Herzschwäche: Neuer Wirkstoff gegen diastolische Herzinsuffizienz – Heilpraxis

Diastolische Herzschwäche: Wirkstoff für künftige Behandlung

Die Herzinsuffizienz (Herzschwäche) wächst sich zu einer Volkskrankheit aus. Fachleuten zufolge handelt es sich bei der Hälfte der Erkrankten um die bis vor wenigen Jahren kaum erkannte diastolische Herzinsuffizienz. Gegen diese gibt es bislang keine medikamentöse Therapie. Doch Forschende berichten nun über einen Wirkstoff, mit dem eine Behandlung möglich werden könnte.

Rund zwei Millionen Menschen in Deutschland leiden an Herzschwäche, die in Fachkreisen als Herzinsuffizienz bezeichnet wird. Die Erkrankung lässt sich in verschiedene Formen einteilen, eine davon ist die sogenannte diastolische Herzinsuffizienz. „Die Therapie der diastolischen Herzschwäche ist wenig erforscht. Mit den klassischen Medikamenten gegen Herzschwäche lassen sich Beschwerden kaum mindern“, erklärt die Deutsche Herzstiftung auf ihrer Webseite. Doch nun wird über einen neuen Wirkstoff für eine zukünftige Therapie berichtet.

Vielversprechender Wirkstoff Nikotinamid

Heart Failure with preserved Ejection Fraction – kurz HFpEF – hinter diesem etwas sperrigem Begriff verbirgt sich eine häufige altersassoziierte Erkrankung des Herzens, die sowohl für betroffene Patientinnen und Patienten als auch das Gesundheitssystem eine große Herausforderung darstellt, schreibt die Medizinische Universität (Med Uni) Graz in einer aktuellen Mitteilung.

Für diese Form der Herzmuskelschwäche sind Lebensstil-Erkrankungen verantwortlich und bis dato gibt es keine evidenzbasierte Therapieoption. Ein internationales Konsortium unter der Führung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Med Uni Graz konnte jetzt erstmals zeigen, wie Nikotinamid vielversprechend in der Therapie eingesetzt werden könnte.

Die Forschungsergebnisse wurden vor kurzem in dem renommierten Fachjournal „Science Translational Medicine“ veröffentlicht.

Erstmals Therapieansätze aufgezeigt

Den Angaben zufolge hat jede fünfte Person im Alter von über 65 Jahren ein erhöhtes Risiko eine diastolische Herzinsuffizienz (HFpEF) zu entwickeln, die im Wesentlichen auf Lebensstil-Erkrankungen wie Adipositas (Fettleibigkeit) oder Diabetes mellitus Typ 2 zurückzuführen ist.

Bis dato ist keine Behandlung verfügbar, welche die diastolische Herzinsuffizienz überzeugend bekämpft und verhindert. Das MINOTAUR-Konsortium unter der Koordination von Simon Sedej, Med Uni Graz, forscht unter Beteiligung von 43 nationalen und internationalen Kolleginnen und Kollegen an den molekularen Ursachen dieser Erkrankung.

Nun haben die Forschenden in einer großen Studie erstmals Therapieansätze aufgezeigt.

Herzmuskel arbeitet nicht mehr richtig

Anzeichen für HFpEF sind unter anderem Kurzatmigkeit sowie Leistungseinbruch, die unter körperlicher Belastung auftreten. „Der Grund für diese Symptome liegt darin, dass der Herzmuskel aufgrund einer Versteifung nicht mehr richtig arbeitet“, erläutert Simon Sedej.

Die Krankheit ist durch eine normale systolische Funktion mit verdicktem und steifem Herzmuskel und damit verbundene Relaxationsstörung gekennzeichnet. In weiterer Folge entwickelt sich laut den Fachleuten eine Erhöhung des Füllungsdrucks in der Herzkammer, welche letztendlich zu einem verringertem Schlagvolumen führt.

Anders als bei der Herzinsuffizienz gibt es für Patientinnen und Patienten mit HFpEF keine evidenzbasierten Therapieoptionen, um die Morbidität und Mortalität zu senken.

Häufige Ursachen der HFpEF

Epidemiologische und experimentelle Studien belegen, dass verschiedene Grunderkrankungen, vor allem Fettleibigkeit und metabolisches Syndrom, zu den häufigsten Ursachen der HFpEF gehören.

„Die aus der jeweiligen Grunderkrankung resultierenden pathophysiologischen Mechanismen, die zu HFpEF führen und noch unzureichend erforscht sind, können potenziell durch eine Stoffwechsel-Therapie, die auf das Herz und periphere Organe wirkt, behandelt werden“, sagt Simon Sedej.

In diesem Zusammenhang spielt Nikotinamidadenindinukleotid (NAD+) als Hauptregulator und Substrat in verschiedensten zellulären Reaktionen, wie zum Beispiel im Citratzyklus und beim Abbau von Kohlenhydraten, eine zentrale Rolle. Wie in der Mitteilung erklärt wird, ist NAD+ ein Coenzym und an zahlreichen Reaktionen des Zellstoffwechsels beteiligt.

In der jetzt veröffentlichten Arbeit konnte Studienerstautor Mahmoud Abdellatif von der Klinischen Abteilung für Kardiologie, Med Uni Graz, zusammen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstmals zeigen, dass NAD+ im Herzmuskel von HFpEF Patientinnen und Patienten signifikant reduziert ist.

Senkung der Sterblichkeitsrate

„Durch die orale Verabreichung des natürlichen NAD+ Vorläufers „Nikotinamid“ ist es uns im Labormodell gelungen, die Synthese von NAD+ zu erhöhen und so Krankheitssymptome in verschiedenen Labormodellen mit Risikofaktoren für HFpEF, wie beispielsweise Alterung, Bluthochdruck und Übergewicht, signifikant zu verbessern“, so Simon Sedej.

Das Nikotinamid stimulierte den oxidativen Abbau von Fettsäuren und reduzierte das Übergewicht. „Ebenso war das Nikotinamid in der Lage, das Energiegleichgewicht im Herzmuskel wiederherzustellen und die Steifigkeit der Herzmuskelzellen zu reduzieren“, erläutert Simon Sedej.

Ebenso konnten die Forschenden beobachten, dass eine Erhöhung von NAD+ mit einer Reduktion des Bluthochdrucks und einer Senkung der Sterblichkeitsrate einherging.

Simon Sedej zufolge liefern die nun veröffentlichten Studienergebnisse klinisch relevante Ergebnisse, die darauf hinweisen, dass eine Erhöhung der NAD+ Bioverfügbarkeit durch die erhöhte Aufnahme von Nikotinamid oder anderen NAD+ Vorläufern eine erste evidenzbasierte Therapie im Kampf gegen HFpEF darstellen könnte. (ad)

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