Astrazeneca lagert riesige Mengen Impfstoff in Italien – "Keine Vorratshaltung"
Der britisch-schwedische Pharmakonzern Astrazeneca lagert in Italien 29 Millionen Dosen Corona-Impfstoff. Ein entsprechender Bericht der italienischen Zeitung "La Stampa" wurde der Deutschen Presse-Agentur (DPA) in Brüssel bestätigt. Die Entdeckung ist brisant, weil Astrazeneca bei den Lieferungen an die Europäische Union sehr stark im Rückstand ist. Statt bis zu 220 Millionen Dosen will das Unternehmen den EU-Staaten bis zur Jahresmitte nur 100 Millionen Dosen liefern. Astrazeneca wies die Darstellung zurück, dass es sich bei dem Fund in Italien um eine Vorratshaltung handele.
EU hatte Inspektion des Astrazeneca-Werks erbeten
"La Stampa" zufolge haben die Behörden das Lager mit den 29 Millionen Impfdosen bei der Inspektion der italienischen Abfüllfirma Catalent in Anagni in der Nähe von Rom entdeckt. "Wir hatten den Verdacht, dass Astrazeneca über mehr Produktionskapazität in Europa verfügte, als sie angegeben hatten", sagte ein EU-Vertreter in Brüssel der Nachrichtenagentur AFP. EU-Industriekommissar Thierry Breton habe deshalb die italienischen Behörden gebeten, das Werk zu inspizieren.
Schon geimpft oder kurz davor
Hier erzählen Betroffene, was sie vom Astrazeneca-Impfstopp halten
Zum Bestimmungsort des gefundenen Impfstoffs machte der EU-Vertreter keine Angaben. Astrazeneca hat inzwischen Informationen bestätigt, dass 16 Millionen der gefundenen Dosen für die EU und 13 Millionen für die internationale Impfinitiative Covax bestimmt seien. Nach der nötigen Freigabe solle die Lieferung "nach Europa" noch im März erfolgen. "La Stampa"-Informationen, wonach der Impfstoff nach Großbritannien exportiert werden soll, widersprach Astrazeneca. Derzeit seien keine Exporte außer in Covax-Länder geplant, so eine Unternehmenssprecherin. Zur Erklärung der Regierung von Ministerpräsident Mario Draghi in Rom, Ziel der inspizierten Impfstoffe sei Belgien gewesen, sagte die Sprecherin nichts.
Nach DPA-Informationen wurde das Vakzin in der niederländischen Fabrik Halix in Leiden hergestellt und dann in Italien abgefüllt. Die Fabrik darf bislang nicht für die EU produzieren, weil eine entsprechende Genehmigung noch nicht beantragt wurde. Astrazeneca produziert auch in Werken in Asien, die bislang nicht für die EU-Produktion zugelassen sind.
Die EU streitet seit Monaten mit Astrazeneca, weil das Unternehmen bislang deutlich weniger Corona-Impfstoff als ausgemacht an die EU-Staaten liefert. Entsprechend harsch war die Kritik nach dem Fund. "Das ist völlig inakzeptabel", schrieb der CSU-Europapolitiker Manfred Weber auf Twitter. "Ich kann mir keinen Grund denken, warum man in dieser Pandemielage Impfstoffe auf Halde legen würde", ergänzte ein EU-Vertreter.
Astrazeneca: „Kein Vorrat“
Davon könne auch keine Rede sein, betonte der Impfstoffhersteller. "Es ist nicht korrekt, dies als einen Vorrat zu bezeichnen", so die Sprecherin. Der Prozess der Herstellung von Impfstoffen sei sehr komplex und zeitaufwendig. Insbesondere müssten die Impfstoffdosen auf die Freigabe durch die Qualitätskontrolle warten, nachdem die Abfüllung der Fläschchen abgeschlossen sei, hieß es weiter.
Bis Ende März hatte das Unternehmen 100 Millionen Dosen zugesagt, weniger als ein Drittel davon wurde nach Kommissionsangaben bisher geliefert. Brüssel wirft dem Unternehmen vor, andere Länder wie Großbritannien zulasten der EU zu bevorzugen. Daher gelten bereits seit 1. Februar Exportkontrollen. Herstellern, die EU-Verträge nicht erfüllen, kann die Ausfuhr untersagt werden. Astrazeneca ist bisher die einzige Firma, bei der diese Möglichkeit einmal angewendet wurde: Italien stoppte 250.000 Impfdosen für Australien.
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