IGES-Gutachten: Viele Ideen und keine Konsequenzen
Das IGES-Gutachten ist kein Grund zur Aufregung. Denn die Autoren liefern viele Daten und Ideen, aber sie stellen keine problematischen Forderungen auf, sondern überlassen den Lesern die Konsequenzen. Bei der Auseinandersetzung mit dem Gutachten geht es weniger um große Schlagzeilen, sondern mehr um die Einzelheiten, erläutert DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn in einem Kommentar.
Das IGES-Gutachten zum Apothekenmarkt ist wahrscheinlich nicht zufällig zwei Tage vor der Bundestagsdebatte über das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz erschienen. Es soll wohl die Abgeordneten auf das Thema einstimmen. Doch es enthält zu der anstehenden Entscheidung über das Rx-Boni-Verbot keine Empfehlung. Es gibt kein klares Ja oder Nein zu irgendeiner Maßnahme, nicht einmal eine Zusammenstellung von pro und contra, an der sich Befürworter und Kritiker abarbeiten könnten. Das Gutachten enthält auch keine quantitativen Prognosen, wie sich der Markt in welchem Fall entwickeln wird. Es erläutert eher Zusammenhänge, als Argumente für oder gegen irgendeine Entscheidung zu liefern. Das Gutachten lässt seine Leser mit der Frage allein, was sie damit anfangen sollen.
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IGES-Gutachten
Sachliche Arbeitsgrundlage
Darum ist das Gutachten vor allem kein Grund zur Aufregung. Das Gutachten enthält kein Apotheken-Bashing, es stimmt kein Loblied auf den Versand an und es propagiert keine marktradikalen Ideen über die freie Preisbildung. Es ist weder ideologisch verbohrt noch polemisch, sondern um einen sachlichen Stil bemüht. Große Schlagzeilen lassen sich daraus allenfalls gewinnen, wenn man etwas hineininterpretiert, das darin nicht steht. Dennoch hat das Gutachten seine Schwächen und vor allem ist nicht alles darin nützlich.
Neue Argumente zur flächendeckenden Versorgung
Das Gutachten liefert zunächst die Fakten und Daten, die zu einer solchen Betrachtung gehören und die den informierten Kreisen bekannt sind. Bemerkenswert sind eine Schätzung der Apothekenbetriebsergebnisse in Abhängigkeit von der Umsatzgrößenklasse und Analysen zur Entwicklung der Apothekenzahlen in Abhängigkeit vom Siedlungstyp. Die größte Leistung ist die Auswertung zur Erreichbarkeit von Apotheken aufgrund der Entfernung zwischen Wohnort und Apotheken. Dies ist eine Fundgrube von Daten für Argumentationen zur flächendeckenden Versorgung. Die Auswertung zeigt, wie gering die Versorgungsdichte im ländlichen Raum und teilweise auch in Kleinstädten ist. Demnach erreichen 34,6 Prozent der Bewohner kleiner Kleinstädte, in denen immerhin deutschlandweit 11,2 Millionen Menschen leben, innerhalb von 15 Minuten zu Fuß eine Apotheke. In diesem Radius befinden sich aber im Mittel nur 1,4 Apotheken. Die Daten machen deutlich, dass die Versorgung oft an einer Apotheke hängt. Die Autoren gehen diesem Aspekt nicht ausführlich nach, aber sie bieten eine Datengrundlage, die künftig solche Betrachtungen möglich macht. Dies ist offenbar der praktisch bedeutsamste und lebensnächste Teil des Gutachtens.
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