G-BA erlaubt Ausweichen bei Impfstoffmangel

Ist aufgrund eines Lieferengpasses ein Impfstoff nicht lieferbar, dürfen Ärzte künftig auch auf Impfstoffe ausweichen, die ein zusätzliches Antigen enthalten – auch wenn für dieses zum Impfzeitpunkt keine Impfindikation besteht. Der G-BA hat diese neue Regel in der Schutzimpfungs-Richtlinie verankert, sie greift zum Beispiel beim Masern-, Mumps- und Rötelnschutz. Bei zwei Impfungen allerdings, sollten Ärzte nicht auf andere Impfstoffe ausweichen, sondern die Impfungen verschieben.

Lieferengpässe bei Impfstoffen gehören zu den täglichen Animositäten von Apotheken, Ärzten und nicht zuletzt Patienten: Mal fehlen Pneumokokkenvakzinen, mal ist der Gürtelrose-Impfstoff Shingrix® knapp, dann wieder der Grippeschutz oder der Impfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln. Was tun? 

Bislang war es so, dass Ärzte nur bei entsprechender Indikation sowohl Einzel- als auch Kombinationsimpfstoffe einsetzen konnten. Um Versorgungsengpässe – und Impfausfälle – aufgrund von Lieferschwierigkeiten zu verhindern, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nun einen weiteren Weg geschaffen: Sollten die Impfstoffe gegen Tetanus/Diphtherie/Keuchhusten (Pertussis) oder Masern/Mumps/Röteln oder Hepatitis B nicht verfügbar sein, dürfen Ärzte künftig auch auf Vakzine ausweichen, die ein zusätzliches Antigen enthalten, für das zum Zeitpunkt der Impfung keine Indikation besteht. Dies soll eine zeitgerechte Impfung ermöglichen. Rechtlich verankert steht diese neue Regelung in der Schutzimpfungs-Richtlinie, die der G-BA dafür extra angepasst hat. Seither standen dem einfachen Ausweiten des Impfschutzes wirtschaftliche Gründe entgegen, nun müssen Ärzte hier keine leistungsrechtlichen Konsequenzen fürchten.

Konkret müsste das bedeuten, dass Ärzte bei einem Engpass mit Hepatitis-B-Impfstoff beispielsweise auch die Kombination mit dem Hepatitis-A-Schutz (Twinrix) impfen dürfen. Oder bei Fehlen der MMR-Vakzinen auf die MMRV-Impfung (Masern, Mumps, Röteln, Varizellen) ausweichen können. Allerdings greift die neue Regel nicht bei allen Impfstoffen.

Keinen Austausch bei Shingrix und Pneumovax 23

So sollen bei Lieferengpässen des 23-valenten Pneumokokken-Polysaccharid-Impfstoffs (Pneumovax 23) oder des Herpes-zoster-Impfstoffs Shingrix die Ärztinnen und Ärzte nicht auf andere Pneumokokken- oder Gürtelrose-Impfstoffe ausweichen, sondern die Impfung verschieben. Vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie waren Pneumokokkenimpfstoffe knapp, sodass diese sogar importiert wurden.

Was ist mit der Hochdosisgrippeimpfung?

Doch was passiert, wenn der einzige Hochdosisgrippeimpfstoff von Sanofi Pasteur, Efluelda, in der kommenden Saison nicht verfügbar ist? Finden sich Ausweichmöglichkeiten auch für Efluelda in der geänderten Schutzimpfungs-Richtlinie? Derzeit nicht – was allerdings formale Gründe hat: „Die alternative Empfehlung der STIKO bei Lieferengpässen hinsichtlich des sogenannten Hochdosisimpfstoffes gegen Grippe kann der G-BA in seiner Richtlinie erst im kommenden Jahr umsetzen. Bis Ende März 2022 besteht durch eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums bereits der Anspruch auf den Einsatz anderer Grippeimpfstoffe. Tritt die Rechtsverordnung außer Kraft, wird der G-BA die entsprechende STIKO-Empfehlung zur Grippeschutzimpfung im Falle eines Lieferengpasses umsetzen“, erklärt der G-BA die rechtlichen Umstände. Zur Erinnerung: Die Schutzimpfungs-Richtlinie sieht für Menschen ab 60 Jahren als Standardgrippeimpfung den Schutz mit Hochdosis-Grippeimpfstoffen vor. Die Krankenkassen erstatten demnach Efluelda – aber auch nur Efluelda. Um zu verhindern, dass ab 60-Jährige bei Efluelda-Knappheit leer ausgehen und gar nicht gegen Grippe geimpft werden, hat das Bundesgesundheitsministerium eine Verordnung erlassen,  dass ab 60-jährige Versicherte auch Anspruch auf einen inaktivierten, quadrivalenten Influenza-Impfstoff mit aktueller von der Weltgesundheitsorganisation empfohlener Antigenkombination haben – also standarddosiert.

Wann besteht ein Lieferengpass?

Doch wann greift diese Austauschregel? Auch dafür hat der G-BA Rahmenbedingungen festgelegt: So muss der Impfstoff-Lieferengpass auf den Internetseiten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) gelistet sein und die Auslieferung der Vakzine für mindestens 14 Tage unterbrochen sein. Meist listet das PEI direkt Alternativen zu den Impfstoffen mit vergleichbarer Zusammensetzung, „für die häufigsten bzw. relevantesten Lieferengpässe greifen zukünftig automatisch die neuen Empfehlungen der STIKO, die vorschlagen, ob und wie alternativ ein Impfschutz sichergestellt werden kann. Ziel ist es, gerade im Säuglings- und Kleinkindalter eine rechtzeitige Immunisierung zu unterstützen“, erklärt der G-BA.

G-BA folgt Empfehlungen der STIKO

Mit der geänderten Schutzimpfungs-Richtlinie folgt der G-BA – bis auf den Grippeschutz – den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO). Diese hatte im Epidemiologischen Bulletin 23|2021 Empfehlungen für die häufigsten Lieferengpässe bei Standard- und Auffrischungsimpfungen für alle Altersgruppen herausgegeben. Der G-BA hat nun nur noch die Einzelheiten zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung in der Schutzimpfungs-Richtlinie verankert.

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