Klimafreundliche Inhalatoren – eine Übersicht
Dass Dosieraerosole schlecht für das Klima sind – manche mehr, manche weniger –, wissen mittlerweile wahrscheinlich alle Apothekenmitarbeitenden. Dabei haben sie aber wahrscheinlich nicht immer eine klimafreundliche Alternative parat, die sie empfehlen können. Die DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin) hilft mit tabellarischen Übersichten. Kommen außerdem bald Inhalatoren mit klimafreundlicheren Treibgasen auf den Markt?
Im September berichtete die DAZ über die erste „S1-Handlungsempfehlung zu klimabewusster Arzneimittelverordnung“, in der es um Dosieraerosole und die darin enthaltenen klimaschädlichen Treibgase geht. Bei welchen Patient:innen kann ein Wechsel vom Dosieraerosol zum Pulverinhalator sinnvoll sein? Vor allem diese Frage möchte die Leitlinie beantworten. Gerade Apotheker:innen haben seit der Einführung der neuen pharmazeutischen Dienstleistungen mehr Spielraum, Patient:innen für diese Frage zu sensibilisieren und sie bei einer Umstellung des Inhalators zu schulen.
Doch welche Inhalationsdevices sind (heute schon) anderen vorzuziehen? Dazu gibt es mittlerweile mehrere tabellarische Übersichten, in denen es nicht nur um den grundsätzlichen Ersatz von Dosieraerosolen durch Pulverinhalatoren geht.
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Erst Ende Oktober hat die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) allerdings eine Pressemitteilung veröffentlicht, wonach Lungenärzte und Allgemeinmediziner der Meinung sind, dass es „derzeit noch keine Alternative für klimaschädliche Treibgas-Inhalatoren“ gibt. Es mangele an umweltfreundlichen Alternativgeräten, die den medizinischen Anforderungen gerecht würden, heißt es. Anlass dieser Stellungnahme ist dabei gar nicht die bereits vorgestellte neue S1-Handlungsempfehlung „Klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln“, sondern eine geplante EU-Verordnung, die „nur noch eine begrenzte Herstellung treibgasbetriebener Dosieraerosole ab 2025“ vorsehe.
Umweltfreundliche Treibgasaerosole gesucht
Zusammen mit anderen Institutionen appelliert die DGP deshalb an die Europäische Kommission, für schwer kranke Patient:innen eine Ausnahmeregelung für die Herstellung treibgasbetriebener Dosieraerosole für inhalative Medikamente bis 2030 zu erteilen. Gleichzeitig appellieren die Autor:innen der Stellungnahme an die Industrieunternehmen, Forschung und Entwicklung für alternative und umweltfreundliche Treibgasaerosole verstärkt voranzutreiben.
Wie Apotheker:innen wissen, ist es für Patient:innen nicht immer einfach, den Überblick bei den verschiedenen Inhalationssystemen zu behalten: Neben den (klimaschädlichen) treibgasbetriebenen Dosieraerosolen gibt es Sprühvernebler (System ohne Treibgas), Pulverinhalatoren und elektrische Vernebler. In der Anwendung habe jedes dieser recht komplexen Systeme Vor- und Nachteile, heißt es in der Stellungnahme. Denn nicht jedes Medikament steht in jedem beliebigen Inhalationssystem zur Verfügung. Nicht jeder Patient könne jedes System benutzen. Insbesondere für ältere Patienten mit stark beeinträchtigter Lungenfunktion seien treibgasbetriebene Dosieraerosole noch die beste Wahl.
Bis 2030 wollen die Lungenärzte gemeinsam „mit der Weiterentwicklung einer Leitlinie für die überwiegende Anzahl von Betroffenen eine Alternative anbieten, die sowohl den Patienten als auch dem erforderlichen Klimaschutz bestmöglich gerecht wird“.
Apafluran-freie Dosieraerosole
Doch es gibt schon jetzt erste Übersichten, die die Verordnung von klimafreundlichen Alternativen erleichtern. Ein erster Schritt muss gar nicht der vollständige Verzicht auf Treibgase sein. So heißt es in der aktuellen Leitlinie, dass das Treibmittel Apafluran besonders klimaschädlich ist. Denn während CO2 einen sogenannten GWP-Wert von 1 hat, wird dem am häufigsten verwendeten Treibmittel Norfluran (HFA 134a) ein GWP von 1.430 zugeordnet. GWP steht dabei für „global warming potential“. Wer bewusst Dosieraerosole mit Apafluran (HFA-227ea) meidet, das einen GWP von 3.220 hat, hilft also auch schon bei der Bekämpfung der Klimakrise, wenn er Inhalatoren mit Norfluran statt Apafluran einsetzt.
Die Leitlinie stellt in einer Tabelle dar, ob und wie Dosieraerosole mit Apafluran vermieden werden können:
Bekanntestes Beispiel für eine Kombination aus Formoterol und einem inhalativem Steroid, das laut Lauer-Taxe Nofluran als Treibmittel enthält, dürfte das Foster-Dosieraerosol von Chiesi sein. Aber auch Formodual, Inuvair und Kantos enthalten Beclometason und Formoterol ohne Apafluran, und wären somit Alternativen zum apafluranhaltigen Flutiform.
HFA 152a als neues Treibmittel in der Entwicklung
Wie Chiesi selbst im vergangenen September mitteilte, entwickelt die Firma übrigens gerade einen Inhalator „mit einem neuen Treibmittel mit niedrigem Treibhauspotential“. Enthalten sein soll HFA 152a (1,1-Difluorethan).
Für Symbicort gibt es laut der Leitlinie als klimafreundlichere Alternativen lediglich einen Pulverinhalator und kein Dosieraerosol. Pulverinhalatoren sind, wie bereits erläutert, nicht für alle Patient:innen als Alternativen geeignet, dennoch bieten sie – dort wo möglich – bereits viel Potenzial für klimafreundlichere Verordnungen. Die Ständige Leitlinienkommission der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin) hat als Implementierungshilfe für die DEGAM S1-Handlungsempfehlung zusätzlich eine tabellarische Übersicht zur Verfügbarkeit von Pulverinhalatoren mit den am häufigsten verordneten Wirkstoffen erstellt:
Wie aus der Tabelle hervorgeht, gibt es nur zwei Wirkstoffkombinationen, die es nicht als Pulverinhalatoren auf dem Markt gibt. Diese seien jedoch als treibgasfreie Sprühvernebler verfügbar. Die DEGAM verweist zusätzlich auf eine laufend aktualisierte Liste von Dr. Baptiste Frize, die noch mehr Details wie Handelsnamen auflistet. Daraus geht beispielsweise hervor, dass mit den treibgasfreien Sprühverneblern die Respimat-Systeme gemeint sind. Diese seien mit Dosieraerosolen vergleichbar, jedoch relativ teuer und benötigen in der Anwendung eine gewisse Handkraft.
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Ein weiterer Hinweis für die Praxis aus der Liste von Frize, der sich schon heute umsetzen lässt, ist: „Dosieraerosole gehören in den Arznei-Sondermüll und nicht in die Restmülltonne!“ Dazu wird auf ein Dokument des Arbeitskreises Plastik und Nachhaltigkeit in der Dermatologie verwiesen. Demnach sollen Dosieraerosole einem Schadstoffmobil, dem städtischen Gewerbehof oder einem Recyclinghof übergeben werden.
Während Industrie und Politik also an klimafreundlicheren Alternativen arbeiten, können die Gesundheitsberufe in der Praxis auch schon heute etwas für das Klima tun.
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