Gleiche Faktoren, anderer Verlauf: Forscher rätseln nach Zwillings-Infektion

Welche Faktoren Einfluss darauf haben, wie schwer eine Covid-19-Infektion verläuft, ist immer noch unklar. Eine Fallstudie aus Italien zeigt nun, dass selbst bei Zwillingen die Erkrankung unterschiedlich verlaufen kann: Während ein Zwillingsbruder schnell wieder auf die Beine kam, lag der andere tagelang auf der Intensivstation.

Um besser zu verstehen, warum manche Covid-19-Verläufe tödlich und andere komplett asymptomatisch verlaufen, untersuchten italienische Forscher den Fall von Zwillingen, die sich beide mit dem Virus infiziert hatten. Ihre Ergebnisse publizierten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Annals of Internal Medicine“.

Die beiden 60-jährigen Brüder sollen am 9. März begonnen haben, Symptome zu zeigen. Beide hätten unter Fieber und einer verstopfen Nase gelitten. Dazu sei noch Müdigkeit, Atemnot und trockener Husten gekommen, so dass beide zehn Tage später ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Dort seien die Zwillinge schließlich positiv auf das Coronavirus getestet worden.

Ein Bruder wurde entlassen, der andere auf die Intensivstation verlegt

Keiner der Männer soll Vorerkrankungen gehabt haben, keiner rauchte und sie hatten in etwa den gleichen BMI. Außerdem arbeiteten und lebten sie zusammen. Der einzige Unterschied sei gewesen, dass einer der Brüder verheiratet ist und der andere nicht. Durch die Kontaktverfolgung habe man sogar feststellen können, dass beide wahrscheinlich von derselben Person angesteckt wurden, einem Kunden in ihrer Autowerkstatt, der ohne Schutzmaßnahmen engen Kontakt mit den Brüdern hatte. Beide Männer wurden auch im Krankenhaus gleich behandelt, heißt es weiter in der Fallstudie.

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Und trotz dieser gleichen Lebensbedingungen, der gleichen gesundheitlichen Faktoren und der gleichen Behandlung soll der Krankheitsverlauf der Zwillinge dennoch unterschiedlich gewesen sein. Während der verheiratete Zwilling bald entlassen werden konnte und sich ohne weitere Komplikationen wieder vollständig erholte, habe sich der Zustand des anderen Zwillings zunehmend verschlechtert. Nachdem er zunächst an ein Beatmungsgerät angeschlossen wurde, habe man ihn schließlich nach drei Tagen auf die Intensivstation verlegt.

Unterschiedlicher Verlauf trotz gleicher Faktoren

Dort habe er intubiert und künstlich beatmet werden müssen. Außerdem habe er durch eine bakterielle Infektion einen septischen Schock erlitten, der mit Antibiotika, Steroiden und kreislaufstabilisierenden Medikamenten behandelt wurde. Nach vier Tagen habe er die Intensivstation verlassen können, musste aber noch 17 Tage im Krankenhaus bleiben. Seine Genesung außerhalb des Krankenhauses sei langsam gewesen, aber mittlerweile habe er sich ohne Langzeitfolgen wieder vollständig erholt.

Die Wissenschaftler können sich nicht erklären, warum der Krankheitsverlauf bei den Zwillingen derart unterschiedlich war. Oft werden genetische Faktoren als mögliche Ursachen genannt, doch dies könne bei den Brüdern, dadurch, dass sie homozygote Zwillinge sind, höchstwahrscheinlich ausgeschlossen werden. Auch andere mögliche Faktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf, wie hohes Alter, Übergewicht, oder Vorerkrankungen, seien bei beiden Fällen identisch gewesen und könnten daher als Ursache ausgeschlossen werden.

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Zudem lebten und arbeiteten die beiden Brüder in der gleichen Umgebung, so dass Einflüsse der Außenwelt ebenfalls keine Rolle gespielt haben könnten. Eine letzte mögliche Erklärung, Unterschiede bei der Infektion selber, könne in diesem Fall auch keine Lösung bieten, da die Zwillinge wahrscheinlich zur gleichen Zeit und von der gleichen Person angesteckt wurden.

Kreuzimmunität, familiäre Ansteckung oder bessere Ernährung?

Ein anderer Wissenschaftler, der den Fall kommentierte, spekulierte, dass sich einer der Zwillinge vielleicht in der Vergangenheit mit einer harmlosen Form eines Coronavirus infiziert haben könnte und dadurch eine Kreuzimmunität entwickelte, die ihm bei dieser Infektion half. Weiter wurde vermutet, dass sich beide Männer vielleicht nicht bei dem Kunden angesteckt hatten, sondern nur einer, der dann seinen Bruder ansteckte. Dadurch, dass der Kontakt zwischen Familienmitgliedern enger sei, hätte der zweite Bruder so eine höhere virale Belastung abbekommen.

Ein dritter Wissenschaftler ging sogar so weit zu vermuten, dass die Ehe des einen Bruders einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf gehabt haben könnte. So sei bewiesen, dass verheiratete Menschen sich gesunder ernähren würden und die davon beeinflusste Darmflora habe sich vielleicht positiv auf die Genesung ausgewirkt.

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