COVID-19: Wie wirksam ist die Behandlung mit Blutplasma? – Heilpraxis

Blutplasma für COVID-19-Erkrankte „kein Wundermittel“

Die Behandlung von COVID-19 mit Blutplasma, das aus dem Blut von Genesenen gewonnen wurde, war insbesondere zu Beginn der Coronavirus-Pademie eine der wenigen erfolgversprechenden Therapieoptionen. Erste wissenschaftliche Auswertungen dieses Ansatzes zeigen nun, dass durchaus ein positiver Effekt dieser Behandlung mit Rekonvaleszentenplasma festzustellen ist, Wunder lassen sich jedoch nicht erwarten.

Als im Frühjahr immer mehr schwerkranke COVID-19-Patientinnen und -Patienten behandelt werden müssen, heißt eine Hoffnung: Rekonvaleszentenplasma. Ein Dreivierteljahr später ziehen Fachleute jetzt ein vorsichtiges Fazit.

Im August berichteten Forschende des Houston Methodist Hospitals in Texas bereits von ersten wissenschaftlichen Auswertungen, die zeigen, dass bei COVID-19 die Plasmatherapie zur Behandlung geeignet sei. Doch ist nicht für alle Betroffenen ein Erfolg zu erwarten.

Auch in Deutschland wurde die Behandlungsmethode eingesetzt. Eine Infektion mit dem Coronavirus hat den 52-jährigen Erich Altmann beinahe das Leben gekostet. An der Uniklinik Regensburg wurde er im April als einer der ersten schwer erkrankten COVID-19-Patienten mit Rekonvaleszentenplasma behandelt.

Die Wirksamkeit der Methode, bei der Antikörper aus dem Blutplasma genesener Corona-Infizierter jenen Patienten helfen soll, bei denen sich im Blut keine Antikörper bilden, blieb jedoch umstritten.

Kein Wundermittel – aber unterstützende Maßnahme

Bei Altmann jedenfalls wurde das heimtückische Virus eliminiert und konnte im Blut nicht mehr nachgewiesen werden. Nach 14 Wochen im Koma, davon lange an die Lungenmaschine angeschlossen, hatte er es geschafft. Die Folgen der Erkrankung werden ihn noch lange begleiten.

Bundesweit hatten Universitätskliniken im April um Blutplasma-Spenden gebeten. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) genehmigte eine große Studie (Capsid) hierzu, an der sich Kliniken aus dem ganzen Land beteiligen. Ein Dreivierteljahr später ziehen Fachleute nun ein erstes vorsichtiges Fazit zur Behandlung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten mit Blutplasma.

In der Uniklinik in Regensburg sind seit April etwa 90 Menschen mit der Methode behandelt worden. Thomas Müller, Leiter der Intensivmedizin, bilanziert: „Die Gabe von Rekonvaleszentenplasma ist kein Wundermittel.“ Für bestimmte Betroffene könne sie aber eine unterstützende Maßnahme sein. Das gelte vor allem für Patientinnen und Patienten, die sich in einem frühen Stadium der Erkrankung befinden beziehungsweise bei denen COVID-19 einen mittelschweren Verlauf nimmt.

Vorteile im frühen Erkrankungsstadium

„Bei COVID-19 gibt es noch keine wirklich effektive Therapie“, sagt Müller. Erkrankte mit schweren Symptomen werden – wenn die Sauerstoffgabe nicht mehr ausreicht – in der Regel beatmet oder gar an die Lungenmaschine angeschlossen. Zudem können sie das zugelassene Cortisonpräparat Dexamethason und die antivirale Arznei Remdesivir erhalten.

Beim Robert Koch-Institut (RKI) heißt es, die virusspezifischen neutralisierenden Antikörper „scheinen eine Schlüsselrolle bei der Viruselimination“ zu spielen. In dem Blutplasma befänden sich zudem unter anderem Proteine wie das entzündungshemmende Zytokin, so dass eine Transfusion bei COVID-19 „vorteilhaft sein könnte“.

Auch Holger Hackstein, Leiter der Transfusionsmedizin an der Uniklinik Erlangen, sieht gewisse Vorteile für Patientinnen und Patienten in einem frühen Erkrankungsstadium. Werde Erkrankten,die keine Antikörper gebildet haben, Blutplasma verabreicht, gehe die Virenlast zumeist zurück und auch die Entzündungswerte verbesserten sich, sagt er.

Ins alte Leben zurückfinden

Patient Altmann ist froh über die Möglichkeit der Blutplasma-Gabe. Ihr Anteil an der Genesung ist jedoch unklar. Der 52-Jährige kämpft sich jetzt in sein früheres Leben zurück. Er muss alles neu lernen: laufen, sprechen, essen.

Eine so lange Zeit im Koma führe bei den Betroffenen zu einer schweren Muskelatrophie, die sich auch auf die Nerven auswirke, erläutert Helge Matrisch, Chef der Neurologie in der Rehaklinik Schaufling. Zudem bedeute COVID-19 einen erheblichen Sauerstoffmangel im Blut. Nach dem Koma seien die Betroffenen nicht in der Lage, auch nur den Arm leicht anzuheben. Die Reha dauere meist Monate und Jahre.

In der niederbayerischen Klinik sitzt Altmann im Rollstuhl und sagt: „14 Wochen im Koma. Als ich das erfahren habe, das war ein Schock.“ Bei der Rehabilitation lässt er sich nicht unterkriegen. Zurzeit übt er mit seinem Physiotherapeuten das Gehen mit einem Unterarmrollator und sagt trotz allem froh gelaunt: „Mir geht es gut.“ Der Rückhalt von Familie, Freunden und Kollegen sporne ihn an.

Seine optimistische Einstellung hat ihm das Virus nicht genommen. Und verstecken will er sich auch nicht. „Maskenverweigerer und Coronaleugner können sich bei mir gerne anschauen, welche schlimmen Folgen COVID-19 hat.“ (fp: Quelle: Ute Wessels, dpa)

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