Wie sehr darf der Körper nach dem Training schmerzen?

Es zwickt und zwackt – bei der Massage, nach dem Sport oder der Wandertour. Aber ist jeder Schmerz gleich ein Alarmzeichen? Oder muss man ihn manchmal einfach aushalten?

Schmerz ist erst einmal nichts Böses, sondern eine sinnvolle Einrichtung der Natur, sagt Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. Er bewahrt uns vor schlimmeren Verletzungen. „Wichtig ist aber zu wissen, um welche Art es sich handelt“, ergänzt Physiotherapeutin Ute Merz.

Wissenschaftler unterscheiden drei Typen: den Warn-, den Alarm- und den Schädigungsschmerz.

Muskelkater: weist auf angemessene Belastung hin

„Der Warnschmerz entsteht aus der Überlastung heraus“, sagt Froböse. Bestes Beispiel: Muskelkater nach dem Sport oder nach einer ungewohnten körperlichen Belastung. Dabei bilden sich kleine Risse in der Muskulatur – und das macht sich bemerkbar. Allerdings handelt es sich nur um eine Anpassungsreaktion des Körpers, die nicht weiter schadet. Das zeigt sich auch darin, dass die gleichen Bewegungen laut Ärzteblatt über mehrere Wochen nicht erneut Muskelkater auslösen können.

„Entsteht ein Schmerz 18 bis 24 Stunden nach dem Sport, ist es in der Regel eine klassische Immunreaktion, die auf eine Überlastung hinweist“, sagt Froböse. Spürt der Trainierende nach dieser Zeit nichts mehr, war die Belastung angemessen oder sogar zu wenig.

„Auch Muskelversagen durch intensives Training fällt in den Bereich und ist harmlos“, sagt Personal Trainer Nino Herrscher. Mit zu starkem Muskelkater sollte man jedoch nicht weiter trainieren, dann würden sich die Risse noch vergrößern. Auch wenn die Schmerzen länger als fünf Tage andauern, sollte abgeklärt werden, ob es sich nicht doch um eine Zerrung handelt.

Ein weiterer Typus ist der Alarmschmerz. Im Alltag ist diese Form die häufigste – etwa durch Zahnbeschwerden, die auf eine Entzündung zurückgehen. Der Alarmschmerz tritt in der Regel ebenfalls noch auf, bevor bleibende Schäden entstanden sind. Anders ist es beim Schädigungsschmerz, der beispielsweise bei einer gerissenen Sehne oder einem Bruch entsteht.

Die Zeichen des Körpers verstehen

Schmerz kann zum Training gehören, sagt Physiotherapeutin Merz. „Manchmal muss man den Körper über eine gewisse Hürde hinaus fordern. Wir sind unglaublich anpassungsfähig.“

Die Kunst besteht dann darin, während des Trainings trotzdem möglichst wenig davon zu spüren. „Es soll ja Spaß machen“, so Merz. Wer sich nur quält, wird nicht lange durchhalten. Ist ein Druck oder Ziehen während einer Übung nicht genau einzuordnen, gilt es, alternative Haltungen zu finden und sich mit einem Trainer langsam heranzutasten.

Ebenfalls wichtig ist, die Zeichen des Körpers richtig zu deuten. Dass es beim Krafttraining nach ein paar Wiederholungen anfängt zu ziehen, lässt sich durch harmlose Ermüdungsschmerzen erklären. Kommt es jedoch zu einem plötzlich einschießenden, stechenden Schmerz, der weitere Belastungen des Muskels einschränkt, kann es sich um eine Muskelzerrung handeln.

Schmerzt ein Körperteil direkt nach dem Training – etwa das Knie – ist das ebenfalls oft Hinweis auf eine harmlose Überanstrengung, gerade bei Anfängern oder nach einer längeren Sportabstinenz. Der Körper signalisiert, dass er eine Pause braucht. In der Regel sollten die Schmerzen jedoch über Nacht zurückgehen. Bleiben sie über mehrere Tage bestehen, kommen Schwellungen hinzu. Erwärmen sich die Stellen, sollte ein Arzt die Ursache abklären.

Gefährlich ist außerdem, den Schmerz mit Medikamenten zu unterdrücken und die Pause zu überspringen. Dann drohen ernsthafte Verletzungen. Mit der Zeit verstärkt das Training Muskeln und Stützgewebe, sodass die Gelenke entlastet werden und die Probleme seltener werden.

Physiotherapie oder Massage – auch hier können Schmerzen nötig sein

Auch in der Physiotherapie oder bei der Massage kann es laut Merz notwendig sein, etwas Leid zu ertragen. Darunter fällt etwa, wenn an bestimmten Triggerpunkten die Durchblutung erhöht wird, um Verspannungen zu lösen.

Wie stark ein Mensch Schmerzen empfindet, ist sowieso sehr individuell – und trainierbar. Informationen über mögliche Schmerzen landen im Gehirn. Dieses entscheidet, ob die Situation belastend ist oder nicht, und setzt dann eine Immunreaktion in Gang. Dementsprechend ist Schmerz dynamisch. „Man kann bewusst dagegen angehen, sich ablenken oder ihn ins Handeln integrieren“, sagt Froböse.

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