Corona-App zum Download bereit: Das müssen Sie über das Covid-19-Tracing wissen

Die mit Spannung erwartete Corona-Warn-App steht nun zum Download bereit – mit einiger Verspätung, aber dem Segen der Datenschützer und kaum teurer als geplant. Was die App kann, wie Sie sie nutzen und ob sie sicher ist, lesen Sie hier.

Eigentlich sollte es schon im April so weit sein, dass Smartphones in Deutschland zur Bewältigung der Corona-Krise beitragen sollten. Es dauerte aber, bis technische Probleme, Kompetenzgerangel und Zweifel der Datenschützer überwunden waren. Jetzt ist die deutsche Corona-Warn-App da und steht zum Download bereit.

  • Link zum Download im Google-Play-Store
  • Link zum Download im App-Store von Apple

Laut ARD-Deutschlandtrend wollen 42 Prozent die App auf ihr Smartphone laden, fast ebenso viele (39 Prozent) haben vor, es nicht zu tun. Möglicherweise liegt das daran, dass vielen Menschen nicht ganz klar ist, was die Corona-Warn-App eigentlich soll. Hier sind die wichtigsten Antworten.

Wozu ist die App gut?

Zweck der App ist es nachzuvollziehen, mit wem ein Covid-19-Patient Kontakt hatte, bevor er positiv getestet wurde und sich in Quarantäne begeben musste. Sie soll dadurch helfen, Corona-Infektionsketten schneller zu erkennen, nachzuverfolgen und zu durchbrechen. Die App übernimmt quasi die Aufgabe der Gesundheitsämter bezüglich der Kontaktverfolgung. Das kann sehr wichtig werden, falls es zu einer zweiten Welle kommt, die manche Experten für Herbst oder Winter befürchten.

Wird ein Nutzer positiv getestet und dieser Status in der App erfasst, werden andere Anwender per Push-Nachricht informiert, dass sie sich an einem bestimmten Tag in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben. Niemand erfährt allerdings, wer diese Personen waren. Welche Warnhinweise und Handlungsempfehlungen die Nutzer konkret von der App bekommen, war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht klar. Selbst die Gesundheitsämter könnten darüber noch keine Auskunft geben und würden erst im Laufe dieses Tages mehr erfahren, so Ute Teichert, Vorsitzende des Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.

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Wie funktioniert das?

Die App zeichnet auf, wenn sich zwei Smartphones mit derselben Funktion länger als 15 Minuten und näher als zwei Meter aufgehalten haben. Per Bluetooth wird dafür in kurzen Abständen eine Identifikationsnummer in die nähere Umgebung gefunkt. Gleichzeitig nimmt das Telefon entsprechende Bluetooth-Signale von anderen auf. Halten sich Nutzer, die beide die App laufen haben, für eine bestimmte Zeit nebeneinander auf, tauschen die Smartphones ihre IDs aus. Nach zwei Wochen werden alle Kontakte gelöscht, der ID-Austausch beginnt neu. Damit die App funktionieren kann, muss die Bluetooth-Funktion immer eingeschaltet sein.

Marcel Salathé, Professor für digitale Epidemiologie an der ETH Lausanne betont jedoch, dass die Messungen per Bluetooth nicht immer genau sind: „Es wird mit Sicherheit auch Fehler geben, sogenannte ,false positives‘, wo die App sagt, zwei Personen sind sich nahegekommen, obwohl diese eigentlich recht weit voneinander entfernt waren, und vice versa. Man muss sich also im Klaren sein, dass auch hier eine Unschärfe bestehen wird.“

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Auf welchen Smartphones kann die App installiert werden?

Beim iPhone ist das aktuelle iOS 13.5 Mindestvoraussetzung. Bei Android-Handys muss zum einen Bluetooth LE unterstützt werden. Das ist ab Android 6 der Fall. Zum anderen müssen aber auch die Google Play Services laufen. Android-Handys ohne Google Play Services, wie die neuesten Huawei-Modelle, bleiben außen vor.

Wie kommt die App auf mein Smartphone?

Sie sollten die Corona-App ausschließlich von den App-Stores von Google oder Apple herunterladen. Anwender können sich bei den für die App eingerichteten Hotlines bei der Installation helfen lassen. Diese helfen auch bei dem Eintrag eines positiven Testergebnisses in die App.

Wie wird Missbrauch von Positiv-Meldungen ausgeschlossen?

Positiv getestete Nutzer müssen diese Information selbst in der App eintragen. Um Troll-Meldungen zu verhindern, soll das nur mit der Verifikation durch einen Code möglich sein. Die Infizierten erhalten den Freischaltcode von der Hotline. Alternativ können die Betroffenen auch direkt einen QR-Code vom Testlabor erhalten, wenn das Labor bereits entsprechend ausgestattet ist und sie vorher angeben, die App zu nutzen.

Bin ich verpflichtet, die App zu installieren?

Die Verwendung ist freiwillig. Der Austausch der anonymisierten Kontakt-IDs via Bluetooth findet nur dann statt, wenn man die Corona-Warn-App freiwillig installiert und dem Datenaustausch zustimmt. Datenschützer weisen darauf hin, dass auch niemanden der Zugang zu privaten Räumen (Restaurants, Läden) oder Verkehrsmitteln (Taxis) ohne App verwehrt werden darf.

Funktioniert die App auch im Ausland?

Das Zusammenspiel der App mit anderen europäischen Staaten ist noch nicht gesichert. Dieses Problem soll aber nach der Veröffentlichung der deutschen App verstärkt angegangen werden.

Nachbarstaaten wie die Niederlande, die Schweiz und Österreich setzen wie Deutschland auf das von Google und Apple vorgegebene Konzept einer dezentralen Speicherung der anonymisierten Kontaktdaten auf den Smartphones selbst. Der Austausch sollte problemlos sein. Frankreich hingegen hat sich für eine zentrale Speicherung der Kontaktdaten entschieden und von dem technischen Konzept von Google und Apple abgegrenzt. Hier werde es schwierig sein, eine grenzübergreifende Kompatibilität herzustellen.

Wenn ständig Signale ausgetauscht werden, ist dann der Akku schneller leer?

Das soll die Technologie Bluetooth LE verhindern. LE steht für Low Engergy (geringen Strombedarf). Die Anwendung soll längst nicht so viel Strom verbrauchen wie das Streamen von Musik auf einen Bluetooth-Lautsprecher. Das versprechen zumindest die Entwickler der App.

Wird die Privatsphäre der Anwender geschützt?

Es werden nicht die Identitäten der Anwender ausgetauscht, sondern anonymisierte IDs, die sich mehrfach in der Stunde ändern. Die IDs der Kontaktpersonen werden nicht zentral gespeichert, sondern dezentral auf den jeweiligen Smartphones. Nur die Liste der anonymisierten IDs der Infizierten wird auf einem zentralen Server vorgehalten.

Eine Umfrage mit mehr als 5000 Teilnehmern der gemeinnützigen Organisation „Data4Life“ (Initiative des Hasso-Plattner-Instituts) hat ergeben, dass

  • 65% der Befragten inzwischen ihre Gesundheits- und Bewegungsdaten (Puls, Fieber, Vorerkrankungen; Standort, Abstandsmessungen) spenden würden.
  • über drei Viertel von ihnen dadurch motiviert wären, mit ihrer Datenspende zur Eindämmung der Covid-19 Ausbreitung beizutragen.
  • zwei Drittel von ihnen sich erhoffen, dass so schneller ein Impfstoff entwickelt werden kann.

Zum Vergleich: Bei einer repräsentativen Befragung des Deutschen Bundestages im September 2019 waren nur 38 Prozent der Teilnehmer dazu bereit, ihre Daten für die Forschung zur Verfügung zu stellen.

Ist die App generell sicher?

Die Entwickler und das Bundesgesundheitsministerium sagen: Ja. Es sollen keine Daten vom Smartphone abgegriffen werden können. Aber: Ein Forschungsteam von drei deutschen Universitäten hat bei Experimenten unter Realbedingungen gezeigt, dass ein externer Angreifer detaillierte Bewegungsprofile von Covid-19-Infizierten erstellen und unter Umständen die betroffenen Personen identifizieren kann. Zum anderen ist es durch sogenannte Relay-Angriffe möglich, die Kontaktverfolgung zu manipulieren und die Zuverlässigkeit des Kontaktnachverfolgungssystems zu beeinträchtigen.

Wie teuer kommt das Ganze den Steuerzahler?

Die Entwicklung der Corona-Warn-App des Bundes durch den Softwarekonzern SAP und die Deutsche Telekom hat rund 20 Millionen Euro gekostet. Dazu kommen Betriebskosten in Höhe von 2,5 bis 3,5 Millionen Euro monatlich. Der Großteil davon entfällt auf den Betrieb von zwei Hotlines bei der Deutschen Telekom. In den Callcentern sollen die Nutzer nicht in langen Warteschlangen landen. Außerdem wird der Service nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch und Türkisch zur Verfügung stehen.

Wie viele Menschen müssen die App nutzen, damit die Kontaktverfolgung funktioniert?

Eine Studie aus Oxford sagt, dass der volle Effekt erst dann erreicht wird, wenn sich 60 Prozent der Bevölkerung oder mehr beteiligen. Das wird aber vermutlich nicht zu erreichen sein, davon geht inzwischen auch Minister Spahn aus, der die Corona-Warn-App sehr forcierte. Bei einer ARD-Umfrage wollten nur 42 Prozent der Deutschen die App installieren, 39 Prozent sprachen sich explizit dagegen aus. Experten weisen darauf hin, dass jede Installation zählt und Effekte schon bei einer deutlich niedrigeren Quote erreicht werden können. Das wären dann auch die 42 Prozent, die sich in der ARD-Umfrage positiv geäußert hatten.

Wie erfolgreich die App letzten Endes sein wird, hänge aber auch stark davon ab, wie nützlich die Informationen sind, die sie im Endeffekt im Fall eines Verdachts herausgeben, glaubt Cornelia Betsch, Heisenberg-Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt. „Da geht es um Fragen wie: Bekommen Betroffene über die App wirklich klare Anweisungen bzw. konkrete Hinweise, wie sie mit der Warnung umgehen sollen, also ob sie sich nun etwa in eine 14-tägige Selbstisolation begeben oder direkt testen lassen sollen?“

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