Alzheimer-Forschung: Neuer Bluttest zeigt Erkrankung 16 Jahre vor Ausbruch

Trotz intensiver Forschung gibt es noch immer kein Heilmittel für Alzheimer. Neue Medikamente können die fortschreitende Zerstörung von Hirnzellen zwar bremsen. Meist aber wird die Demenz erst erkannt, wenn die Patienten schon deutliche mentale Ausfälle zeigen und der Hirnschwund weit fortgeschritten ist. Diese Schäden sind dann irreversibel.

"Dass es noch keine wirksame Therapie gegen Alzheimer gibt, hängt vermutlich damit zusammen, dass die bisherigen Therapien viel zu spät einsetzen", sagt Mathias Jucker von der Universität Tübingen. Um bessere Behandlungserfolge zu erzielen, wäre es daher wichtig, die Erkrankung schon vor dem Auftreten der ersten spürbaren Symptome diagnostizieren zu können.

Überreste toter Nervenzellen

Genau das soll künftig mithilfe spezieller Bluttests möglich sein. Die meisten der bisher entwickelten Methoden beruhen auf dem Nachweis von Beta-Amyloid-Proteinen. Denn bei einer Alzheimer-Erkrankung sammeln sich diese fehlgefalteten Proteine im Gehirn an und sind auch im Blut messbar. Jucker und seine Kollegen haben nun jedoch einen ganz neuen Testansatz entwickelt: "Unser Bluttest misst nicht das Amyloid, sondern das, was es im Gehirn anrichtet: den Tod von Nervenzellen", erklärt Jucker.

Das Prinzip dahinter: Wenn Hirnzellen absterben, lassen sich ihre Überreste im Blut nachweisen. "Normalerweise werden solche Proteine im Blut schnell abgebaut und eignen sich daher nicht sehr gut als Marker für eine neurodegenerative Erkrankung. Eine Ausnahme bildet jedoch ein kleines Stückchen eines sogenannten Neurofilaments, das gegen diesen Abbau erstaunlich resistent ist", berichtet der Forscher.

Frühe Veränderungen

Dieser Eiweißstoff bildet die Grundlage des neuen Alzheimertests. Doch wie gut und vor allem wie früh lässt sich mithilfe der Filament-Konzentration im Blut eine Demenzerkrankung feststellen? Dies untersuchten die Wissenschaftler mit Daten von 405 Probanden, bei denen Alzheimer aufgrund genetischer Veranlagungen oftmals schon im mittleren Alter auftritt. Bei diesen Personen erlauben Genanalysen recht genaue Vorhersagen darüber, ob und wann sie an Demenz erkranken werden.

Die Auswertungen zeigten: Schon lange vor dem Auftreten der ersten Symptome reicherten sich die Filament-Stückchen im Blut der Betroffenen an. Auffällige Veränderungen stellten sich demnach bis zu 16 Jahre vor der errechneten Manifestation der Demenz ein. Wie das Forscherteam erklärt, scheint die Veränderung der Filament-Konzentration den neuronalen Abbau dabei exakt widerzuspiegeln.

Vorteil gegenüber Amyloid-Nachweis

Dieser Zusammenhang erlaube gute Prognosen über den weiteren Krankheitsverlauf: "Wir konnten Vorhersagen über den Verlust von Hirnmasse und über kognitive Beeinträchtigungen machen, die dann zwei Jahre später tatsächlich eingetreten sind", berichtet Jucker.

Im Gegensatz dazu war der Zusammenhang zwischen der Neurodegeneration und den toxischen Amyloid-Proteinen weit weniger ausgeprägt. Diese Beobachtung stützt den Wissenschaftlern zufolge die Annahme, dass diese Proteine zwar ein Auslöser der Erkrankung sind, der neuronale Abbau im weiteren Verlauf jedoch unabhängig von ihnen erfolgt.

Hilfsmittel für die Forschung

Einen Nachteil hat jedoch auch der neue Test: Alzheimer ist nicht die einzige neurodegenerative Erkrankung, bei der es zur Anreicherung von Neurofilamenten im Blut kommt. Damit eignet sich der Test nur bedingt zur Diagnose von Alzheimer. "Der Test zeigt aber sehr genau den Krankheitsverlauf an und ist damit ein ausgezeichnetes Werkzeug, um in klinischen Studien neue Alzheimer-Therapien zu erforschen", schließt Jucker. (Nature Medicine, 2019; doi: 10.1038/s41591-018-0304-3)

Quelle: DZNE/ Hertie-Institut für klinische Hirnforschung/ Universitätsklinikum Tübingen

Dieser Artikel wurde verfasst von Daniela Albat

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