkas Kollege Henning Fenselau. Dafür setzten sie die Mäuse zunächst längere Zeit auf Diät und ließen sie dann wieder uneingeschränkt fressen. Durch optogenetische Markierung bestimmter Nervenverbindungen konnten sie dabei mitverfolgen, wie sich die Erregungsleitung zu den Hungerneuronen im Hypothalamus während und nach der Diät verändert.

Anhaltende Übererregung von Hunger-Neuronen

Es zeigte sich: Wenn die Mäuse weniger fressen als normal, feuern bestimmte Neuronen in ihrem Gehirn stärker. Dies wiederum führt zu einer verstärkten Erregung und Erregbarkeit der AgRP-Neuronen im Hypothalamus – der für das Hungergefühl verantwortlichen Gruppe von Gehirnzellen. Das Entscheidende jedoch: Diese Übererregung der Hunger-Neuronen und ihrer Synapsen hielt auch nach Ende einer Fastenperiode oder Diät weiter an. „Die Mäuse fraßen dadurch wieder mehr und nahmen zu“, berichten Grzelka und ihr Team.

Im ergänzenden Test lösten die Forschenden diese Übererregung der Hunger-Neuronen bei den Tieren künstlich aus – unabhängig von einer Diät. Auch dies führte dazu, dass die Mäuse mehr fraßen und an Gewicht zulegten. Dies spricht dafür, dass der Jojo-Effekt tatsächlich auf die veränderte Kommunikation im Gehirn zurückgeht und nicht auf andere Auslöser wie Hormone oder andere Einflüsse, wie das Team erklärt.

Umprogrammiertes Hungergefühl

Nach Ansicht von Grzelka und ihren Kollegen sprechen diese Ergebnisse dafür, dass eine Diät länger anhaltende Veränderungen im Gehirn verursacht. Die Nervenleitungen, die die Hunger-Neuronen anregen, werden demnach durch die verringerte Nahrungszufuhr gewissermaßen umprogrammiert und stärker erregbar. Diese Veränderung sorgt dafür, dass der Hungerschaltkreis aktiver wird und auch nach Ende der Diät für mehr Appetit und Hunger verursacht.

Rein biologisch gesehen ist dies durchaus sinnvoll: Wenn unsere Vorfahren eine Periode des Hungerns durchstehen mussten, war es für sie überlebenswichtig, den Gewichtsverlust hinterher wieder auszugleichen. Nur so waren sie gegen künftige magere Zeiten gewappnet. In unserer heutigen Überflussgesellschaft wirkt sich dieser Effekt leider negativ aus, denn er bewirkt den Jojo-Effekt und torpediert nur allzu oft die Abnehmbemühungen übergewichtiger Menschen.

Neue Ansätze gegen den Jojo-Effekt

Die gute Nachricht jedoch: Die neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, den Jojo-Effekt gezielter zu bekämpfen und beispielsweise durch Medikamente zu dämpfen. „Diese Arbeit verbessert das Verständnis dafür, wie neuronale Schaltpläne das Hungergefühl kontrollieren“, sagt Koautor Bradford Lowell von der Harvard Medical School. In ihrer Studie gelang es den Forschenden bereits, die Nervenbahnen, die die AgRP-Neuronen aktivieren, bei ihren Mäusen gezielt zu hemmen. Dies führte dazu, dass die Tiere nach der Diät deutlich weniger Gewicht zulegten.

„Dies könnte uns die Möglichkeit bieten, den Jo-Jo-Effekt zu verhindern“, sagt Fenselau. „Langfristig ist es unser Ziel, Therapien für den Menschen zu finden, welche helfen könnten das Körpergewicht nach einer Diät zu halten. Um dies zu erreichen, erforschen wir weiterhin, wie wir die Mechanismen blockieren können, die die Verstärkung der neuronalen Bahnen auch beim Menschen vermitteln.“ (Cell Metabolism, 2023; doi: 10.1016/j.cmet.2023.03.002)

Quelle: Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung

Dieser Artikel wurde verfasst von Nadja Podbregar

Das Original zu diesem Beitrag „Forscher entdecken Ursache des Jojo-Effekts im Gehirn“ stammt von scinexx.

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