Coronavirus im Kreis Heinsberg: Situation nimmt bedrohliche Ausmaße an
Die Coronavirus-Zahlen in NRW steigen weiter. Noch trifft das Virus die NRW-Wirtschaft nicht mit ganzer Wucht. Aber es drohen Probleme in der Gesundheitsversorgung – schließlich brauchen auch ganz normale Kranke einen Arzt.
Das Coronavirus breitet sich in Nordrhein-Westfalen weiter aus. Zum ersten Mal hat die Zahl der nachgewiesenen Infizierten am Dienstag im Bundesland die 100er-Marke überschritten. Mit Abstand die meisten Patienten – auch bundesweit – gibt es weiter im Kreis Heinsberg. Die NRW-Wirtschaft bekommt die Auswirkungen des Virus bisher kaum zu spüren. Aber Mangel an Schutzausrüstung und vorsorgliche Quarantäne-Anordnungen in Arzt-Praxen und Krankenhäusern belasten die Gesundheitsversorgung in NRW – am stärksten im Kreis Heinsberg.
Dort seien die drei vorhandenen Krankenhäuser durch vorgeschriebene Quarantäne-Auflagen "hochgradig behandlungsbehindert", hieß es in einem Brief der Kreisstelle der kassenärztlichen Vereinigung und des Heinsberger Landrates Stephan Pusch. Die Belastung durch verunsicherte Patienten sei enorm. Ein "Zusammenbruch der medizinischen Versorgung an der Basis" sei nicht mehr auszuschließen.
Die "medizinische Situation im Kreis Heinsberg eskaliert und nimmt bedrohliche Ausmaße an", heißt es in dem Brief weiter. Ein Zusammenbruch der medizinischen Versorgung an der Basis und in den Krankenhäusern sei nicht mehr auszuschließen. "Wir brauchen dringend Hilfe (…)".
Krankenhäuser weichen von geltenden Empfehlungen ab, um Betrieb zu sichern
Hausärzte aus dem Ruhrgebiet beklagten in einem Brandbrief mangelnde Ausstattung mit Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln. Die Haus- und Kinderärzte sollen "ungeschützt an die Front geschickt werden", heißt es in dem Schreiben, das die Ärztliche Qualitätsgemeinschaft Witten (ÄQW), ein Zusammenschluss der meisten Ärzte aus der Ruhrgebietsstadt, an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und seinen nordrhein-westfälischen Amtskollegen Karl-Josef Laumann (beide CDU) geschickt hat. Die Zeitung "WAZ" hatte zuvor berichtet.
Um den Betrieb in den Krankenhäusern zu sichern, weichen Stadt und die Region Aachen seit Dienstag von geltenden Empfehlungen des Robert Koch-Instituts ab. Bei einer Infektion in der Belegschaft auf einer Station werden Mitarbeiter ohne Krankheits-Symptome nicht mehr automatisch unter Quarantäne gestellt, wie die RKI-Empfehlung vorsieht.
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Nachdem das Virus am Montag bei einer Pflegekraft des Uniklinikums Aachen auf der Frühgeborenen-Intensivstation nachgewiesen wurde, drohte die Schließung der kompletten Station wegen der Quarantäne-Regelung: Die Frau hatte Kontakt zu 45 Kollegen. Die Regelung könnte perspektivisch den Betrieb ganzer Krankenhäuser gefährden, begründeten die Krisenstäbe ihre Entscheidung.
Mehr als 240 Infizierte in Deutschland
Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen stieg nach Angaben des Robert Koch-Instituts (Stand 10.00 Uhr) am Mittwochmorgen auf 240. Inzwischen dürfte die Zahl aber weitaus höher liegen. Die Coronavirus-Infektionen steigt sprunghaft an.
Der Großteil der Infizierten sind weiterhin Menschen aus dem Kreis Heinsberg. Dort sind inzwischen 104 Menschen nachweislich mit Sars-CoV-2 infiziert (12:47 Uhr). Noch am Mittwochmorgen waren in Heinsberg lediglich 87 Fälle bekannt.
In Heinsberg soll die Normalität Schritt für Schritt einsetzen: Am Dienstag öffneten die Kreisbehörden, allerdings eingeschränkt, für den Publikumsverkehr. Nächsten Montag sollen Schulen und Kindergärten wieder öffnen. Sorgenkind ist aber die medizinische Versorgung. Landrat Stephan Pusch appellierte in seinem Facebook-Video an Ärzte in Ruhestand, den Kreis in dieser Ausnahme-Situation zu unterstützen.
Auch wenn einzelne Unternehmen empfindlich betroffen sind – noch trifft das Virus die NRW-Wirtschaft noch nicht sehr stark. Der größte Teil der nordrhein-westfälischen Unternehmen spürt nach Erkenntnissen des Wirtschaftsministeriums noch keine Auswirkungen der Coronavirus-Krise. Deutliche Einbußen hätten allerdings Tourismus, Logistik und das Messewesen zu verkraften, sagte NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) am Dienstag in Düsseldorf.
Gleiches gelte für Unternehmen, die auf Zulieferungen aus China angewiesen seien. "Corona ist konjunkturell die große Unbekannte", sagte der Minister bei der Vorlage des aktuellen Konjunkturberichts für NRW. "Seriös beziffern lässt sich das nicht."
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