Biosimilar-Austausch in der Apotheke wird um ein Jahr verschoben
Ab dem 16. August sollten Apotheken Biopharmazeutika analog zu Generika austauschen – eigentlich. Doch die heftige Kritik an dem Vorhaben ist in der Politik angekommen. Der heute beschlossene Kabinettsentwurf von Lauterbachs Spargesetz sieht einen Aufschub um ein Jahr vor. Außerdem soll der Austausch zunächst nur Mittel betreffen, die nicht von Patient:innen selbst angewendet werden, sondern von Ärzten.
Vor mehr als vier Jahren, im Juni 2016, wurde das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen. Darin enthalten war unter anderem eine Änderung in § 129 SGB V, die vorsieht, dass Apotheken ab 16. August 2022 biotechnologisch hergestellte Arzneimittel wie Generika austauschen sollen – wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) vorab eine Austauschbarkeit in Bezug auf ein biologisches Referenzarzneimittel festgestellt hat. Ist letzteres der Fall und der Arzt oder die Ärztin wollen dies nicht, hilft dann wie bei Generika auch hier das Aut-idem-Kreuz.
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Damit diese neue Regelung in der Praxis auch umgesetzt werden darf, bedarf es allerdings noch einer Änderung der Arzneimittel-Richtlinie, wo konkrete Vorgaben für die Apotheken gemacht werden. Mitte April hat der Gemeinsame Bundesausschuss ein Stellungnahmeverfahren zu seiner vorgesehenen Änderung der Arzneimittel-Richtlinie eingeleitet. Es soll ein § 40 b eingefügt werden – „Austausch von biotechnologisch hergestellten biologischen Arzneimitteln durch Apotheken“. Bis zum 20. Mai konnten die betroffenen Verbände, darunter auch die ABDA, ihre Stellungnahmen abgeben. Doch ein Beschluss ist noch nicht gefallen. Eine G-BA-Sprecherin erklärt auf Nachfrage der DAZ noch heute Vormittag, dass man dort im Moment noch von einem Beschluss Ende August ausgehe, allerdings liefen die Beratungen noch.
Ende August wäre für einen Start am 16. August definitiv zu spät. Um das festzustellen, braucht es keine großen Rechenkünste. Doch nun ist der Zeitplan ohnehin hinfällig. Laut dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Regierungsentwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz soll die Frist, bis zu der der G-BA die Kriterien für einen Austausch festzurren muss, um ein Jahr verlängert werden. Begründet wird dies mit den erheblichen Einwänden, die die Sachverständigen der medizinischen Wissenschaft und Praxis, die Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer, die betroffenen pharmazeutischen Unternehmen und die Berufsvertretungen der Apotheker vorgebracht hatten und die einer genauen Überprüfung durch den G-BA bedürften. Um die Stellungnahmen mit der gebotenen Sorgfalt auswerten und den darin geäußerten Anliegen ausreichend Rechnung tragen zu können, werde die Frist um ein Jahr auf den 16. August 2023 verlängert, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.
Zudem soll der Regelungsauftrag konkretisiert werden. In einem ersten Schritt soll der G-BA demnach zunächst Hinweise zur Austauschbarkeit von parenteralen Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bei Patientinnen und Patienten geben. Solche, die Patient:innen selbst anwenden, bleiben zunächst außen vor.
Außer den Kassen alle dagegen
Gegen die geplante automatische Substitution hatte es tatsächlich große Widerstände gegeben, vor allem von Pharmaverbänden, wie der AG Pro Biosimilars. Aber auch die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) lehnt einen automatischen Austausch von Biosimilars in der Apotheke strikt ab. „Aus Gründen der Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) sowie der Pharmakovigilanz“, wie es in einer Stellungnahme heißt. Diese Bedenken wurden offensichtlich erhört. Lediglich die Kassen, die sich von dem Austausch Einsparungen erhoffen, befürworteten die neuen Regelungen. Die müssen sich wohl jetzt noch etwas gedulden.
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