Vor allem in NRW: Deutschland-Karte zeigt, wie rapide Corona sich jetzt ausbreitet

Die vierte Corona-Welle hat begonnen. Das bekräftigt das Robert-Koch-Institut nun erneut. Damit startet die nächste Virus-Welle hierzulande rund fünf Wochen früher als im vergangenen Sommer – auch in den Kliniken.

Gerade ist die Corona-Situation für viele Menschen nicht greifbar. Meist sind Maßnahmen (noch) gelockert. Doch immer mehr Kreise überschreiten bereits die 35er-Inzidenz, andere kratzen an der 50.

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Für das Robert-Koch-Institut (RKI) startet spätestens jetzt die nächste Phase der Pandemie. Es „zeigt sich nun deutlich der Beginn der vierten Welle, die insbesondere durch Infektionen innerhalb der jungen erwachsenen Bevölkerung an Fahrt aufnimmt“, heißt es im wöchentlichen Lagebericht. Angesteckt hat sich ein Teil der Betroffenen auch in Urlaubsländern, zum Beispiel auf dem Balkan, in der Türkei oder in Spanien.

1. Corona-Lage der Inzidenz

Zwar soll die Inzidenz nicht mehr der Hauptindikator für die Corona-Lage bleiben. Aber aktuell schauen nach wie vor viele darauf. Der Blick auf die Deutschlandkarte offenbart dabei: Innerhalb von zwei Wochen verdoppelten sich die Zahlen.

Das Team von Risklayer sammelt gemeinsam mit dem Karlsruhe Institute of Technology's Center for Disaster Risk Management and Risk Reduction Technology (CEDM) umfangreiche Daten zur Corona-Pandemie. Ihre Darstellung veranschaulicht, wie das Grün in vielen Landkreisen inzwischen Gelb- und Orangetönen gewichen ist. Überwiegend in Rot leuchtet besonders Nordrhein-Westfalen.

Die Experten des RKI erklärten: Bereits seit Anfang Juli komme es hierzulande wieder zu einem Anstieg der Inzidenz vor allem in den Altersgruppen der 10- bis 49-Jährigen. In Kitas und Schulen lägen Ausbrüche bis Mitte August jedoch noch auf einem niedrigen Niveau. In einigen Bundesländern sind aber auch noch Ferien. Es sei mit Nachmeldungen zu rechnen. Semohr/github.io Der Physiker Sebastian Mohr (aus dem Team von Physikerin Viola Priesemann) veranschaulicht auf seiner Seite die Inzidenzen nach Altersgruppen.

Ein ähnlicher Anstieg der Infektionen in der jüngeren Bevölkerung sei auch schon im Sommer 2020 zu beobachten gewesen, heißt es im Bericht. Allerdings erst fünf Wochen später, also Ende September oder Anfang Oktober.

Allerdings lassen sich die beiden Sommer schlecht vergleichen. Denn 2020 gab es noch keine Impfung, gleichzeitig war Sars-CoV-2 generell noch sehr viel weniger verbreitet. Das Pandemiegeschehen konzentrierte sich im Frühjahr 2020 vor allem auf Hotspots, bevor es sich als diffuser Flächenbrand ausbreitete. In diesem Sommer nun dominiert bisher die im Vergleich zum Wildtyp ansteckendere Delta-Variante – inzwischen zu 99 Prozent.

2. Corona-Lage der Positivquote

Ein Grund, warum das RKI von der vierten Welle spricht, sind die Positivenanteile. Sprich, wie viele der durchgeführten PCR-Tests ein positives Ergebnis liefern. Der Anteil hat stark zugenommen: Er sei binnen einer Woche bis Mitte August von vier auf sechs Prozent gestiegen, heißt es im jüngsten Wochenbericht des Instituts.

Grundlage sind rund eine halbe Million Tests aus etwa 200 Laboren. Innerhalb der vergangenen zwei Wochen zeigt sich sogar eine Verdopplung der Positivenquote von knapp drei auf sechs Prozent. RKI-Lagebericht 19.08.2021 Anzahl der Sars-CoV-2-Testungen in Deutschland (Stand 10.08.2021, 12 Uhr)

Zu beachten ist dabei, dass die Zahl der Tests nicht mit der Zahl der Getesten gleichzusetzen ist. Denn manche Menschen werden mehrfach getestet. Zudem bedeutet positiv getestet nicht automatisch krank. Je höher allerdings die Positivenquote bei gleichzeitig hoch bleibenden Fallzahlen ist, desto höher wird die Zahl unerkannter Infizierter in der Bevölkerung geschätzt (Dunkelziffer beziehungsweise Untererfassung).

3. Corona-Lage auf den Intensivstationen

Wie stark die Krankenhäuser ausgelastet sind, soll ergänzend zu den Inzidenzen die Pandemiesituation in Deutschland beschreiben. Noch gibt es dazu kein bundesweit einheitliches Konzept. Sinnvoll wäre es. Denn die Hospitalisationen seien ein sehr deutlicher Indikator dafür, wie stark das Gesundheitssystem belastet sei. Das betonte kürzlich der Schweizer Epidemiologe Christian Althaus.

Wie also sieht es in den deutschen Kliniken derzeit aus? Seit Anfang Mai ging die Zahl intensivmedizinisch behandelter Covid-19-Patientinnen und -Patienten deutlich zurück. Dieser Trend setzte sich allerdings in den vergangenen Wochen nicht fort. Die Zahlen steigen wieder leicht an. Wie die Abbildung zeigt, nimmt unter den intensivpflichtig Behandelten die Gruppe der 40- bis 49-Jährigen am meisten zu. RKI-Lagebericht 19.08.2021 Altersverteilung der Covid-19-Patient:innen, die aktuell auf Intensivstationen behandelt werden und deren Altersgruppe im Intensivregister gemeldet wurde (in absoluten Zahlen). Stand: 19.08.2021, 12:15 Uhr

Bemerkenswert ist vor allem: Die meisten Covid-Patienten in Kliniken sind ungeimpft. „Alle Intensivpatienten am UKE haben derzeit keinen kompletten Impfschutz!“, twitterte der Intensivmediziner Stefan Kluge.

Bei den stationär behandelten Menschen mit Durchbruchsinfektionen handele es sich nach seiner Erfahrung etwa um Patienten mit eingeschränkter Immunantwort, etwa als Folge einer medikamentösen Dämpfung des Immunsystems. Wichtig sei, dass jetzt insbesondere den Patienten, die ein gedämpftes Immunsystem hätten, eine dritte Impfung als Booster angeboten werde.

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  • Fazit:

    Das RKI schätzt eine Gefährdung für die Gesundheit der noch nicht oder erst einmal geimpften Bundesbürger insgesamt weiter als hoch ein. Für vollständig Geimpfte stufen die Forscher sie als moderat ein.

    Gerade weil die vierte Wolle rollt, betonte auch der Berliner Virologe Christian Drosten kürzlich: Ungeimpften Erwachsenen stehe ein schwieriger Herbst und Winter bevor.

    Der Deutschen Presse-Agentur sagte der Charité-Forscher: „Allen, vor allem allen ab 45 Jahren, ist dringend zu raten, sich sehr ernsthaft damit auseinanderzusetzen, ob sie sich wirklich nicht impfen lassen wollen.“ Denn allein mit Herdenimmunität sei der Einzelne nicht geschützt, insbesondere wegen der hochansteckenden Delta-Variante. Drosten prognostizierte: „Wer sich nicht impfen lässt, wird sich infizieren, und das vielleicht schon in diesem Winter.“

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