Rx-Preisbindung landet vor dem Bundesverwaltungsgericht
Im September 2017 schien der langjährige„Kuschelsocken-Streit“ beendet: Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entschied,dass es deutschen Apotheken auch nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung verbotenist, Kunden beim Erwerb preisgebundener Arzneimittel geldwerte Vorteile zu gewähren – beispielsweise Kuschelsocken. Dochnun hat das Bundesverwaltungsgericht die Revision zugelassen. Es wird sichdaher mit der Frage befassen, ob die nach dem EuGH-Urteil bestehende „Inländerdiskriminierung“den Grundrechten zu vereinbaren ist.
Der Streit um die „Kuschelsocken“ nahm seinen Anfang inden Jahren 2013 und 2014. Damals hatten zwei Apothekerinnen aus dem Kreis CoesfeldGutscheine für eine Rolle Geschenkpapier beziehungsweise ein Paar Kuschelsockenausgegeben. Diese Gutscheine konnten „bei Abgabe eines Rezeptes“ eingelöstwerden.
Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe sah darin einen Verstoßgegen die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel und untersagteden Apothekerinnen, solche Gutscheine abzugeben. Die Apothekerinnen wehrtensich und zogen vor Gericht. Dort blieben sie allerdings in allen Instanzenerfolglos. Bis hin zum Oberverwaltungsgericht, das im September 2017 – bereitsunter dem Eindruck des Rx-Preisbindungs-Urteil des Europäischen Gerichtshofs – seineEntscheidung traf.
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Das OVG stellte in diesem Zuge fest, dass die deutschen Preisbindungsvorschriftensowohl verfassungsgemäß als auch europarechtskonform seien. Sie verstießenweder gegen das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit noch gegen denGleichheitssatz. Daran ändere auch die nach dem EuGH-Urteil bestehendeInländerdiskriminierung nichts. Dieser Wettbewerbsvorteil für ausländischeVersandapotheken habe sich nämlich „noch nicht gravierend zulasten inländischerApotheken ausgewirkt“.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ließ das OVG nichtzu. Doch die Apothekerinnen legten Nichtzulassungsbeschwerden ein. Und diesengab das Gericht in Leipzig nun statt. Zur Begründung heißt es, der Rechtssachekomme die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu. „Das Revisionsverfahrenwird dem Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich Gelegenheit zur Klärung derFrage geben, ob die für inländische Apotheken geltende Preisbindung fürArzneimittel (§ 78 Abs. 1 und 2 AMG, § 3 AMPreisV) in Folge des Urteils desGerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Oktober 2016 – C-148/15 wegen ‚Inländerdiskriminierung’mit Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist“.
Wie werden die Bundesverwaltungsrichter urteilen?
Erst kürzlich hatte der Bundesgerichtshof in einem Fall der Prämien-Werbungeiner Versandapotheke entschieden, dass die Entscheidung des EuGH keine direkteBedeutung auf rein innerstaatliche Sachverhalt habe. Die Ungleichbehandlunginländischer und ausländischer Versandapotheken beruhe auf sachlichen Gründen und den Vorwurf derInländerdiskriminierung ließ man nicht gelten.
Man darf nun also gespannt sein, wie dies die Bundesverwaltungsrichtersehen. Werden die EU- Versandapotheken bis dahin den Wettbewerb so sehr zuihren Gunsten verschoben haben, dass eine Verletzung der Berufsfreiheit und desGleichbehandlungsgrundsatzes für inländischeApotheker anzunehmen ist?
Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2018, BVerwG 3 B 40.17 und BVerwG 3 B 41.17
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