Vitamin-A-Mangel macht blind: Welche Lebensmittel sie schützen – und was No-Gos sind

Vitamin A ist ein Oberbegriff für mehrere Vitalstoffe, darunter auch Betacarotin. Zwar ist ein Mangel selten, doch es gibt Risikogruppen, etwa bei Leber- oder Darmkrankheiten. Die Anzeichen für einen A-Mangel, wie Sie ihn vermeiden und wie gefährlich ganz im Gegenteil die Überdosierung sein kann.

Karotten enthalten viel Vitamin A und Beta Carotin, daher auch ihr Name, und sie sind wichtig für die Augen und das Immunsystem. Mehr wissen die meisten nicht über diese Vitalstoffe – und dabei stimmt diese Aussage teilweise sogar nicht.

Vitamin A, Provitamin A und Beta Carotin – was ist das?

Denn bei Vitamin A handelt es sich um einen Vitaminkomplex, zu dem unter anderen Retinol und Retinylester gehören. Diese Formen finden sich vor allem in tierischen Lebensmitteln.

Daneben gibt es noch als Vorstufe Provitamin A, das in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommt. „Auch bei Provitamin A gibt es verschiedene Vertreter, das bekannteste ist das Beta Carotin“, erklärt Andrea Henze, Ernährungswissenschaftlerin an der Universität Potsdam. Der Körper muss Provitamin A wie zum Beispiel Beta Carotin in Vitamin A umwandeln, damit es genutzt werden kann. Diese Aufbereitung findet vor allem in Darm und Leber statt.

Beta Carotin – wie alle Provitamine A – wiederum gehört zur großen Gruppe der Carotinoide, von denen es mehr als 600 unterschiedliche gibt. Alle haben die Eigenschaft, als natürlicher Farbstoff Pflanzen gelb, orange, rot zu färben und finden sich daher in vielen orange-roten Gemüsesorten. „Aber auch grünes Gemüse wie beispielsweise Spinat kann viele Carotinoide enthalten“, ergänzt die Wissenschaftlerin, die zum Thema Vitamin A auch forscht. In grünen Gemüsen wird die orange-rote Farbe der Carotinoide jedoch durch den grünen Pflanzenstoff Chlorophyll überdeckt.

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Die Funktion von Vitamin A

Vitamin A ist lebenswichtig. „Wir brauchen Vitamin A für fast alle Körperfunktionen, weil es die Differenzierung der Zellen ermöglicht“ erklärt Andrea Henze. Das bedeutet, unter dem Einfluss dieses Vitalstoffs kann die Zelle eine Hautzelle, eine Schleimhaut- oder Nervenzelle werden. Die weiteren Funktionen von Vitamin A:

  • Immunsystem: Vitamin A fördert vor allem die Entwicklung der Lymphozyten und damit eine starke Immunantwort auf fremde Stoffe und Krankheitserreger.
  • Haut und Schleimhäute: Es sorgt für gesundes Zellwachstum und Zellintegrität, verhindert damit Risse und andere Schäden, verbessert die Wundheilung, regeneriert also. Vitamin A wirkt in diesem Sinne auch am Lungenepithel und unterstützt die ständige Erneuerung der feinen Flimmerhärchen, die die Lungenoberfläche auskleiden. Ähnlich ist das auch im Darm mit dem Darmepithel. Für diese ständige Erneuerung ist Vitamin A zuständig.
  • Blutbildung: Vitamin A fördert die Bildung der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und verbessert damit den Sauerstofftransport in jede Zelle.
  • Knochen: Es beeinflusst die Einlagerung von Kalziumphospat in den Knochen.
  • Fortpflanzung und Fruchtbarkeit: Vitamin A ist extrem wichtig für die Bildung gesunder Eizellen und Spermien sowie für die Embryonalentwicklung. „Aus Studien weiß man, dass Vitamin-A-Mangel bei Tieren häufig Unfruchtbarkeit hervorruft oder falls doch eine Befruchtung stattfindet, der Nachwuchs Missbildungen der Gliedmaßen aufweisen kann“, ergänzt die Wissenschaftlerin.
  • Sehen: Vitamin A ist im Auge als Farbstoff wichtig, der den Sehvorgang ermöglicht. Dabei spielt es die tragende Rolle für den Nervenimpuls, der durch den Lichteinfall ausgelöst wird, und ans Gehirn gesendet wird. Vitamin A vermittelt sozusagen diese Signalkaskade beim Sehvorgang. Getty Images/iStockphoto

    Vitamine für die Gesundheit

Vitamin A wirkt nicht antioxidativ

Vitamin A ist zwar rein chemisch gesehen ein Antioxidans, spielt im Körper jedoch in diesem Zusammenhang keine Rolle, etwa wegen der Bindung an Transportproteine und der intrazellulären Lokalisation. Wie häufig angenommen wird, ist es also kein Radikalenfänger und schützt nicht vor „Zellrost“, also Oxidation. „Vitamin A hat in diesem Zusammenhang keine direkte Wirkung, nur eine indirekte“, erklärt Andrea Henze genauer: So erhöht Vitamin A die Absorption von Vitamin E und Selen im Darm, die antioxidativ wirken.

Pro-Vitamine A wie Beta Carotin können hingegen eine antioxidative Wirkung im Körper entfalten, bevor sie zu Vitamin A umgewandelt werden.

Warum ist diese Unterscheidung wichtig? Andrea Henze erklärt, warum man am besten sowohl tierische als auch pflanzliche Vitamin-A-Quellen nutzen sollte: Nur dann lässt sich das gesamte Wirkungsspektrum dieser Vitalstoffe voll nutzen.

Lebensmittel, die reich an Vitamin A und Beta Carotin sind

Unter den tierischen Lebensmitteln sind folgende besonders reich an Vitamin A:

  • Rinderleber
  • Schweineleber
  • Geflügel
  • Butter
  • Käse
  • Eier

Bei den pflanzlichen gelten diese Obst- und Gemüsesorten als gute Provitamin A-Lieferanten:

  • Karotten
  • Kohl
  • Spinat
  • Aprikosen
  • Paprika

Vitamin A-reiche Lebensmittel richtig lagern und zubereiten

Vitamin A ist lichtempfindlich, die Lebensmittel sollten also dunkel gelagert werden. Außerdem ist der Vitalstoff relativ hitzestabil und fettlöslich. Das bedeutet, es ist an Fett gebunden und kann damit am besten vom Körper absorbiert werden.

Bei den tierischen Quellen ist dies meist gegeben oder durch die Zubereitung bedingt, etwa wird die extrem fettarme Leber in Öl gebraten. Für die Vorstufe Vitamin A gilt jedoch, dass entsprechendes Gemüse gemeinsam mit Fett zubereitet werden sollte. „In Untersuchungen zeigte sich, dass es, zerkleinert und mit etwas Fett angedünstet, vom Körper besonders gut aufgenommen wird“, berichtet Andrea Henze. Das Zerkleinern ist wichtig, damit das Provitamin aus den zellulären Strukturen freigesetzt wird.

Ein Beispiel: Karottengemüse, kleingeschnitten und mit etwas Distelöl angedünstet, versorgt den Körper besser mit dem Vitamin als rohe Möhren zu knabbern.

So viel Vitamin A brauchen Sie täglich

Der Tagesbedarf an Vitamin A liegt laut Referenzwert der Deutschen Gesellschaft für Ernährung bei rund einem Milligramm pro Tag. Das ist jedoch etwas vereinfacht. In der Ernährungswissenschaft werden andere Einheiten benutzt, der Bedarf wird als sogenannte Retinoläquivalente (RE) oder Retinolaktivitätsequivalente (RAE) angegeben, erklärt die Wissenschaftlerin und führt genauer aus. 1 Milligramm Retinol entspricht dabei 1 Milligram RE beziehungsweise RAE. Für Provitamin-A-Carotinoide ist die Berechnung komplexer, da hier weitere Faktoren berücksichtigt werden müssen:

  • Effizienz der Aufnahme im Darm (diese ist für Carotinoide insgesamt geringer als für Retinol oder Retinylester und hängt von der Lebensmittelmatrix ab)
  • Umwandlungseffizienz von Provitamin A in Vitamin A (diese unterscheidet sich stark zwischen den Provitamin-A-Carotinoiden, am höchsten ist sie für Beta Carotin)

Bei der Verwendung von RAE wird für Beta Carotin ein Umwandlungsfaktor von 12:1 zugrundegelegt, für alle anderen Provitamin-A-Carotinoide von 24:1. Das bedeutet, es müssen 12 Milligramm Beta Carotin beziehungsweise 24 Milligramm anderer Provitamin-A-Carotinoide mit der Nahrung aufgenommen werden, um den Bedarf von 1 Milligramm RAE zu decken. Erfolgt die Aufnahme hingegen in Form von Retinol bzw. Retinylestern (also aus tierischen Lebensmitteln), dann ist die notwendige Aufnahmemenge entsprechend geringer.

Nach dieser Rechnung ist der Tagesbedarf an Vitamin A beispielsweise mit 150 Gramm Möhren gedeckt, oder mit Mischkost: 1 Ei, 100 Gramm Gouda und 75 Gramm Möhren.

Vitamin A-Mangel betrifft bestimmte Risikogruppen

Weil diese Lebensmittel so reich an Vitamin A sind, besteht in Deutschland und anderen Industrienationen so gut wie kein Mangel an diesem Vitalstoff. Allerdings stimmt das nur auf den ersten Blick. Denn Experten unterscheiden bei der Unterversorgung zwischen primärem Mangel und sekundären Ursachen.

Primär bedeutet, dass zu wenig Vitamin A-reiche Lebensmittel gegessen werden. Das trifft hierzulande so gut wie nie zu. Sogar diejenigen, die sich nur mit Fast Food ernähren, sind ausreichend mit Vitamin A versorgt. Auch Veganer und Vegetarier bekommen genug Vitamin A über die Vorstufe.

Anders ist das jedoch mit sekundärem Mangel. Von sekundär wird in diesem Zusammenhang gesprochen, wenn der Mangel in Folge von Krankheiten entsteht. In Frage kommen dabei Verdauungskrankheiten, die die Absorption beeinträchtigen, etwa:

  • chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn
  • Zöliakie
  • chronische Lebererkrankungen, weil Vitamin A dann nicht mehr gespeichert werden kann
  • Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, weil die zur Absorption des Vitamins wichtigen Verdauungsenzyme nicht ausreichend gebildet werden.

Zusätzlich droht Unterversorgung, wenn der Vitamin A-Bedarf erhöht ist, das ist der Fall bei:

  • ausgeprägten Entzündungsprozessen
  • massiven Verletzungen wie Verbrennungen, wenn viel Hautoberfläche zerstört ist
  • Nierenerkrankungen, die dazu führen, dass Vitamin A ungenutzt mit dem Urin ausgeschieden wird
  • Alkoholmissbrauch, weil die Leberfunktion beeinträchtigt ist
  • Schwangerschaft

Vitamin A-Mangel: Symptome können dramatisch sein

In der Regel sind diese Risikogruppen ärztlich gut betreut, sodass Mangel-Symptome kaum auftreten. Ausnahme: Alkoholkranke und stark Übergewichtige mit massiver Fettleber, die keinen Arzt zu Rate ziehen. In Deutschland ist abgesehen von diesen Patienten Vitamin A-Mangel wenig bekannt. „Vitamin A-Mangel tritt vor allem in Entwicklungsländern auf, wo er sogar die Hauptursache für Blindheit ist“, ergänzt die Wissenschaftlerin. Denn eines der Anzeichen für Vitamin A-Mangel ist Nachtblindheit, die sich bis zu absoluter Erblindung steigern kann und dann auch nicht mehr behandelbar ist.

Daneben gibt es noch viele andere Ursachen für Nachtblindheit, die vor allem altersbedingt sind. So lässt die Adaptationsfähigkeit des Auges nach, etwa als Folge von grauem Star, Makuladegeneration oder Retinopathia pigmentosa (Erbkrankheit). Auf jeden Fall sollte es immer ein Arzt abklären, wenn sich das Dämmerungssehen verschlechtert.

Die anderen Anzeichen sind etwas unspezifisch

  • Infektanfälligkeit
  • trockene Haut und Augen
  • spröde Haare
  • Appetitlosigkeit
  • Muskelschwäche
  • Fruchtbarkeitsstörungen

Vitamin A-Mangel am besten natürlich ausgleichen

Wer meint, mit Vitamin A unterversorgt zu sein, sollte einfach vermehrt zu dem entsprechenden Obst und Gemüse greifen. Überdosierungen sind damit nicht möglich, weil der Körper immer nur so viel Provitamin umwandelt, wie er gerade braucht und es noch sinnvoll ist, zu speichern.

Frei verkäufliche Supplementierungen sind der nächste Schritt. Am besten lässt man sich dabei vom Arzt beraten und vertraut auf Produkte aus Deutschland. „Frei verkäufliche Produkte enthalten ausschließlich Provitamin A, eine Überdosierung ist damit schwer möglich, die Aufnahme im Darm wird bei ausreichender Menge gedrosselt“, erklärt Andrea Henze genauer.

Vorsicht vor Vitamin-A-Supplements

Vitamin A-Supplemente können dagegen problematischer sein, hier ist bei Überdosierung eine Vergiftung möglich. In Deutschland sind solche Produkte deshalb nicht frei verkäuflich, in anderen Ländern jedoch durchaus. „Vitamin-A-Supplemente sollen nur unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden und nicht zur Selbstmedikation“, warnt Andrea Henze.

Vergiftung mit Vitamin A – die ersten Anzeichen

Das Überangebot an Vitamin A bremst der Körper nämlich nicht aus, wie das bei Provitamin A meist der Fall ist. Das überschüssige Vitamin A wird vor allem in der Leber eingelagert, wird das zu viel, kann das Entgiftungsorgan nicht mehr arbeiten. „Es kommt zu einer Intoxikation“, sagt die Wissenschaftlerin. Bei Schwangeren kann das auch negative Folgen für den Embryo haben.

Die Anzeichen einer Hypervitaminose von Vitamin A:

  • Übelkeit und Kopfschmerzen,
  • das Knochengewebe wird porös.

Dauert die Überversorgung länger an, kann es sogar zum Tode kommen.

Übrigens führten hohe Dosen von Vitamin-A-Supplementen auch zu der Zunahme von Lungenkrebs bei Rauchern, wie frühere Studien warnen.

Risiko der Intoxikation durch Vitamin A gibt es durch Lebensmittel nicht – mit einer Ausnahme

Fest steht also, dass frei verkäufliche Supplemente, die vor allem Beta-Carotin enthalten, in der Regel auch bei regelmäßiger Einnahme harmlos sind. Anders ist das mit Produkten, die Vitamin A, etwa Retinol enthalten. Mit ihnen ist eine Intoxikation durchaus möglich und kann bei einer täglichen Aufnahme ab 3 Milligramm eintreten. Übrigens findet sich Retinol auch in vielen Pflegeprodukten, um die Haut jung und straff zu halten. „In diesem Zusammenhang ist keine Überdosierung zu befürchten, der Stoff geht aus der Haut nicht in den Blutkreislauf über“, beruhigt die Expertin.

Und auch mit Lebensmitteln ist die Hypervitaminose A kaum zu befürchten. „Es sei denn, sie essen mehrmals pro Woche Leber“, warnt Andrea Henze. Leber kann über 30 Milligramm pro 100 Gramm Ware enthalten und übersteigt damit den Tagesbedarf um mehr als das 30fache!

Wie tragisch das ausgehen kann, zeigt eine historische Anekdote: Vor mehr als 100 Jahren brachen drei Forscher zu einer Antarktis-Expedition auf, Douglas Mawson, Belgrave Ninnis und Xavier Mertz. Die Expedition stand unter keinem guten Stern, die Männer mussten in ihrer Not nach und nach die Schlittenhunde aufessen, um nicht zu verhungern. Mertz soll dabei auch die Lebern gegessen haben, klagte in der Folge über Bauchschmerzen, seine Haut löste sich teilweise. Nachdem er in ein Delirium verfiel, verstarb er. Experten vermuten, dass es sich um eine Vitamin-A-Vergiftung durch die Leber der Hunde gehandelt hat.

Leber deshalb nicht verteufeln

Ob die Geschichte wirklich stimmt, weiß keiner ganz genau. Wissenschaftlich gesichert ist jedoch, dass eine Hypervitaminose A durch natürliche Lebensmittel nicht zu befürchten ist, außer man ernährt sich täglich mit Leber. Abgesehen davon ist Leber übrigens ernährungsphysiologisch gesehen ein äußerst wertvolles Lebensmittel, enthält neben Vitamin A auch Eisen, Zink, Kupfer, Vitamin B12 und Folsäure, deren Versorgung mitunter kritisch ist.

Die vernünftigste Empfehlung: Ein Mangel an Vitamin A lässt sich am besten mit ausgewogener Mischkost verhindern, also viel Obst und Gemüse essen, Vollkorn- und fettarme Milchprodukte, mal etwas Fisch oder Geflügel.

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