DiGas bei Adipositas oder chronischen Schmerzen dauerhaft erstattungsfähig

Vier Digitale Gesundheitsanwendungen haben es jetzt dauerhaft ins DiGA-Verzeichnis geschafft. Profitieren sollen unter anderem Menschen mit Adipositas oder chronischen Schmerzen. Was bringen die Apps diesen beiden Gruppen?

Das Verzeichnis der digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) hält gleich mehrere Änderungen bereit: Vier Apps konnten jüngst ihren Nutzen belegen und so dauerhaft in das Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gelangen. Unter anderem für Menschen mit Adipositas oder chronischen Schmerzen stehen damit langfristig zwei Angebote bereit. Was können die beiden Apps?

HelloBetter ratiopharm chronischer Schmerz

In Kooperation mit dem Arzneimittelhersteller ratiopharm brachte HelloBetter bereits im Jahr 2021 ein Angebot für Erwachsene mit chronischen Schmerzen ins DiGA-Verzeichnis ein. Das zwölfwöchige Online-Programm soll den Betroffenen dabei helfen, die Schmerzbeeinträchtigung zu reduzieren. Diesen Effekt konnte HelloBetter nun in einer zweiarmigen randomisiert kontrollierten Studie mit insgesamt 360 Probanden belegen. 

Während des Beobachtungszeitraums von zwölf Wochen erhielten beide Gruppen (Kontroll- und Interventionsgruppe) Zugang zur Standardversorgung. Die Interventionsgruppe nutzte darüber hinaus die DiGA von HelloBetter. Untersucht wurde in erster Linie (primärer Endpunkt), wie sich die Anwendung auf die Interferenzskala des West Haven-Yale Multidimensional Pain Inventory (MPI) auswirkt – und damit, wie sehr die Schmerzbeeinträchtigung verringert wurde.

DiGA-Nutzung kann Gesundheitszustand signifikant verbessern

Dabei zeigte sich, dass die Nutzung der DiGA den Gesundheitszustand signifikant verbessern konnte: Während in der Interventionsgruppe 37,6 Prozent der Probanden klinisch relevante Verbesserungen erzielten, konnten dies in der Kontrollgruppe nur 13,7 Prozent erreichen.

Allerdings ließen sich diese Effekte nicht für alle ursprünglich geplanten Indikationen belegen, sodass die DiGA künftig nur noch für drei davon erstattungsfähig ist:

  • anhaltende somatoforme Schmerzstörung,
  • chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie
  • Fibromyalgie.

Keine Indikationen mehr sind demnach: Rückenschmerzen, chronischer unbeeinflussbarer Schmerz sowie sonstiger chronischer Schmerz.

Online-Programm setzt auf Wissensvermittlung und Übungen

Die Webanwendung „HelloBetter ratiopharm chronischer Schmerz“ stellt ein interaktives psychologisches Online-Programm dar, das neben der Wissensvermittlung (Psychoedukation) auf Strategien und Übungen der Akzeptanz- bzw. Commitment-Therapie (eine Weiterentwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie) setzt. Die Inhalte werden dabei im Text-, Video- und Audio-Format vermittelt.

Nach jeder Einheit von 45 bis 60 Minuten erhalten die Anwender ein schriftliches Feedback von speziell ausgebildeten Psychologen. So sollen die Patientensicherheit und die korrekte Anwendung sichergestellt werden. Zwar bestehen laut HelloBetter keine Kontraindikationen, doch schließen Suizidalität, tumorbedingte sowie lediglich akute Schmerzen eine Nutzung aus.

Oviva Direkt für Menschen mit Adipositas

Ebenfalls neu im Kreis der dauerhaften DiGA ist „Oviva Direkt“. Die bei starkem Übergewicht (Adipositas Grad I oder II) eingesetzte App soll Betroffene ab einem Alter von 18 Jahre dabei unterstützen, ihre Gewohnheiten zu ändern und so ihr Gewicht zu reduzieren. Seit Ende 2021 wird Oviva Direkt im DiGA-Verzeichnis gelistet.

In einer randomisiert kontrollierten Studie mit insgesamt 168 Teilnehmenden stellte der Anbieter die gewichtsreduzierenden Effekte der App unter Beweis: Nach zwölf Wochen Nutzung konnte in der Interventionsgruppe eine mittlere Gewichtsreduktion von 3,2 Prozent ± 3,0 Prozent im Vergleich zum Ausgangsgewicht erzielt werden. Der Unterschied zur Kontrollgruppe war laut BfArM-Website statistisch signifikant. Während 58,3 Prozent der Interventionsgruppe das Gewicht um mehr als 3 Prozent reduzierte, gelang dies in der Kontrollgruppe lediglich 10,8 Prozent.

Während die Interventionsgruppe die App für zwölf Wochen nutzte, blieb die Kontrollgruppe im Studienzeitraum zunächst ohne Behandlung. Nach zwölf Wochen erhielt auch die Kontrollgruppe Zugang zur DiGA. Zum Start sowie nach 12 und 24 Wochen wurde bei allen Teilnehmenden das Körpergewicht überprüft. Daneben wurden auch Änderungen in puncto gesundheitsbezogener Lebensqualität, Körperzusammensetzung und Fettmasse erhoben sowie die Benutzerfreundlichkeit und -akzeptanz der App ermittelt.

Nach 24 Wochen (Follow-up) hatten 37,3 Prozent der Teilnehmenden aus der Interventionsgruppe die Gewichtsabnahme beibehalten, 25,4 Prozent konnten sogar noch weiteres Gewicht verlieren. Auch in Bezug auf die Abnahme der Fettmasse konnte in der Studie ein signifikanter Vorteil für die Interventionsgruppe gezeigt werden. Für die Verbesserung der Lebensqualität (ermittelt via Fragebogen) wurden lediglich „Tendenzen“ festgestellt.

Wie funktioniert Oviva Direkt?

Oviva Direkt basiert auf einem multimodalen Ansatz, welcher Elemente der Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie umfasst. Das Programm verfolgt das Ziel, das Verhalten der Nutzenden dahingehen zu verändern, dass ein gesundheitsfördernder Lebensstil entsteht. Zu diesem Zweck setzt die App auf die drei Kernelemente: Selbstmonitoring, Selbstmanagement und Patientenedukation (Aufklärung über das Krankheitsbild).

In der App werden regelmäßig zahlreiche Parameter wie Mahlzeiten, Aktivität, Gewicht, Blutzucker, Blutdruck und Stimmung erfasst und zur Veranschaulichung grafisch aufbereitet. Auf Basis der daraus gewonnenen Erkenntnisse wird das Selbstmanagement geschult. Die Nutzenden erhalten entsprechende Hinweise, Aufgaben sowie Feedback und können sich eigene Ziele setzen, etwa in Bezug auf die Ernährungsumstellung oder sportliche Aktivität. Parallel dazu erhalten die Anwendenden multimediale Hintergrundinformationen zum Gewichtsmanagement und einem gesunden Lebensstil sowie dazu passende Übungen.

Die Anwendung ist kontraindiziert bei Hypothyreose, Diabetes mellitus Typ 1, Störungen der Hypophyse sowie Cushing-Syndrom. Weitere Ausschlusskriterien sind unter anderem aktive Essstörungen, schwere psychische Erkrankung, BMI > 40 kg/m², Schwangerschaft und Stillzeit. 


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