Warum Paracetamol-Saft nicht versorgungsrelevant ist
Das BfArM bietet seit einigen Jahren eine Übersicht zu aktuellen Lieferengpässen auf seiner Webseite. Gemeldet werden die Engpässe von den Herstellern, die sich zur Meldung von Lieferengpässen für versorgungsrelevante Arzneimittel verpflichtet haben. Doch Paracetamol-Saft, der derzeit nicht zu bekommen ist, findet sich nicht auf der Liste, weil er nicht als versorgungsrelevant gilt. Wir haben nachgefragt, warum das so ist und ob der Engpass nicht trotzdem gemeldet werden kann.
Paracetamol in kindgerechter Darreichungsform ist derzeit absolute Mangelware. Zwar gibt es mit Ibuprofen als Saft und Zäpfchen eine mögliche Alternative, aber infolge des Engpasses bei Paracetamol für Kinder ist auch Ibuprofen mittlerweile mehr als knapp. Zudem ist für viele Kinderärzte und Eltern Paracetamol das Mittel der Wahl.
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Auf der Engpassliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) findet sich Paracetamol-Saft von Ratiopharm, das einzige im Markt verbliebende generische Präparat, allerdings nicht. Warum eigentlich nicht? Schließlich gibt es eine Selbstverpflichtung der Pharmaunternehmen zur Meldung von Lieferengpässen für versorgungsrelevante Arzneimittel. Doch Letzteres ist genau der Knackpunkt. Obwohl Paracetamol auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel für Kinder der Weltgesundheitsorganisation steht, erfüllt der Saft nicht die Kriterien eines versorgungsrelevanten Arzneimittels im Sinne der Selbstverpflichtung. OTC-Produkte fielen grundsätzlich nicht in diese Kategorie, erläutert Ratiopharm auf Nachfrage der DAZ. Und nur diese würden laut der Internetseite des BfArM in die Liste aufgenommen, heißt es seitens des Herstellers. Dasselbe gilt natürlich auch für die Zäpfchen.
OTC nicht versorgungsrelevant …
Ersteres bestätigt das BfArM: Der Beirat zu Liefer- und Versorgungsengpässen habe zur Definition der versorgungsrelevanten Wirkstoffe unter anderem beschlossen, dass OTC-Arzneimittel grundsätzlich nicht als versorgungsrelevant gelten.
I. Definition/Kriterien versorgungsrelevante Wirkstoffe (§ 52b Abs. 3c AMG)
Der Beirat beschließt einstimmig bei Abwesenheit der Vertretung der Interessen der Patientinnen und Patienten, der Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., den Empfehlungen der Unterarbeitsgruppe des Beirates zuzustimmen.
Diese sind im Einzelnen:
- OTC-Arzneimittel
- Arzneimittel mit einem Orphan-Status
- neue Stoffe
… aber Melden trotzdem erlaubt
Allerdings, so das BfArM weiter, könne neben den Kriterien für die Selbstverpflichtung von Unternehmen generell jeder Lieferengpass über das Portal an das BfArM gemeldet werden, also auch bei Paracetamol-Präparaten für Kinder. Dass Firmen durchaus „nicht versorgungsrelevante“ Arzneimittel melden, zeigt das Beispiel Ibuflam Kindersaft, der sich auf der BfArM-Liste findet.
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