Shingrix-Impfen trotz Corona?

Soll man sich während der Pandemie überhaupt gegen Gürtelrose impfen lassen? Und wenn ja – welcher Abstand sollte zu den COVID-19-Impfungen eingehalten werden?

Shingrix® ist lieferbar – das war in den letzten Jahren nicht selbstverständlich. Dem Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) zufolge „entspannt“ sich jedoch die Liefersituation 2021 „deutlich“ – man habe die Produktion optimiert, sodass derzeit auch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) keine Engpässe führt. Volle Shingrix-Lager also – doch könnte nicht allein eine optimierte Produktion, sondern auch die Corona-Pandemie und eine dadurch bedingte geringere Nachfrage ein Grund dafür sein. Doch sind die Menschen tatsächlich zurückhaltender bei der Impfung gegen Gürtelrose und wie sieht ein sinnvolles Impfschema zusammen mit einer Corona-Impfung aus?

Shingrix

Shingrix® ist ein adjuvantierter Totimpfstoff gegen Gürtelrose (Herpes zoster). Zugelassen ist er seit März 2018 zur Vorbeugung von Herpes zoster und postzosterischer Neuralgie (PZN) für Erwachsene im Alter von 50 Jahren und älter. Im August 2020 wurde die Zulassung erweitert, sodass seither auch Erwachsene ab 18 Jahren mit erhöhtem Risiko für Herpes zoster, wie beispielsweise einer Immunsuppression, mit Shingrix geimpft werden können. Auch die STIKO erkannte einen Nutzen im Gürtelroseschutz: Die Ständige Impfkommission empfahl im Dezember 2018, dass fortan Ab-60-Jährige standardmäßig mit einem Totimpfstoff gegen Herpes zoster geimpft werden sollen, bei Grunderkrankungen sprach sie sich bereits für Ab-50-Jährige für den Gürtelroseschutz aus. Sie begründetet ihre Empfehlungen wissenschaftlich im Epidemiologischen Bulletin 50|2018. Diesem Rat folgte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am 7. März 2019 und änderte – mit dem Segen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) – die Schutzimpfungs-Richtlinie dahingehend, sodass seit dem 1. Mai die GKV Shingrix für alle ab 60 Jahren und für Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen ab 50 Jahren erstattet. Darunter fallen Diabetiker, HIV-Infizierte, Menschen mit Immundefizienz, Asthma bronchiale, COPD, rheumatoider Arthritis oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Nicht erstattet wird, ungeachtet der Zulassungserweiterung im August 2020, derzeit die Impfung für Menschen unter 50 Jahren. Eine Impfserie umfasst zwei Dosen, die im Abstand von zwei Monaten verabreicht werden sollen. Lässt sich diese Zeitspanne nicht einhalten, ist auch eine Impfung im Zeitraum zwischen zwei und sechs Monaten nach der ersten Dosis noch möglich und wirksam.

Shingrix- und Corona-Impfung: Welche Abstände sind einzuhalten?

Die Ständige Impfkommission (STIKO) rät, auch während der Pandemie Impftermine zur Standardimpfung einzuhalten. Bei älteren Menschen ist hier neben dem Pneumokokken- und Influenzaschutz auch an die Herpes-zoster-Impfung zu denken. Doch welchen Abstand sollten Shingrix-Empfänger für die Corona-Impfungen einplanen? Laut GSK lässt sich die Gürtelrose-Impfung „problemlos“ mit dem von der STIKO empfohlenen Abstand von 14 Tagen vor oder nach einer COVID-19-Impfung vereinbaren. Ein volles Impfschema umfasst zwei Dosen, die im Abstand von zwei bis sechs Monaten appliziert werden. Somit können auch mögliche Wartezeiten auf einen Corona-Impftermin genutzt werden, um sich mit Shingrix impfen zu lassen und Impflücken zu schließen.

Abstand und Maske schützen nicht vor Gürtelrose

Auch GSK erinnert daran, dass gerade in der Pandemie Impflücken vermieden und insbesondere die von der STIKO empfohlenen Impfungen für Risikogruppen wahrgenommen werden sollen – wie der Schutz vor Gürtelrose. „Denn in der aktuellen Corona-Situation schützen auch die AHA-Regeln die ältere Generation nicht vor dieser zum Teil sehr schmerzhaften Erkrankung – da Herpes zoster nicht wie COVID-19 oder Influenza über Tröpfcheninfektion übertragen wird, sondern der Erreger inaktiv im Körper schlummert und im Alter reaktiviert werden kann“, erklärt GSK hierzu. So tragen nach Zahlen von GSK 95 Prozent der Über-60-Jährigen das Varizella-zoster-Virus in sich, doch hätten nach Berechnungen von GSK bislang nur etwa 6 Prozent aller Menschen über 60 Jahre die Gürtelrose-Impfung erhalten, was zum Teil an der bisher eingeschränkten Verfügbarkeit liegen dürfte, räumt der Hersteller ein.

Ein Jahr Shingrix: 1,5 Prozent der Ab-60-Jährigen einmal geimpft

Laut dem Epidemiologischen Bulletin 47|2020 des Robert Koch-Instituts (RKI) lagen die Impfquoten der Herpes-zoster-Impfung im ersten Jahr nach der STIKO-Empfehlung – von Januar 2019 bis Januar 2020 – im niedrigen einstelligen Prozentbereich, und nur etwa die Hälfte der begonnenen Impfserien wurde mit der zweiten Impfung auch abgeschlossen: 1,5 Prozent der ab 60-Jährigen sei einmal gegen Herpes zoster geimpft worden, eine zweite Impfung erhielten 0,7 Prozent. Das RKI erklärt dies, wie auch GSK, damit, dass Shingrix-Engpässe der Umsetzung der Impfempfehlung entgegenstanden. Es sei künftig vonnöten, die Impfquote zu steigern und begonnene Impfserien zu vervollständigen, wofür es auch einer beständigen Impfstoffverfügbarkeit bedürfe.

Shingrix-Imfpungen 2020 dreistellig gewachsen

Allerdings sind nach Angaben des Marktforschungsinstituts IQVIA nahezu alle Varizellen-Impfungen (Windpocken und Gürtelrose) 2020 rückläufig gewesen – mit Ausnahme von Shingrix. Inklusive der Windpocken-Impfstoffen sind 2020 knapp 3,4 Millionen Dosen verimpft worden, was einem Gesamtzuwachs von 78 Prozent entspreche. Bei Shingrix zeigt sich nach Auswertungen von IQVIA eine Zunahme im niedrigen dreistelligen Bereich. In der Gesamtauswertung aller Varizellen-Impfstoffe ergibt sich jedoch durch den Rückgang der übrigen Impfstoffe der Zuwachs im höheren zweistelligen Bereich, der allein auf Shingrix zurückgehe.

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