Wie Apotheker im Krankenhaus helfen



Sie überprüfen Verschreibungen, achten auf Wechselwirkungen und entlasten Ärzte bei der Umsetzung der Arzneimitteltherapie: Stationsapotheker werden für Krankenhäuser zunehmend wichtiger

Sind die Medikamente für den Patienten geeignet? Apotheker im Krankenhaus können den Ärzten bei der Wahl der Therapie helfen

Die Chirurgen am Universitätsklinikum Leipzig haben neue Kollegen: Seit einigen Monaten gehen drei Stationsapotheker mit auf Visite und prüfen die Medikation der Patienten. Etwa bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion oder bei starkem Übergewicht passen sie die Dosierung individuell an. Auch auf der Intensivstation sind die Pharmazeuten mit Stationsärzten, Mikrobiologen und Infektiologen unterwegs.

"Unser Ziel ist es hier, den Einsatz von Antibiotika zu optimieren und auf diese Weise Resistenzen zu vermeiden", erläutert Dr. Yvonne Remane, die Leiterin der neuen Klinikapotheke in Leipzig. Bei fast jedem zweiten Patienten können die Stationsapotheker der Uniklinik eigenen Angaben zufolge die Arzneimitteltherapie verbessern. Bei der Aufnahme erfassen und überprüfen sie sämtliche Medikamente, die der Patient einnimmt. Während des Klinik­aufenthalts dokumentieren sie notwendige Umstellungen und bereiten für das ärztliche Entlassungsgespräch einen Medikationsplan vor.

Apotheker unterstützen Ärzte bei der Therapieauswahl

Die Apotheker beraten Patienten, die mehrere Arzneimittel gleichzeitig nehmen müssen, bei Bedarf auch am Krankenbett. "Diese Patienten haben ein besonders hohes Risiko für Wechselwirkungen", sagt Remane. Problematisch seien vor allem Gerinnungshemmer, Antiinfektiva und Medikamente für die Schmerztherapie. "Ärzte und Pflegepersonal fühlen sich durch uns entlastet", sagt Remane. Künftig sollen in Leipzig weitere Sta­tionen vom pharmazeutischen Fachwissen profitieren. Nach der erfolgreichen Einführung in der Chirurgie wird das Projekt auf die HNO- und Hautklinik ausgeweitet.

Auch an anderen Krankenhäusern kommen zunehmend Stationsapotheker zum Einsatz. Am Uniklinikum Dresden etwa betreuen 19 von ihnen mehr als die Hälfte der 1300 Betten. "Vor allem die Chirurgen sind sehr dankbar, wenn wir sie bei der Umsetzung der Arzneimitteltherapie entlasten", sagt der leitende Stationsapotheker Andreas Fischer. Aber auch auf den internistischen, neurologischen und intensivmedizinischen Abteilungen gibt es viel zu tun.

Zudem wollen die Klinikapotheker die Kommunikation mit ihren Kollegen in öffentlichen Apotheken verbessern. An den Schnittstellen zwischen stationärer und ambulanter Versorgung holpert es häufig. "Wir beschneiden die Ärzte dabei nicht in ihrer Therapiehoheit", betont Fischer. "Als Apotheker haben wir den ­Gesamtüberblick über die Arzneimitteltherapie und können Ärzte in der Therapieauswahl unterstützen."

Gesetzliche Einführung von Stationsapothekern?

Um Arzneien sicher zum Patienten zu bringen, werden sie in der Dresdener Krankenhausapotheke maschinell in kleine Tütchen verpackt, die mit Namen, Station und Einnahmehinweisen versehen sind. "Das stellt sicher, dass der Patient die richtige Tablette in der richtigen Dosierung zum richtigen Zeitpunkt erhält", sagt Fischer. Vorsätzliche Falschdosierungen lassen sich selbst auf diese Weise nicht ganz ausschließen – wie sie etwa bei der Pflegemordserie in Niedersachsen passiert sind. Das Bundesland hat trotzdem aus den schrecklichen Ereignissen Konsequenzen gezogen: Dort sollen Kliniken bald gesetzlich verpflichtet werden, Stationsapotheker einzusetzen.

Auch der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) fordert die verpflichtende Einführung von Stationsapothekern. "Indem sie die ärztlichen Verordnungen überprüfen und die Arzneimittel für jeden Patienten individuell vorbereiten, verbessern sie die Therapiesicherheit ganz erheblich", sagt der ADKA-Vizepräsident Rudolf Bernard. Ziel des Verbands: bis zum Jahr 2021 mindestens 1500 Stationsapotheker. Aktuell sind es nur etwa 300. Doch Bernard ist zuversichtlich: "Gerade bei jungen Kollegen sind die anspruchsvollen Aufgaben im Krankenhaus sehr beliebt."

Verbesserte Medikation durch Apotheker senkt Kosten

Allerdings erschwert das aktuelle Vergütungssystem die Finanzierung zusätzlicher Stellen. "Wir hoffen, dass für pharmazeutische Leistungen künftig entsprechende Zuschläge eingeführt werden", sagt Bernard. Zumal eine optimierte Medikation auch Kosten senke. "Die Einsparungen beschränken sich nicht auf die reinen Arzneikosten. Die Therapie wird verbessert, und Folgeerkrankungen können vermieden werden", so Apotheker Fischer. "Deshalb müssen wir Klinikverwaltungen, Krankenkassen und den Gemeinsamen Bundesausschuss für die verbesserte Arzneimitteltherapiesicherheit durch Stationsapotheker sensibilisieren." 

Auch verbesserte Fortbildungsmöglichkeiten sowie einheitliche Qualitätsstandards will man durchsetzen. Zusätzlich zum Studium bilden sich Stationsapotheker zum Fachapotheker für Klinische Pharmazie fort. "Zudem will die Bundesapothekerkammer eine Bereichsweiterbildung für Apotheker auf Station einführen, die ja mit den Ärzten auf Augenhöhe kommunizieren müssen", so Bernard. Letztlich profitiere der Patient, wenn Ärzte und Apotheker künftig in und außerhalb der Klinik intensiver zusammenarbeiten.

Lesen Sie auch:

10 Tipps zur Vorbereitung aufs Krankenhaus

Vom Auswählen der Klinik bis zur Entlassung: Wie Sie sich für einen Klinikaufenthalt rüsten und welche Fragen Sie vorab stellen sollten

Quelle: Den ganzen Artikel lesen