Ibuprofen-Suspensionen: Wie stabil sind sie?

Im Sommer waren Ibuprofen-haltige Fiebersäfte für Kinder nahezu ausverkauft. Durch die Herstellung von Individualrezepturen gelang es den Apotheken, die Versorgung der Patienten sicherzustellen. Das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker (ZL) hat die Stabilität der vom DAC/NRF entwickelten Ibuprofen-Suspensionen untersucht und nun erste Ergebnisse dazu veröffentlicht.

Herstellung aus Rezeptursubstanz leicht möglich

Ibuprofen ist in Wasser praktisch unlöslich. Flüssige Zubereitungen zum Einnehmen müssen daher als Suspension hergestellt werden. Diese Ibuprofen-Suspensionen können durch Verwendung der Rezeptursubstanz oder aus Filmtabletten auf Basis der Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC (NRF S.52.) realisiert werden. Die Grundlage kann vorgefertigt bezogen oder in der Apotheke selbst hergestellt werden.

Die Rezeptursubstanz Ibuprofen lässt sich gut mit der Grundlage benetzen und verarbeiten. Auf die Zugabe weiterer Hilfsstoffe zur Verbesserung der Benetzung oder zur Sedimentauflockerung kann daher verzichtet werden. 

Tipps zur Herstellung mit Ibuprofen-Tabletten 

Damit bei der Verwendung von Ibuprofen-Fertigarzneimitteln ein gleichmäßiges Pulver entsteht, müssen die Tabletten zunächst gut zerkleinert werden. Ein Aufweichen der Tabletten mit der Grundlage wird nicht empfohlen, da wegen des Filmüberzugs sonst größere Partikel in der Suspension entstehen können. 

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Um Gehaltsschwankungen und Verluste beim Pulverisieren der Tabletten auszugleichen, müssen die Tabletten im Überschuss vermahlen werden. Genaue Vorgaben zur Größe dieses Überschusses existieren nicht, die doppelte Menge an Tabletten erscheint dabei sinnvoll. Aus diesem Überschuss wird dann das Aliquot mit der benötigten Wirkstoffmenge abgewogen.

Herstellung mit Fantaschale und Pistill 

Die Zubereitung wird gravimetrisch nach dem dreistufigen Schema für niedrig konzentrierte Suspensionszubereitungen hergestellt, dies ist im DAC/NRF unter dem Punkt I.6.3.2. ausführlich beschrieben:

  • Zunächst wird der fein gepulverte Wirkstoff mit der Grundlage ohne Anwendung von Wärme angerieben. In Hinblick auf eine effektive Zerteilung von Agglomeraten hängt die Menge der dazu verwendeten Grundlage von der eingesetzten Menge an Pulver ab. Pulvermengen über 0,1 Gramm werden in zwei Anteilen mit dem insgesamt Vierfachen unter Abschaben angerieben.
  • Im nächsten Schritt wird die Anreibung mit der Grundlage zu einem Fünftel oder einem Zehntel der Ansatzmenge aufgestockt und unter Abschaben verrieben.
  • Diese Aufstockung wird im letzten Schritt bis zur Ansatzmenge mit Grundlage ergänzt und erneut unter Abschaben verrührt.

Untersuchung der Stabilität mittel HPLC 

Bisher lagen für die entwickelten Rezepturvorschriften keine Stabilitätsdaten vor. Das ZL hat daher die Stabilität der Suspensionen über einen Zeitraum von zwei Monaten untersucht. Geprüft wurden dabei folgende vier Zubereitungen:

  • Ibuprofen-Suspension 20 mg/ml (2 %) aus Rezeptursubstanz
  • Ibuprofen-Suspension 40 mg/ml (4 %) aus Rezeptursubstanz
  • Ibuprofen-Suspension 20 mg/ml (2 %) aus Fertigarzneimittel
  • Ibuprofen-Suspension 40 mg/ml (4 %) aus Fertigarzneimittel

Als Rezeptursubstanz kam pulverisiertes Ibuprofen (Firma Caelo) zum Einsatz, als Fertigarzneimittel wurden Ibuprofen 800 mg Tabletten (IBU 800 von 1APharma) verwendet. 

Zur Prüfung wurden jeweils drei Proben der Suspension in Klarglas-Medizinflaschen gefüllt und zwei Monate bei 25 °C und 60 % relativer Feuchte aufbewahrt. Um die Anwendung durch den Patienten zu berücksichtigen, wurden alle Proben über zwei Wochen regelmäßig für 30 Sekunden geschüttelt. Nach 7, 14 und 28 Tagen sowie nach zwei Monaten wurde der Gehalt an Ibuprofen mithilfe einer HPLC-UV-Analytik bei 220 nm bestimmt.

Untersuchung zeigt Stabilität für über zwei Monate

Die erhaltenen Ergebnisse waren eindeutig: Alle vier Rezepturen wiesen auch nach zwei Monaten einen Ibuprofen-Gehalt zwischen 90 und 110 % auf. 

Aufgrund fehlender Daten war die Aufbrauchsfrist vonseiten des DAC/NRF auf vier Wochen begrenzt worden, die vorliegenden Ergebnisse lassen nun eine Verlängerung auf zwei Monate zu. Das ZL plant eine weitere Gehaltsbestimmung nach drei Monaten, auch dabei kann von einer ausreichenden Stabilität ausgegangen werden. 

Unterschiede bei der Homogenisierung

Weiterhin müssen Suspensionen zum Zeitpunkt der Entnahme der jeweiligen Dosis eine homogene Wirkstoffverteilung aufweisen. Alle vier hergestellten Suspensionen ließen sich dazu gut aufschütteln, keine bildete ein festes Sediment.

Bei den Zubereitungen, die aus Rezeptursubstanz hergestellt wurden, konnte allerdings eine deutliche Flotation des Wirkstoffs an die Oberfläche beobachtet werden. Durch Schütteln ließen sich diese Suspensionen aber wieder gut homogenisieren. Trotzdem scheint die Tendenz zu bestehen, dass sich die aus Fertigarzneimitteln (FAM) hergestellten Suspensionen besser homogenisieren lassen. Das zeigte sich auch bei den Gehaltsbestimmungen der einzelnen Proben: Die relative Standardabweichung war bei den Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln mit 0,5 % geringer als bei den Zubereitungen aus Rezeptursubstanz (2,5 %).

Dennoch sind beide Herstellungsarten zu empfehlen und können in der Apotheke durchgeführt werden.

Relative Standardabweichung

Bei der relativen Standardabweichung (auch Variationskoeffizient genannt) handelt es sich um ein statistisches Maß. Sie wird in Prozent angegeben.

Die (normale) Standardabweichung gibt an, wie sehr die erhaltenen Messwerte um einen Mittelwert herum streuen. Bei der relativen Standardabweichung wird die Standardabweichung der Stichprobe in Relation zum Mittelwert gesetzt: Standardabweichung / Mittelwert * 100 % = rel. Standardabweichung [%]

Bei einer kleinen relativen Standardabweichung (z. B. 1 %) liegen die Messwerte nahe am Mittelwert, bei einer größeren relativen Standardabweichung (z. B. 50 %) streuen diese stärker.

Bezogen auf die Suspensionen bedeutet das, dass die Proben der FAM-Suspensionen einander ähnlicher waren (rel. Standardabweichung 0,5 %), als die Proben der Rezeptursubstanz-Suspensionen (2,5 %).

Abfüllung und Lagerung von Ibuprofen-Suspensionen

Die fertige Suspension kann in eine Braunglas- oder PET-Flasche gefüllt werden. Diese sollte groß genug sein, um ein effektives Umschütteln vor der Entnahme der Einzeldosis zu ermöglichen. Die Flaschen sollten mit dem Hinweis „Vor Gebrauch schütteln“ versehen und die Kunden bei der Abgabe auf das ausreichende Schütteln hingewiesen werden. 

Zur Entnahme der korrekten Dosis sollte die Flasche mit einem passenden Steckeinsatz für eine Kolbenpipette versehen und die Kolbenpipette entsprechend beigelegt werden. Die fertige Zubereitung kann bei Raumtemperatur aufbewahrt werden.

Praxiserfahrung zeigt: Geschmack der Suspension nicht zufriedenstellend 

Rückmeldungen aus den Apotheken haben gezeigt, dass der Geschmack der hergestellten Suspensionen nicht zufriedenstellend ist. In der Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC (NRF S.52.) ist zwar Glucose-Monohydrat enthalten, dieses hat allerdings nur eine mäßige Süßkraft und kann daher den bitteren Geschmack des Ibuprofens nur unzureichend überdecken.

Wie Erfahrungen aus der Praxis zeigen, kann auch eine Erhöhung der Glucose-Monohydrat-Menge das Geschmacksempfinden nicht wesentlich verbessern. Zudem müsste die dadurch entstehende höhere Dichte bei der Herstellung berücksichtigt werden. Weiterhin kann es auch zu einer Veränderung der Aufschüttelbarkeit kommen. 

Infrage kommt noch der Zusatz eines Flüssigaromas. Hierbei sind Konzentrationen zwischen 0,1 % und 0,5 % geeignet. Verweigert das Kind die Einnahme des Arzneimittels dennoch, kann versucht werden, die jeweilige Dosis in eine gut schmeckende Flüssigkeit wie Fruchtsaft zu geben.

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