Das soziale Geschlecht in der Pharmazie macht den Unterschied
Männlich, weiblich, divers: Diese Unterscheidung ist zwar in Stellenausschreibungen üblich, spielt aber nur selten bei der Wahl der Dosierung von Arzneimitteln eine Rolle. Warum wir diesen Unterschied in der Medizin beachten sollten, erklärt die Professorin für Geschlechtersensible Präventionsforschung Gertraud Stadler im DAZ-Podcast.
Weil Estrogen eher das Immunsystem verstärkt, während es Testosteron eher unterdrückt, haben Frauen ein stärkeres Immunsystem. Damit einher geht ein höheres Risiko für Autoimmunerkrankungen. Auch die Wahrnehmung von Schmerz und Nebenwirkungen bei Arzneimitteln, etwa solchen, die das Immunsystem beeinflussen, kann sich zwischen Frauen und Männern stark unterscheiden.
Einen noch größeren Einfluss auf die Gesundheit als das biologische Geschlecht hat Studien zufolge das soziale Geschlecht, erklärt Professor Gertraud Stadler in der aktuellen Folge des DAZ-Podcasts „Einfach erklärt – Auf die Ohren“. Die Gesundheitspsychologin vertritt die Professur für geschlechtersensible Präventionsforschung an der Charité Universitätsmedizin Berlin und ist Direktorin des Instituts für Geschlechterforschung in der Medizin.
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Dieses Wissen nutzt sie, um mit ihren Kolleginnen und Kollegen Prävention zu optimieren, indem sie Frauen und Männer unterschiedlich ansprechen – etwa bei der Herzgesundheit oder der Aufklärung um die Schäden des Tabakkonsums.
Obwohl die biologischen und sozialen Unterschiede zwischen Frauen und Männern belegt sind, werden bei der Pharmakovigilanz Nebenwirkungen heute nicht geschlechterspezifisch erfasst. Zugelassenen Dosierungen liegen in der Regel größtenteils Daten von Männern zugrunde. Selbst neue Wirkstoffe werden in der Regel zunächst mit männlichen Versuchstieren untersucht, und in frühen Phasen klinischer Studien nur mit jungen und gesunden Männern getestet.
„Je näher wir an die Anwendung kommen, desto mehr sollten die Studien die Bevölkerung repräsentieren, die von den Wirkstoffen profitieren soll“, sagt Stadler im Podcast. „Hier haben wir einen großen Bedarf, uns zu verbessern.“
Die Präventionsforscherin erklärt im Gespräch, warum eine geschlechterspezifische Ansprache auch in der Apothekenberatung sinnvoll sein kann und welche Beispiele sich dafür eignen.
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