Niacin für die Haut – ist die Wirkung belegt?

Niacinamid ist eine Form des Vitamins B3 und ein beliebter Zusatz in Kosmetika. Die Anwendungsgebiete solcher Kosmetika sind vielfältig, sei es als Anti-Aging-Mittel, zur Behandlung unreiner Haut oder als Pflege bei trockener Haut. Niacin werden viele Wirkungen nachgesagt, die auch in Studien untersucht wurden.

Niacinamid wird häufig schlicht als Vitamin beworben. Genauer betrachtet handelt es sich um eine Form des Vitamins B3 (Niacin), das im Körper in zwei chemischen Gestalten vorkommt, die ineinander umwandelbar sind: Niacinamid (Nicotinamid, Nicotinsäureamid, Pyridin-3-carbamid) und Nicotinsäure (Pyridin-3-carbonsäure).2 Die Begriffe werden teils synonym verwendet. Im Körper übernimmt es als Teil der Coenzyme Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NAD) und Nicotinamid-Adenin-Dinukleotidphosphat (NADP) eine Schlüsselrolle bei zellulären Stoffwechselvorgängen sowie der Energiegewinnung im Organismus.1 Die Coenzyme NAD/NADP stehen dabei im Wechselspiel mit ihrer jeweils reduzierten Form NADH/NADPH und fungieren folglich als Redoxsystem bei diversen enzymatischen Reaktionen.10

Was können Niacinamid-Serum und andere Niacin-Kosmetika? 

In der „CosIng Datenbank“ der EU-Kommission für Inhaltsstoffe in Kosmetika werden deren „Funktionen“ aufgeführt. Laut „CosIng Datenbank“ gilt Niacinamid in Kosmetika als „smoothing“, also glättend. Niacinamid ist vergleichsweise gut erforscht. Belege für Wirkkonzentrationen von 2 bis 5 Prozent deuten auf vielfältige Effekte hin:

  • Niacinamid wird häufig als Anti-Aging-Mittel bezeichnet. Forscher untersuchten die Effekte der Substanz auf typische Zeichen von Hautalterung. Fünfzig Probandinnen (40-60 Jahre) nahmen an einer 12-wöchigen, doppelblinden, placebokontrollierten, randomisierten klinischen Studie teil, in der zwei topische Produkte bewertet wurden. Jeweils eine Gesichtshälfte wurde mit einem Feuchtigkeitscreme-Kontrollprodukt behandelt, im Vergleich zu demselben Feuchtigkeitsprodukt mit 5 % Niacinamid-Zusatz. Die Forscher beobachteten eine gute Verträglichkeit sowie eine signifikante Besserung feiner Linien und Falten, Hyperpigmentierungen und rötlicher Flecken. Zudem verbesserte sich die Textur der Haut, sie erschien ebenmäßiger und weniger fahl gegenüber der Kontrollgruppe.7 Neben einer auf NAD(P)H basierenden antioxidativen Wirkung, werden als zugrundeliegende Mechanismen eine gesteigerte Kollagensynthese und eine Normalisierung der Glycosaminglykan-Synthese diskutiert – eine Substanz, die als Wasserbinder fungiert. Ihre Konzentration in der Haut nimmt im Alter naturgemäß ab.10 

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  • Von der pflegenden Wirkung profitiert insbesondere trockene Haut, die typischerweise mit einer geschädigten Hautbarriere einhergeht. Forscher entdeckten eine verbesserte Ceramidsynthese unter Niacinamid. Als Lipide stabilisieren Ceramide die Barrierefunktion und reduzieren den transepidermalen Wasserverlust. Nicotinamid verbesserte in einer Studie die Permeabilitätsbarriere durch Stimulierung der Synthese von Ceramiden mittels Hochregulierung der Serin-Palmitoyltransferase.8
  • Ebenso profitiert zu Unreinheiten neigende Haut oder Akne von der reduzierten Talgproduktion bei topischer Anwendung von Niacinamid. In einer Studie zeigte sich eine verringerte Talgauscheidungsrate beziehungsweise ein geringerer Fettgehalt der Haut nach mehrwöchiger topischer Applikation einer Feuchtigkeitscreme mit Niacinamid 2 Prozent im Gesicht.5 Neben einer verringerten Sebumproduktion, gibt es wissenschaftliche Belege für eine antiphlogistische Wirkung von Niacinamid. Der Wirkmechanismus ist nicht abschließend geklärt. Vermutet werden immunologische Mechanismen, etwa die verringerte Freisetzung von Entzündungsmediatoren. Übrigens ist Niacinamid in Kosmetika daher auch bei Entzündung der Haarbälge nach der Rasur hilfreich.11
  • Niacinamid hat zudem einen hautaufhellenden Effekt und reduziert Pigmentflecken. Dies geht zurück auf die Inhibierung des Melanosomentransfers von Melanozyten zu Keratinozyten.4 Der Effekt ist reversibel, da weder Melanocyten noch Keratinocyten geschädigt werden. Zudem kann Niacinamid eine Hautaufhellung induzieren. Die topische Anwendung von Niacinamid führte in einer Studie zu einer dosisabhängigen und reversiblen Reduktion hyperpigmentierter Läsionen.9 Ebenso verringerte Niacinamid in anderen klinischen Studien signifikant die Hyperpigmentierung in 5-prozentiger Konzentration und bewirkte eine Hautaufhellung unter Niacinamid 2 Prozent (incl. Sonnenschutz) im Vergleich zu reinem Vehikel, nach vierwöchiger Anwendung.6

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Üblicherweise wird Niacinamid in Konzentrationen von 2 bis 5 Prozent verwendet, die eine gute Hautverträglichkeit aufweisen, auch bei sensibler Haut. In der INCI-Nomenklatur für Kosmetika wird Vitamin B3 als „Niacinamide“ deklariert. Zu unterscheiden ist es von Nicotinsäure-Estern, die durchblutungsfördernd wirken, wenn sie auf der Hautoberfläche Nicotinsäure freisetzen.2 Eine Reaktion, die übrigens bei der Verwendung in hyperämisierenden Dermatika genutzt wird.

Vorsicht „Niacin-Flush“

Niacinamid in Kosmetika verhält sich im üblichen, hautverträglichen pH-Bereich stabil. Ebenso wie alle B-Vitamine, ist Niacinamid gut wasserlöslich. In Untersuchungen zeigt sich der Stoff im Bereich von pH3 bis pH7,5 stabil. Liegt eine Formulierung außerhalb dieses pH-Bereichs, im stark Sauren oder Basischen, findet eine Hydrolyse von Niacinamid zu der hautreizenden Nicotinsäure statt.2 Alle verwendeten Bestandteile des Kosmetikums müssen daher hinsichtlich ihres Effekts auf den pH-Wert beurteilt werden, beispielsweise Kombinationen mit Vitamin C (Ascorbinsäure) oder Fruchtsäuren, wie sie etwa in Peelings eingesetzt werden.

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Im Kontext Niacin, fällt hin und wieder der Begriff „Niacin-Flush“. Gemeint ist damit eine plötzliche Rötung und Reizung der Haut aufgrund des Kontakts mit Nicotinsäure. Diese erweitert kurzzeitig die Blutgefäße und verursacht eine verstärkte Durchblutung, über die Freisetzung von Prostaglandin D2.3 Bei sensibler Haut kann die Reaktion auch nach Verabreichung von höheren Konzentrationen an Niacinamid auftreten, wie sie etwa in Seren verwendet werden. Die Rötung ist zwar reversibel, kann aber in einigen Fällen dennoch hartnäckig und unangenehm sein. Anwender mit empfindlicher und zu Rötungen neigender Haut sollten daher vorzugsweise auf Produkte mit geringeren Konzentrationen an Niacinamid zurückgreifen. Als gut verträglich gelten Konzentrationen von bis zu 5 Prozent.10

Produktbeispiele

Quellen:

1. https://www.altmeyers.org/de/dermatologie/vitamin-b3-18584, Abruf: 06.08.2022 

2. https://www.gdch.de/fileadmin/downloads/Netzwerk_und_Strukturen/Fachgruppen/Lebensmittelchemiker/Arbeitsgruppen/kosmetik/db_niacinamid.pdf, Abruf: 06.08.2022

3. https://www.altmeyers.org/de/dermatologie/nicotinsaure-110435, Abruf: 07.08.2022 

4. https://mobil.bfr.bund.de/cm/343/16-sitzung-der-bfr-kommission-fuer-kosmetische-mittel.pdf, Abruf: 23.07.2022

5. Draelos Z, Matsubara A, Smiles K., The effect of 2 % Niacinamid on facial sebum production. J Cosmet Laser Ther. 2006 Jun; 8(2):96-101. DOI: 10.1080/14764170600717704, Abruf: 14.08.2022 

6. Hakozaki T. The effect of niacinamide on reducing cutaneous pigmentation and suppression of melanosome transfer. Br J Dermatol. 2002 Jul; 147(1):20-31. DOI: 10.1046/j.1365-2133.2002.04834.x, Abruf: 14.08.2022 

7. Bissett D. Topical niacinamide reduces yellowing, wrinkling, red blotchiness, and hyperpigmented spots in aging facial skin. Int J Cosmet Sci. 2004 Oct; 26(5):231-8. DOI: 10.1111/j.1467-2494.2004.00228.x, Abruf: 14.08.2022 

8. Tanno, O. et al: Nicotinamide increases biosynthesis of ceramides as well as other stratum corneum lipids to improve the epidermal permeability barrier. Br. J. Dermatol.143 (2000), 524-531 DOI: 10.1111/j.1365-2133.2000.03705.x, Abruf 14.08.2022 

9. Greatens, A. et al: Effective inhibition of melanosome transfer to keratinocytes by lectins and niacinamide is reversible. Exp. Dermatol. 14 (2005), 498-508, DOI: 10.1111/j.0906-6705.2005.00309.x, Abruf: 21.08.2022

10. Professor Dr. med. Martina Kerscher, unter Mitarbeit von Dr. Stefanie Williams, mit einem Beitrag von Prof. Dr. med. Ralph M. Trüeb: Dermatokosmetik, Steinkopff Verlag 2004, 2009, zweite bearbeitete und erweiterte Auflage, ISBN 978-3-7985-1546-8

11. Sabine Ellsässer: Körperpflegekunde und Kosmetik, Springer-Verlag GmbH Deutschland 2000, 2008, 2020, 3. vollständig aktualisierte Auflage, ISBN 978-3-662-59999-0

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