Diabetes-Studie: Durch sechs neue Prädiabetes-Subtypen Krankheitsrisiko ermitteln – Heilpraxis

Sechs Subtypen bei Prädiabetes identifiziert

Als Prädiabetes wird eine Vorstufe von Diabetes bezeichnet, bei der die Krankheit noch nicht ausgebrochen ist, die Blutzuckerwerte aber schon erhöht sind. Betroffene haben ein deutlich erhöhtes Risiko, später an der sogenannten Zuckerkrankheit zu erkranken. Forschende berichten nun, dass sie sechs verschiedene Subtypen von Prädiabetes identifiziert haben.

Wie die Deutsche Diabetes-Hilfe auf ihrem Internetportal „diabetesde.org“ erklärt, bezeichnet Prädiabetes eine Vorstufe des Diabetes Typ 2. Dabei ist der Zuckerstoffwechsel bereits gestört, obwohl noch kein Diabetes vorliegt. Die Blutzuckerwerte sind aber bereits auffällig. Doch Prädiabetes ist nicht gleich Prädiabetes, berichten Forschende nun. Sie haben sechs verschiedene Subtypen davon entdeckt.

Unterschiede in der Krankheitsentstehung

Laut einer aktuellen Mitteilung des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) gibt es bei Menschen im Vorstadium des Typ-2-Diabetes sechs klar abgrenzbare Subtypen, die sich in der Krankheitsentstehung, dem Risiko für Diabetes und der Entwicklung von Folgeerkrankungen unterscheiden.

Das hat eine Studie des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen, des Universitätsklinikums Tübingen und des DZD gezeigt.

Die Ergebnisse sind vor kurzem in der Fachzeitschrift „Nature Medicine“ erschienen. Die neue Einteilung kann künftig helfen, durch eine gezielte Prävention die Diabetes-Entstehung beziehungsweise die Entstehung von Diabetes-Komplikationen zu verhindern.

Erhöhte Blutzuckerwerte – aber noch nicht krank

Die Zahl der Menschen mit Diabetes hat sich seit 1980 weltweit vervierfacht. Allein in Deutschland leiden sieben Millionen Menschen daran – Tendenz weiter steigend. 2040 könnte sich die Anzahl der Menschen mit Typ-2-Diabetes auf bis zu zwölf Millionen erhöhen.

Doch die Krankheit entwickelt sich nicht von einem Tag auf den anderen. Häufig durchlaufen die Personen eine längere Vorstufe des Diabetes, in der die Blutzuckerwerte bereits erhöht, aber die Menschen noch nicht krank sind.

„Bisher konnte man bei Menschen mit Prädiabetes nicht vorhersehen, ob sie einen Diabetes entwickeln und Risiken zu schweren Folgeerkrankungen wie Nierenversagen haben, oder nur eine harmlose Form von leicht höheren Blutzuckerwerten ohne bedeutsames Risiko aufweisen“, erklärt Prof. Dr. Hans-Ulrich Häring, der die Studie vor 25 Jahren initiiert hat.

Eine solche Unterscheidung ist aber wichtig, um der Stoffwechselerkrankung gezielt vorbeugen und so der Diabetes-Pandemie entgegenwirken zu können. Einem Forschungsteam aus Tübingen ist jetzt ein wichtiger Durchbruch gelungen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben mit Hilfe der Clusteranalyse bei Menschen mit Prädiabetes sechs verschiedene Subtypen mit unterschiedlichem Diabetes-Risiko entdeckt.

Den Forschenden zufolge ermöglicht eine differenzierte Einteilung des Prädiabetes und des Diabetes, eine an die Krankheitsentstehung angepasste individuelle und frühe Prävention und Therapie von Diabetes und seinen Folgeerkrankungen zu betreiben.

Stoffwechsel detailliert untersucht

Wie in der Mitteilung erklärt wird, hat die Arbeitsgruppe um Prof. Häring und Prof. Fritsche im Universitätsklinikum in Tübingen den Stoffwechsel von noch als gesund geltenden Personen mit Prädiabetes detailliert untersucht.

Die Probandinnen und Probanden (n=899) stammen aus der Tübinger Familienstudie und der Studie des Tübinger Lebensstilprogramms, die in den vergangenen 25 Jahren in Tübingen wiederholt intensiv klinisch, laborchemisch, kernspintomografisch und genetisch untersucht wurden.

Anhand von für den Stoffwechsel wichtiger Kerngrößen wie unter anderem Blutzuckerwerten, Leberfett, Körperfettverteilung, Blutfettspiegel und genetisches Risiko konnten die Forschenden sechs Subtypen des Prädiabetes identifizieren.

„Wie beim manifesten Diabetes gibt es auch im Vorstadium des Diabetes unterschiedliche Krankheitstypen, die sich durch Blutzuckerhöhe, Insulinwirkung und Insulinausschüttung, Körperfettverteilung, Leberfett sowie genetischem Risiko unterscheiden“, so Erstautor Prof. Dr. Robert Wagner vom DZD Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen.

Einteilung in anderen Kohorten bestätigt

Den Angaben zufolge zeichnen sich drei dieser Gruppen (Cluster 1, 2 und 4) durch ein niedriges Diabetes-Risiko aus. Die Teilnehmenden des Cluster 1 und 2 waren gesund. Dabei gehören dem Cluster 2 vor allem schlanke Personen an. Sie haben laut den Fachleuten ein besonders niedriges Risiko, an Komplikationen zu erkranken. Das Cluster 4 bilden übergewichtige Menschen, deren Stoffwechsel aber noch relativ gesund ist.

Die drei übrigen Subtypen (Cluster 3, 5 sowie 6) gehen mit einem erhöhten Risiko für Diabetes und / oder Folgeerkrankungen einher. Personen, die dem Subtyp 3 angehören, bilden zu wenig Insulin und haben ein hohes Risiko an Diabetes zu erkranken. Menschen aus dem Cluster 5 weisen eine ausgeprägte Fettleber und ein sehr hohes Diabetes-Risiko auf, da ihr Körper resistent gegen die blutzuckersenkende Wirkung von Insulin ist.

Beim Subtyp 6 treten bereits vor einer Diabetes-Diagnose Schädigungen der Niere auf. Hier ist auch die Sterblichkeit besonders hoch.

Lässt sich die Einteilung in sechs Prädiabetes-Subtypen aber auch in anderen Kohorten bestätigen? Um das zu untersuchen, haben die Forschenden das Verfahren auf beinahe 7.000 Teilnehmende der Whitehall II Kohorte in London ausgeweitet und dort ebenfalls die sechs Untertypen des Prädiabetes identifiziert.

Einteilung in Risikogruppen

Die Forschenden planen bereits weiter. „In den nächsten Schritten werden wir zuerst in prospektiven Studien prüfen, wie weit die neuen Erkenntnisse für die Einteilung von einzelnen Personen in Risikogruppen anwendbar sind“, sagt Prof. Dr. Andreas Fritsche vom Universitätsklinikum Tübingen.

Falls dies der Fall sein sollte, könnten Menschen mit hohem Risikoprofil künftig früh erkannt und spezifisch behandelt werden.

„Ein Ziel des DZD ist es, präzise Präventions- und Therapiemaßnahmen zu entwickeln, d. h. die passende Prävention oder Behandlung für die richtige Personengruppe zur richtigen Zeit“, so DZD-Vorstand Prof. Martin Hrabě de Angelis.

„Die Verbindung aus tiefgehender klinischer und molekularer Forschung mit modernster Bioinformatik hat dieses auch international wichtige Ergebnis ermöglicht. Die Identifizierung von Subtypen im Vorstadium des Typ-2-Diabetes ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer Präzisionsmedizin bei der Prävention des Diabetes und seiner Begleiterkrankungen.“ (ad)

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