Gesellschafter protestieren gegen Whitepaper-Veröffentlichung

Vorwürfe, aufgebrachte Anrufer, und die Forderung einer Klarstellung – das alles hat die Veröffentlichung des „Whitepaper“ der Gematik zu ihrer Vision einer TI 2.0 ausgelöst. Die wollte lediglich ein Konzept zur Zukunft der Telematik vorstellen, hat aber vergessen, ihre Gesellschafter darüber zu informieren. Diese protestieren in einem unter anderem vom DAV unterzeichneten Brief an Gematik-Chef Leyck Dieken gegen dieses Vorgehen. Was nun?

Die Gematik, zuständig für die Digitalisierung des Gesundheitswesens, will die notwendige Telematikinfrastruktur generalüberholen. Geschehen soll das bis zum Jahr 2025, bedeuten wird es: weg mit Konnektoren, Heilberufsausweisen und Institutionskarten. Ein Plattformmodell soll das aktuelle, vergleichsweise starre System ersetzen. Über Schnittstellen mit dem Internet soll das neue Modell von überall aus erreichbar sein, erklärte die Gematik am 21. Januar, als sie ihre Vorstöße in dem Whitepaper „TI 2.0 – Arena für digitale Medizin“ veröffentlichte. 

Mehr zum Thema

Whitepaper der Gematik

TI 2.0: Ohne Karten und Konnektoren

Brandbrief an die KBV

Nach Konnektoren-Panne: Ärzte rebellieren gegen TI-Anbindung

Seither gibt es Streit mit den Gesellschaftern. Denn die fühlen sich übergangen und werfen der Gematik vor, das Whitepaper nicht abgestimmt zu haben. In einem Schreiben an Gematik-Chef Markus Leyck Dieken, das DAZ.online vorliegt, heißt es: Die Veröffentlichung sei unangekündigt und entgegen eines einstimmig gefassten Beschlusses der Gesellschafterversammlung (GSV) vom November 2020 erfolgt. Demnach habe die GSV die Neuausrichtung der TI zwar diskutieren, aber (noch) nicht beschließen wollen. Zudem sollte es zunächst eine Machbarkeitsanalyse geben.

Fatale Folgen

Die „vorschnelle“ Veröffentlichung des Whitepapers habe nun fatale Folgen. „Gerade vor dem Hintergrund der Einführung neuer Anwendungen wie der elektronischen Patientenakte (ePA) und dem E-Rezept, sowie der enormen Anstrengungen, die die Leistungserbringerorganisationen seit Jahren in die Überzeugungsarbeit ihrer Mitglieder stecken, war dieses unabgestimmte Vorgehen völlig kontraproduktiv“, monieren die Verfasser des Briefs. Beispielsweise würden die KBV und KZBV sowie die Ärzte- und Zahnärztekammern seit geraumer Zeit bei ihren Mitgliedern darum werben, den elektronischen Heilberufsausweis zeitnah zu beantragen. „Die Veröffentlichung des Whitepapers hat hier mit einem Schlag einen Großteil dieser langsam ihre Wirkung entfaltenden Überzeugungsarbeit zunichte gemacht.“ Ärzt:innen und Zahnärzt:innen riefen nun erbost bei ihren Kammern und K(Z)Ven an und beschwerten sich, „warum sie massiv von ihren eigenen Organisationen zum Kauf von etwas gedrängt werden, was jetzt schon wieder abgekündigt ist und von der Gematik quasi selbst als nicht zeitgemäß und nicht nutzerorientiert eingeschätzt wird“.

Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft berichtete demnach über Anfragen, inwieweit eine zeitnahe Anbindung der Kliniken an die TI auf Basis der derzeit auf dem Markt verfügbaren Komponenten überhaupt noch wirtschaftlich sinnvoll sei. „Diese Situation wurde zusätzlich dadurch verschärft, dass das Whitepaper die Behauptung enthält, die Konzepte seien das konsolidierte Ergebnis der Interviews der Gematik mit ihren Gesellschaftern und in einem Strategie-Workshop vorgestellt und diskutiert worden. Dabei hatten gerade die Leistungserbringerorganisationen deutlich gemacht, dass sie dies völlig anders sähen und ihre Hinweise aus den Gesprächen in keinster Weise gewürdigt worden seien“, schreibt Dr. Karl-Georg Pochhammer, Vorstandsvize der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Unterschrieben haben zudem Bundesärztekammer, Bundeszahnärztekammer, Deutsche Krankenhausgesellschaft, Deutscher Apothekerverband, Kassenärztliche Bundesvereinigung, GKV-Spitzenverband und der Verband der Privaten Krankenversicherung.

TI 2.0: Nicht mehr als eine Ideensammlung

Auch an der Pressemitteilung „Weichenstellung für mehr Zusammenarbeit im Gesundheitswesen“, die die Gematik am 21. Januar anlässlich der Veröffentlichung des Whitepaper verschickte, stoßen sich die Gesellschafter und fordern, „diese Zusammenarbeit auch mit Ihren eigenen Gesellschaftern umzusetzen“. Von der Gematik erwarten sie die Klarstellung, „dass das veröffentlichte Whitepaper als eine nicht mit den Gesellschaftern abgestimmte Ideensammlung der Gematik zu verstehen ist, die in den nächsten Wochen und Monaten mit den zuständigen Organisationen diskutiert werden wird“.

Quelle: Den ganzen Artikel lesen