Mein liebes Tagebuch

Kaum zwei Wochen alt, geht’s schon wieder rund im neuen Jahr. Eigentlich haben die Versicherten ab 1. Januar Anspruch auf ihre elektronische Patientenakte. Aber derzeit gibt’s nur Testregionen und für uns Apothekers fehlt noch das Honorar fürs Befüllen der Akte. Macht nichts, wir müssen erst noch mehr Masken verteilen – wenn denn die Versicherten ihre Coupons schon hätten. Derweil beruhigen und beraten wir unsere Kundinnen und Kunden pro Corona-Schutzimpfung, hofft Spahn: Das Impfchaos löst sich langsam auf, es gibt genug Impfstoff, die Terminvergabe klappt langsam besser und bis zum Sommer sind wir alle durchgeimpft. Heureka, dann können wir Apothekers unseren ersten Apothekertag nach Corona im September besuchen, live und in Farbe – unsere neue Präsidentin hat ihn schon eingeplant. 

4. Januar 2021

Endlich, 70 Jahre nach Gründung der berufspolitischen Dachorganisation ABDA, steht eine Frau an der Spitze einer Organisation, die eine Berufsgruppe mit über 80 Prozent Frauen vertritt. Danke, Frau Overwiening, dass Sie sich für diese Amt zur Verfügung gestellt haben. Nun, mein liebes Tagebuch, allein die Tatsache, dass unsere neue Spitze eine Frau ist, ist natürlich noch kein Verdienst. Was erstmal zählt: Sie macht es – und das wird angesichts der gesundheitspolitischen Herausforderungen, aber auch der – wie es so treffend beschrieben – verkrusteten Strukturen der ABDA nicht einfach werden. Aber genau da könnten weibliche Führungsqualitäten helfen. Also, wir wünschen viel Erfolg, inspirierende Ideen und Durchsetzungskraft.

 

Die Apothekengewerkschaft Adexa erinnert daran: Ab Januar gibt es mehr Gehalt für Apothekenmitarbeiter:innen. Mein liebes Tagebuch, 1,5 Prozent mehr ist nicht die Welt, aber besser als nichts. Und Adexa erinnert auch an den Corona-Bonus: Apothekenleiter, die ihren Mitarbeiter:innen für die erschwerten Arbeitsbedingungen in Corona-Zeiten nicht nur mit schönen Worten, sondern auch finanziell danken möchten, können, falls noch nicht geschehen, einen Bonus bis zu 1500 Euro auszahlen, steuerfrei noch bis zum 31. Juni 2021 – der Bundesfinanzminister war so freundlich, diese Frist bis Jahresmitte zu verlängern. Also, das ist doch ein Zeichen.

 

Ab 1. Januar sollte die elektronische Patientenakte (ePA) eigentlich allen Versicherten zur Verfügung stehen. Eigentlich. Doch wie das mit der Digitalisierung so ist, gibt es da erstmal eine holprige „Startphase“: ePA nur in den ausgewählten Testregionen Berlin und Westfalen. So richtig soll es dann erst am 1. Juli beginnen. Mein liebes Tagebuch, schaun wir mal. Aufgabe des Gematikchefs Markus Leyck Dieken ist es nun, Optimismus zu verbreiten, was er in einem Interview mit dem Handelsblatt versucht: „Schon die Daten, die der Patient selbst einstellen kann, können einen Mehrwert bringen, weil sie erstmals zusammengeführt werden.“ Je mehr Daten die Patientenakte enthält, um so größer der Mehrwert – wie wahr, bloss wissen die wenigsten Patientinnen und Patienten derzeit, dass es überhaupt eine elektronische Patientenakte gibt, was sie will, was sie kann, wie sie funktioniert und all das Pipapo. Mein liebes Tagebuch, da ist bis Mitte des Jahres noch viel Kommunikationsarbeit notwendig – und vor allem Überzeugungsarbeit: Warum sollte man seine intimsten Gesundheitsdaten „dem Internet“ anvertrauen?

 

Das „Impfchaos“ spitzt sich Anfang des Jahres zu: Da haben wir nun endlich einen zugelassenen Impfstoff, da stehen die perfekt eingerichteten Impfzentren – aber die Terminvergabe ruckelt gewaltig und der Impfstoff-Nachschub hakt. Es gebe zu wenig Impfstoff, so hört man, und bei der Terminvergabe werden die Impfwilligen der höchsten Priorität (z. B. über 80-Jährige) von telefonischen Warteschlangen erwürgt oder sie scheitern an einer Terminvergabe per 116117 oder per Internet. Patientenfreundlichkeit geht anders. Innerhalb der Großen Koalition rumort es bereits, Spahn steht in der Kritik: Gibt es zu wenig Impfstoff? Nein, meint unser Bundesgesundheitsminister, derzeit sollen 670.000 Dosen pro Woche geliefert werden, alles im Plan. Nun ja, Merkel machte das Thema dennoch zur Chefinnensache und ließ eine Zusammenarbeit zwischen dem kleinen Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac und dem Pharmariesen Bayer einfädeln. Die Kooperation soll die Weiterentwicklung und Bereitstellung der Curevac-Vakzine CVnCoV voranbringen, so dass so rasch wie möglich ein weiterer Impfstoff gegen Covid-19 auf den deutschen Markt kommen kann – mit Hilfe der Erfahrung von Bayer bei Fragen der Zulassung bis hin zur Pharmakovigilanz und Lieferkettenlogistik. Na, mein liebes Tagebuch, geht doch, manchmal braucht’s einfach ein bisschen göttlichen (oder Göttinnen-?) Input von oben.

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