Freiwillige Infektionsgruppen: Seltsames Hygienekonzept bringt Stadt Dresden in Erklärungsnot
Massendemonstrationen ohne Einhaltung von Abständen oder Maskenpflicht, illegale Partys oder private Großfeiern – seitdem es Corona-Regeln gibt, gibt es auch Menschen, die dagegen verstoßen. Was nun jedoch bei einem Jazz-Festival in Dresden passiert, hat eine andere Dimension. Denn dort existiert sogar ein Hygienekonzept – das bei genauerem Hinsehen entsetzt.
In Dresden finden derzeit die "Jazztage Dresden 2020" statt, eine Veranstaltungsreihe von Ende Oktober bis Ende November mit zahlreichen Konzerten. Die Veranstalter haben mit der Stadt Dresden ein Hygienekonzept abgestimmt, dass die Sicherheit der Gäste des Festivals gewährleisten soll. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, hat dieses Konzept mit Sicherheit jedoch wenig zu tun.
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"Freiwillige Infektionsgruppen"
Bilder von einer der Veranstaltungen am vergangenen Sonntag zeigen weit über Hundert Menschen dicht an dicht sitzend und ohne Masken. Das Bizarre daran: Das Hygienekonzept erlaubt diese Anordnung. „Die Platzierung im Konzertsaal erfolgt in den Reihen jeweils in10er Gruppen. Nach einer 10er Gruppe wird 1 m Abstand zur nächsten10er Gruppe eingehalten (per Platzsperrung oder Gang)", heißt es in dem Konzeptpapier. Und dann: "Diese 10erGruppen sind freiwillige Infektionsgruppen. Mit dem Kauf IhresTickets neben anderen Personen, erklären Sie sich mit derPlatzierung innerhalb der Infektionsgruppe einverstanden.“
Die Stadt Dresden war offenbar an der Ausgestaltung des Konzepts beteiligt, warum hat sie es also abgesegnet? Eine Vertreterin der Stadt ließ gegenüber der "Bild" verlauten, dass die Stadt bei der Formulierung "Infektionsgruppe" zunächst an Hausstände gedacht habe und nicht an einander fremde, zusammengewürfelte Menschen. Der Zusatz "freiwillig" sei der Stadt bislang nicht bekannt gewesen. Nun wolle man sich mit dem Veranstalter in Verbindung setzen und eventuell nachbessern. Der Veranstalter war laut der Zeitung für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
SPD-Mann Lauterbach zeigt sich entsetzt
Nachgebessert wird indes auch durch die neue Corona-Verfügung, die ab dem heutigen Dienstag in Dresden gilt. So müssen die Gäste der Jazztage im ganzen Konzertbereich einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Auch werde der Abstand zwischen den Stuhlreihen vergrößert.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat sich dem Bericht zufolge schockiert gezeigt über das Hygienekonzept der Jazztage in Dresden. "Freiwillige Infektionsgruppen‘ mit Wildfremden zu bilden, ist einvöllig unethischer Menschenversuch, der die Bemühungen zurEindämmung des Virus auf unsägliche Art untergräbt“, sagte er der "Bild"-Zeitung. Er forderte, die Konzertreihe unter diesen Bedingungen sofort zu beenden.
Für Lauterbach sei dabei insbesondere wichtig, dass die Menschen aus einer "Infektionsgruppe" das Virus dann potenziell in unterschiedliche Freundes- und Familienkreise tragen, viel weniger nachverfolgbar als sowieso schon.
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