Welche Impfung in welchen Arm?

Wurde zu Beginn der Corona-Pandemie der COVID-19-Impfstoff von Biontech zur Erst- und anschließenden Booster-Impfung in denselben Arm gespritzt, hat das Vorteile. Das zeigt eine aktuelle Studie. Doch warum ist das so und wie wichtig ist die Frage „rechter oder linker Arm?“ generell beim Impfen?

Die meisten dürften diese Frage kennen: „Welcher ist ihr Impf-Arm?“ Gemeint ist dann in der Regel, ob man eventuelle lokale Impfreaktionen eher im linken oder rechten Arm spüren möchte – beziehungsweise, wo diese einen mehr beeinträchtigen würden. Praktisch ist es unter diesem Aspekt, dass es Kombinationsimpfstoffe gibt – man bei Mehrfach-Impfungen also nicht beide Arme einer möglichen Impfreaktion aussetzen muss.

Doch: Wie sieht das bei Erst- und Auffrischimpfungen aus und hat die Frage nach dem Arm auch einen Einfluss auf die Wirksamkeit der Impfstoffe? Sollte man sich, wenn man einmal links geimpft wurde, immer wieder links impfen lassen? Oder könnte es gar von Vorteil sein, bewusst die Impf-Arme zu wechseln?

Gleicher Arm bei gleicher Impfung

Wie einer Mitteilung der Universität des Saarlandes zu entnehmen ist, hat Doktorandin Laura Ziegler genau diese Fragen wissenschaftlich untersucht. Dazu griff sie auf Daten von 303 Personen zurück, die zu Beginn der Corona-Impfkampagne ihre Erst- und Zweitimpfungen mit dem Biontech-Impfstoff erhalten hatten, heißt es. Am auffälligsten sei dabei schließlich die Beobachtung gewesen, dass die Zahl der CD8-T-Zellen zwei Wochen nach der Impfung bei einseitig (ipslateral) Geimpften deutlich höher war, als wenn kontralateral in beide Arme geimpft wurde. Daraus leitet Ziegler ab, dass „die ipsilaterale Impfung durchaus besseren Schutz generieren kann als die kontralaterale Impfung“.

Ziegler promoviert bei der Professorin für Transplantations- und Infektionsimmunologie Martina Sester. Diese weist in der Mitteilung zusätzlich darauf hin, dass sich bei ipsalateraler Impfung auch in der Antikörperreaktion ein Vorteil zeigen ließ: Deren Zahl erhöhte sich zwar nicht, sie konnten aber das Spike-Protein effektiver abfangen [1].

Publiziert wurde die Arbeit am 11. August im Journal „EBioMedicine“. Dort heißt es in der Diskussion, dass ein Grund für die stärkere Immunogenität bei ipsalateraler Impfung sein könnte, dass bei Erst- und Booster-Impfung derselbe axiliäre abfließende Lymphknoten beteiligt ist. Ob sich die Ergebnisse der Studie auf alle Impfungen übertragen lassen, wird sich noch zeigen müssen [2]. Eine Studie an Mäusen mit einem Influenza-Proteinimpfstoff beispielsweise, die im Mai 2022 im Journal „Science Immunology“ veröffentlicht wurde, unterstützt die Ergebnisse und zeigt zudem, dass die ipsalaterale Impfung auch bei heterologen Impfungen sinnvoll zu sein scheint [3].

Doch es ist nicht immer gut, in den gleichen Arm zu impfen. Werden verschiedene Impfstoffe simultan verabreicht, gelten andere Empfehlungen.

Anderer Arm bei anderer Impfung

Ein Beispiel ist die gleichzeitige Verabreichung von COVID-19-Vakzinen mit anderen Impfstoffen: Seit September 2021 empfiehlt die STIKO die Koadministration von COVID-19-Impfstoffen und anderen Totimpfstoffen – insbesondere der Influenza-Impfstoffe. Initial hatte die STIKO – vorsorglich für die genaue Differenzierung der Impfreaktionen – einen Mindestabstand von 14 Tagen zwischen COVID-19- und anderen Impfungen empfohlen. In diesem Fall erklärt die STIKO im „Epidemiologischen Bulletin“ von 30. September 2021: „Die Injektion soll in der Regel an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen. Bei einer gleichzeitigen Anwendung ist zu beachten, dass Impfreaktionen häufiger als bei der getrennten Gabe auftreten können.“ Mehrere Pharmaunternehmen arbeiten jedoch mittlerweile an der Entwicklung von entsprechenden Kombinationsimpfstoffen, was verdeutlicht, dass eine COVID-19- und eine Influenza-Impfung theoretisch auch am selben Arm erfolgen können [4].

Ganz allgemein erklärt die STIKO zu bereits am Markt befindlichen Kombinationsimpfstoffen: „Aufgrund der Wechselwirkungen der Antigene untereinander sind in kombinierten Totimpfstoffen teilweise vier Impfungen zur Grundimmunisierung notwendig, während dessen bei der Verwendung von bestimmten Einzelimpfstoffen möglicherweise drei Immunisierungen ausreichen können.“ [5]

Mindestabstand bei Impfung am selben Arm

Die International Pharmaceutical Federation (FIP) hat im Jahr 2022 eine Leitlinie für Pharmazeut:innen zur gleichzeitigen Verabreichung von Impfstoffen herausgegeben. Dieser ist zu entnehmen, dass Impfstoffe, die wahrscheinlich zu lokalen Impfreaktionen führen, in verschiedene Arme injiziert werden sollten. Besser in verschiedene Arme gespritzt werden sollten demnach Impfungen gegen COVID-19, Herpes zoster, Hepatitis A, Humane Papillomaviren, Pneumokommen- und Tetanus-Impfstoffe. Wird eine Koadministration am selben aber Arm gewünscht, ist das dennoch möglich – zwischen den Einstichstellen sollen dann mindestens 2,5 cm Abstand liegen [6].

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Zu den zeitlichen Abständen zwischen verschiedenen Impfungen erklärt die Ständige Impfkommission (STIKO) grundsätzlich, dass Lebendimpfstoffe simultan verabreicht werden können oder mit einem Mindestabstand von vier Wochen. Wird der Impfabstand unterschritten, kann dies die Wirksamkeit der Impfstoffe nämlich beeinträchtigen. Totimpfstoffe hingegen können simultan und auch ohne Einhalten eines Mindestabstands zu anderen Impfstoffen gegeben werden. Die STIKO gibt in diesem Fall lediglich den allgemeinen Hinweis, dass eine eventuelle akute Impfreaktion bis zur nächsten Impfung abgeklungen sein sollte.

Literatur

[1] Pressemitteilung der Universität des Saarlandes. Warum es besser sein kann, sich bei Mehrfach-Impfungen in denselben Arm pieksen zu lassen. 14.08.2023, www.uni-saarland.de/aktuell/impfung-arme-abwechselnd-corona-covid-26964.html

[2] Ziegler L, Klemis V, Schmidt T et al. Differences in SARS-CoV-2 Specific Humoral and Cellular Immune Responses after Contralateral and Ipsilateral COVID-19 Vaccination. EBioMedicine 2023; online first:104743, doi.org/10.1016/j.ebiom.2023.104743

[3] Science Media Center Germany. Research in context: Stärkere Immunantwort durch Impfung an gleicher Stelle. 06.05.2022, www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/research-in-context/details/news/staerkere-immunantwort-durch-impfung-an-gleicher-stelle/

[4] Epidemiologisches Bulletin von 30. September 2021, www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/39/Art_03.html

[5] Robert Koch-Institut. Sollen Impfstoffe als Kombinationsimpfungen gegeben werden? Stand: 25.06.2020, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_Impfschema/FAQ01.html

[6] International Pharmaceutical Federation (FIP). Guidance for pharmacists 2022: Optimising vaccination through coadministration of influenza and COVID-19 vaccines. www.fip.org/file/5227

[7] Robert Koch-Institut. Welche Abstände sind zwischen Impfungen einzuhalten? 25.06.2020, www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/AllgFr_Impfschema/FAQ04.html


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