Voll daneben – Apotheken „hamstern“ nicht

Heike Baehrens, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, hat die Apotheker und Pharmagroßhändler aufgefordert, keine „Hamsterkäufe“ zu tätigen. Damit verkennt sie den Sinn des Versorgungsauftrags, meint DAZ-Redakteur Thomas Müller-Bohn.

Lieferengpässe sind zu einem Top-Thema für Politik und Medien geworden. Viele, die sich bisher nicht für Apotheken interessiert oder sie bestenfalls als Selbstverständlichkeit wahrgenommen haben, präsentieren jetzt ihre Ratschläge. Doch wer wenig Einblicke in ein kompliziertes System hat und sich nun plötzlich dazu äußert, kann schnell daneben liegen. Manche liegen sogar voll daneben. Besonders eindrucksvoll war das bei der Idee des Präsidenten der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, den Lieferproblemen mit „Flohmärkten für Medikamente in der Nachbarschaft“ zu begegnen. Die ABDA und auch einzelne Apothekerorganisationen haben mittlerweile reagiert.

Mehr zum Thema

Arzneimittellieferengpässe

Ärztepräsident bringt „Arzneimittel-Flohmärkte“ ins Spiel

Apothekerschaft schockiert

„Arzneimittel gehören in Apotheken, nicht auf den Flohmarkt“

Doch Reinhardt ist nicht allein mit seiner Verirrung. Heike Baehrens, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, hatte die Apotheker und den Pharmagroßhandel am vergangenen Freitag im ARD-Mittagsmagazin aufgefordert, keine „Hamsterkäufe“ von Arzneimitteln zu tätigen. Sie sollten wirklich nur den Wochenbedarf vorrätig halten. Das solle helfen, regional vorhandene Vorräte anderswo schnell zu nutzen.

Versorgungsauftrag beachten

Auch ihr ist dringend anzuraten, sich mit der Aufgabenverteilung im Arzneimittelversorgungssystem und der Rechtslage auseinanderzusetzen. Zur Erinnerung: Apotheken und Pharmagroßhandel haben den gesetzlichen Auftrag zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung. Wie sie das genau tun, liegt in vieler Hinsicht in ihrer Verantwortung. 

Der Staat hat die Apotheker als freie Heilberufler damit betraut, weil sie dank ihrer Qualifikation den Überblick haben, diese Aufgabe in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation und unter Berücksichtigung des jeweiligen Arzneimittels zu erfüllen, soweit es möglich ist. Die Verpflichtung zur Lagerung eines Wochenbedarfs stellt ein Minimum dar, das der Verordnungsgeber vorschreibt, um eine Untergrenze abzusichern. In der Apothekenbetriebsordnung steht ausdrücklich, dass „mindestens“ der durchschnittliche Wochenbedarf zu lagern ist. Der Appell, dies als Zielgröße oder gar Obergrenze anzusehen, ist daher nicht aus der Apothekenbetriebsordnung abzuleiten und auch sonst voll daneben. 

Quelle: Den ganzen Artikel lesen