Kein Schadensersatz für Lunapharm

Vor fünf Jahren machte ein Bericht des ARD-Magazins „Kontraste“ Lunapharm bundesweit bekannt: Der Pharmahändler soll mutmaßlich gestohlene Arzneimittel gewinnbringend in Deutschland verkauft haben. Die Causa Lunapharm hielt und hält auch die Gerichte auf Trab. Nun gibt es wieder eine Entscheidung: Das Landgericht Potsdam wies eine Schadensersatzklage von Lunapharm gegen die Bundesrepublik zurück.  

Wie die Anwaltskanzlei GÖRG am heutigen Donnerstag mitteilte, hat das Landgericht Potsdam bereits am 17. Mai entschieden, eine Klage der einstigen Arzneimittelgroßhändlerin Lunapharm Deutschland GmbH auf Schadensersatz gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit, abzuweisen (Az.: 4 O 144/21). Mittlerweile wurde das Urteil zugestellt.

Was steckt dahinter? Im Jahr 2019 hatte das Brandenburgische Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) als zuständige Arzneimittelaufsichtsbehörde Lunapharm seine Herstellungs- und Großhandelserlaubnis entzogen. Der Grund: Unzuverlässigkeit. Vorausgegangen waren Berichte des RBB-Magazins „Kontraste“. Darin ging es um eine griechische Apotheke, die ohne Großhandelslizenz hochpreisige Arzneimittel an Parallelhändler verkaufte. Diese Arzneimittel sollen teilweise mutmaßlich aus griechischen Kliniken gestohlen und über abenteuerliche Transportwege an ihr Ziel gekommen sein. Einer der Abnehmer soll das in Mahlow bei Berlin ansässige Unternehmen Lunapharm gewesen sein.

Mehr zum Thema

Arzneimittelsicherheit

Lunapharm-Affäre

Streit um Herstellungs- und Großhandelsserlaubnis

Verwaltungsrichter halten Lunapharm für nicht „zuverlässig“

Der Fall sorgte auf vielen Ebenen für Unruhe. Lunapharm bestritt die Vorwürfe stets. Bewegt hat sich das Import-Unternehmen auf jeden Fall in einer breiten Grauzone. Die Politik haben die Geschehnisse aufgerüttelt – sowohl im Land Brandenburg als auch auf Bundesebene. So war der Lunapharm-Skandal einer der Gründe, das Gesetz für Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) auf den Weg zu bringen.

In der Folge kam es auch zu zahlreichen Gerichtsverfahren unterschiedlicher Art: Das Unternehmen ging gegen den Entzug seiner arzneimittelrechtlichen Erlaubnisse ebenso vor wie gegen den RBB und den damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Doch durchschlagende Erfolge konnten die Unternehmensvertreter:innen nie erringen.

Gesteuertes Landesamt?

Nun kommt eine weitere Niederlage hinzu. Lunapharm hatte von der Bundesrepublik Deutschland auf Grundlage von Amts- und Staatshaftungsrecht Schadensersatz verlangt – nach wie vor davon ausgehend, dass die Widerrufs- und Untersagungsbescheide unzulässig waren. Laut Pressemitteilung der das BMG vertretenden Anwaltskanzlei hat Lunapharm behauptet, Bundesbehörden hätten das behördliche Vorgehen des LAVG gesteuert. Überdies habe die Bundesrepublik europarechtliche Vorgaben des Arzneimittelrechts ungenügend umgesetzt, sodass die Arzneimittelaufsicht ihr Vorgehen gegenüber Lunapharm auf europarechtswidriges Bundesrecht gestützt habe.

Doch das Gericht hielt die Klage für nicht begründet. Für die Bescheide der zuständigen brandenburgischen Arzneimittelaufsicht sei nicht die Bundesrepublik verantwortlich, sodass sich die Klage von vornherein gegen die falsche Beklagte gerichtet habe. Zudem lägen die Voraussetzungen für einen Amts- oder Staatshaftungsanspruch hier nicht vor, da die einschlägigen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes und des europäischen Richtlinienrechts keine Rechte Einzelner, sondern die öffentliche Gesundheit schützen sollten.

Bei dem aktuellen Urteil des Landgerichts Potsdam handelt es sich der Kanzlei zufolge um die erste gerichtliche Entscheidung zur Staatshaftung wegen angeblich unzureichender Umsetzung europarechtlicher Vorgaben in das Arzneimittelrecht des Bundes. Es wird vermutlich nicht die letzte sein. Es bleibt abzuwarten, ob Lunapharm den Weg durch die weiteren Instanzen geht. Auch andere Verfahren rund um den Komplex sind noch vor den Gerichten anhängig.


Quelle: Den ganzen Artikel lesen