Auch weiterhin regelmäßige Überwachungen durch die Präqualifizierungsstelle

Seit Verabschiedung des ALBVVG ist bei einigen Apothekenleitungen der Eindruck entstanden, dass sie unüblich früh auditiert werden. Versuchen die jeweiligen Präqualifizierungsstellen vor Wegfall der Präqualifizierung für apothekenübliche Hilfsmittel noch möglichst viele kostenpflichtige Überwachungen durchzuführen? Die DAZ hat die vier am häufigsten von Apotheken in Anspruch genommenen Präqualifizierungsstellen um Stellungnahme gebeten.

Mit der Verabschiedung des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (ALBVVG) im Juli dieses Jahres kam einige Bewegung in die öffentlichen Apotheken. Neben dem Wegfall einiger unverhältnismäßiger Retaxgründe sowie der dauerhaften Festlegung der vereinfachten Austauschregelung für Arzneimittel gab es auch im Bereich Präqualifizierung immerhin ein wenig Grund zur Freude: Künftig soll die Abgabe apothekenüblicher Hilfsmittel nicht mehr dem Präqualifizierungsverfahren unterliegen. [1] 

Doch bis die gesetzlich festgeschriebenen Vereinfachungen zur Präqualifizierung tatsächlich greifen, dauert es noch. Zunächst müssen sich der Deutsche Apotheken Verband (DAV) und der GKV-Spitzenverband darauf einigen, bei welchen Hilfsmitteln es sich konkret um apothekenübliche handelt. Bis dahin erfordert die Hilfsmittelversorgung über Apotheken also weiterhin das übliche bürokratische Procedere mittels Präqualifizierung, inklusive der turnusmäßigen Überwachungsaudits.

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Seit Verabschiedung des ALBVVG ist jedoch bei einigen Apothekenleitungen der Eindruck entstanden, dass sie unüblich früh auditiert werden. Gerade in den sozialen Medien machen viele Betroffene ihrem Unmut dazu Luft. In den Kommentarspalten wird vermutet, dass die jeweiligen Präqualifizierungsstellen (PQ-Stellen) vor Wegfall der Präqualifizierung für apothekenübliche Hilfsmittel noch möglichst viele kostenpflichtige Überwachungen durchzuführen versuchen.

Dass anscheinend tatsächlich besonders oft Audits stattfinden, bestätigt der Post des Versicherungsmaklers Steffen Benecke. 

Ein Apotheker berichtet beispielsweise, dass er seine Repräqualifizierung erst im Oktober letzten Jahres abgeschlossen habe, er nun aber bereits Mitte August 2023 auditiert worden sei. Und dies, obwohl solche Überwachungsaudits planmäßig nur alle 20 Monate durchgeführt würden. In seinem Fall würde eine Überwachung also eigentlich erst Mitte 2024 erfolgen. Ähnliches berichtet auch eine Kollegin, welche 14 Monate nach ihrer Präqualifizierung bereits ein Überwachungsaudit zu erledigen hatte. Eine weitere Kollegin klagt über einen noch kürzeren Turnus: Nach ihrer Apothekenübernahme habe sie die Zertifizierungsurkunde erst im diesjährigen April erhalten und sei dann gerade einmal fünf Monate später bereits auditiert worden.[2]

Anlassbezogene Audits

Laut der für die Präqualifizierungsstellen zu befolgenden DIN EN ISO/IEC 17000 sind „systematisch sich wiederholende Konformitätsbewertungstätigkeit[en] als Grundlage zur Aufrechterhaltung der Gültigkeit einer Konformitätsaussage“ vorgesehen – die sogenannten Überwachungsaudits. Gemäß der Sammlung häufig auftretender Fragen (FAQ) der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) bedeutet dies, dass innerhalb des fünfjährigen Präqualifizierungszeitraumes mindestens zwei Überwachungsaudits durchgeführt werden müssen. Darüber hinaus können allerdings auch zusätzliche, anlassbezogene Überwachungstätigkeiten durchgeführt werden. Der jeweilige Anlass basiere hierbei auf den von den PQ-Stellen vorzunehmenden Risikoanalysen.[3] Inwieweit es sich bei allen aktuell von der Apothekerschaft bemängelten Fällen um solche anlassbezogene Audits handelt, lässt sich leider nicht nachvollziehen.

Nur zwei Präqualifizierungsstellen antworten auf Anfrage

Um den apothekerlichen Vermutungen trotz dessen weiter auf den Grund zu gehen, baten wir die vier am häufigsten von Apotheken in Anspruch genommenen Präqualifizierungsstellen um Stellungnahme zu den mutmaßlich häufigeren Audits. Leider beantwortete nur die Hälfte dieser PQ-Stellen unsere Fragen, eine reagierte überhaupt nicht auf unsere Anfrage. 
In seiner Stellungnahme teilte das Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens e.V. (PFI) mit, es trete der Annahme „vehement entgegen“, dass aufgrund der Gesetzesänderung noch möglichst viele kostenpflichtige Audits durchgeführt würden. Vielmehr verwies der PFI auf die bis zur Einigung von DAV und GKV-Spitzenverband fortgeltenden Regularien, wie den Kriterienkatalog des GKV-Spitzenverbands. Der Gesetzgeber habe ferner mit § 126 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) die turnusmäßige Überwachung der Leistungserbringenden durch die Zertifizierungsstellen seit 2019 gesetzlich vorgeschrieben. Bei der Umsetzung dessen hielten sich die PQ-Stellen an die Vorgaben seitens GKV-Spitzenverband sowie der DAkkS. In seiner Erklärung bezieht sich das PFI auch auf die FAQ der DAkkS sowie die darin beschriebene turnusmäßige Überwachung der Leistungserbringenden. Laut PFI haben alle PQ-Stellen „im Rahmen ihrer erklärten Unparteilichkeit“, alle von ihnen präqualifizierten Leistungserbringenden gleich zu behandeln. Demnach werden „entsprechende Überwachungen 20 Monate (1. Überwachung) und 40 Monate (2. Überwachung) nach Ausstellungsdatum der Präqualifizierung terminiert, um die Regelmäßigkeit der Überwachungen sicherstellen zu können“. [4] Das PFI schließt sich somit der auch in den Kommentarspalten der sozialen Medien vorherrschenden Einschätzung an, dass die regulären Überwachungsaudits erst 20 und 40 Monate nach der vorherigen Präqualifizierung stattfinden. Ob es auch Fälle von mutmaßlich vorschnellen Überwachungsaudits beim PFI gegeben hat, ist dieser Redaktion derzeit nicht bekannt.

Überwachungszeitpunkte nach „ca. 20 bzw. 40 Monaten“

Auch die Agentur für Präqualifizierung GmbH (AfP) teilt in ihrer Stellungnahme mit, dass ihrerseits seit Inkrafttreten des ALBVVG keine vermehrten Überwachungen durchgeführt wurden. Sie bezieht sich gleichermaßen auf die geltenden Regularien, welche die beiden regelmäßigen Überwachungszeitpunkte nach „ca. 20 bzw. 40 Monaten“ vorsehen. Zu diesem Turnus erklärt die AfP ergänzend, dass die Anforderung der Unterlagen circa 18 Monate (erste Überwachung) beziehungsweise 38 Monate (zweite Überwachung) nach Beginn der Gültigkeit der Präqualifizierung erfolge. Hintergrund sei die etwa zweimonatige Bearbeitungszeit, „die sich aus der Überwachungsbearbeitung, der Einreichfrist von 4 Wochen, eventuellen Fristverlängerungen, die durch den Kunden gestellt werden, sowie Nachforderungen aufgrund von Abweichungen“ ergebe.[5] Die vorgesehenen 20 beziehungsweise 40 Monate stellen also den angestrebten Abschluss der Überwachung – und nicht etwa den Zeitpunkt ihrer Ankündigung – dar. Diese Vorgehensweise könnte also zumindest einige der in den sozialen Medien geteilten Fälle erklären. Wobei sich das Verfahren laut AfP seit ihrer Akkreditierung im Jahr 2019 nicht geändert habe, die Anforderung der Unterlagen also schon seitdem im genannten Turnus erfolgte. 

Im Falle anlassbezogener Überwachungen informiere die AfP die Betroffenen außerdem darüber, dass es sich um solch ein zusätzliches Audit handelt. Eine Überwachung dieser Art finde allerdings nur vereinzelt statt, wenn die PQ-Stelle zwischen den regelmäßigen Überwachungen „Informationen zu Abweichungen in Bezug auf die Präqualifizierung einer Betriebsstätte“ erhalte. Seit Inkrafttreten des ALBVVG sei seitens der AfP noch keine einzige anlassbezogene Überwachung durchgeführt worden (Stand: 06.10.2023).

Direkte Nachfrage bei der betreffenden PQ-Stelle

Wo stehen betroffene Apothekenleitungen nun also? Eigenen Angaben zufolge haben sich weder bei der AfP noch beim PFI Änderungen in Bezug auf die Häufigkeit oder den Turnus der regelmäßigen Überwachungsaudits ergeben. Betroffene sollten daher in ihrem jeweiligen Einzelfall prüfen, ob es sich um ein entsprechend ausgewiesenes anlassbezogenes Audit handelt oder der vorgesehene Stichtag für den Abschluss des Audits (inkl. einer etwaigen vierwöchigen Fristverlängerung) um den turnusmäßigen Termin herum liegt. Sollte weder das Eine noch das Andere zutreffen (oder eine andere PQ-Stelle als die Genannten involviert sein), könnte gegebenenfalls eine direkte Nachfrage bei der betreffenden PQ-Stelle Licht ins Dunkel bringen. In letzter Instanz bliebe ansonsten wohl nur noch eine fachrechtliche Beratung, um die Rechtmäßigkeit der terminierten Überwachung zu klären.


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