Impfstoff-Mix führt häufiger zu Nebenwirkungen – doch die Wirksamkeit bleibt gleich

Nach wie vor empfiehlt die Stiko, dass Personen unter 60, die mit Astrazeneca geimpft wurden, bei der Zweitimpfung einen mRNA-Impfstoff wie Biontech erhalten sollten. Eine neue Studie aus England zeigt nun, dass eine Kombination von Vektor- und mRNA-Impfstoffen zu einer Häufung von Nebenwirkungen führt.

Seit Nebenwirkungen mit Hirnthrombosen bei der Impfung mit Astranzeneca aufgetreten sind, ist die Skepis gegenüber dem Vektor-Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzerns groß. Auch wenn diese sehr selten auftreten, waren laut Informationen des Paul-Ehrlich-Instituts allein in Deutschland 67 Personen davon betroffen, 14 verstarben.

Dennoch haben Bund und Länder kürzlich erst die Priorisierung von Astrazeneca aufgehoben, so dass alle Impfwilligen nach ärztlichem Ermessen sich damit impfen lassen können. Zwar empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) des Robert-Koch-Instituts grundsätzlich, dass eine Immunisierung mit dem gleichen Impfstoff erfolgen sollte. In Bezug auf Astrazeneca macht sie aber eine Ausnahme: Sie empfiehlt, dass Menschen unter 60 Jahren, die zuerst Astrazeneca erhalten haben, 9 bis 12 Wochen danach mit einem der zugelassenen mRNA-Impfstoffe – also Biontech/Pfizer oder Moderna – geimpft werden sollen.

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Erhöhte Nebenwirkungen wie Fieber und Kopfschmerzen

Die ersten Daten einer Studie der Universität Oxford, die am Donnerstag im Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht wurden, zeigen nun, dass eine heterologe Impfserie, also eine Erst- und Zweitimpfung mit unterschiedlichen Impfstoffen, häufiger zu Nebenwirkungen wie Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Schüttelfrost und Gelenkschmerzen führt. Demnach erhöhe sich die Wahrscheinlichkeit für milde und moderate Nebenwirkungen nach der zweiten Dosis.

Für die Studie wurden insgesamt 830 freiwillige Männer und Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren rekrutiert, die in insgesamt vier Gruppen eingeteilt wurden: Eine Gruppe erhielt ausschließlich Biontech/Pfizer als Erst- und Zweitimpfung, eine Gruppe ausschließlich Astrazeneca als Erst- und Zweitimpfung, eine Gruppe zuerst Biontech/Pfizer und dann Astranzeneca und eine weitere Gruppe zuerst Astrazeneca und dann Biontech/Pfizer im Abstand von vier Wochen.

Im Vergleich zeigte sich in den beiden Gruppen, in denen unterschiedliche Vakzine verimpft wurden, dass sich Nebenwirkungen nach der zweiten Impfung deutlich häuften:

  • So klagten 37 von 110 Probanden (34 Prozent), die zuerst Astrazeneca und dann Biontech/Pfizer bekamen, über Fieber. Im Vergleich: In der Gruppe, die beides Mal Astrazeneca erhielt, waren es nur 11 von 112 Probanden (10 Prozent).
  • Bei 114 Probanden, die zuerst Biontech und dann Astrazeneca erhielten, bekamen 47 Fieber (41 Prozent). Im Vergleich: In der Gruppe, die beide Male Biontech/Pfizer erhielt, waren es 24 von 112 Probanden (21 Prozent).

Oxford Vaccine Group, Universität Oxford,

Auch Reaktionen wie Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Kopfweh, Gelenk- und Muskelschmerzen und leichte Schmerzen traten in den beiden Gruppen mit unterschiedlichen Impfstoffen innerhalb von 48 Stunden nach der zweiten Dosis auf. Keiner der Teilnehmenden musste ins Krankenhaus. Um Schmerzen und Nebenwirkungen zu lindern, griffen aber viele nach der Zweitimpfung zu Paracetamol:

  • 40 (36 Prozent) von 112 Teilnehmenden in der Astrazeneca-Gruppe
  • 63 (57 Prozent) von 110 Teilnehmenden in der Astrazeneca/Biontech-Gruppe
  • 48 (41 Prozent) von 117 Teilnehmenden in der Biontech-Gruppe
  • 68 (60 Prozent) von 114 Teilnehmenden in der Biontech/Astrazeneca-Gruppe

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Diese ersten Daten veranlassen die Wissenschaftler zu dem Verdacht, dass diese Nebenwirkungen nach der Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff in jüngeren Altersgruppen noch stärker ausfallen könnten. Anlass zur Sorge um die Patientensicherheit gebe es deswegen aber nicht. Ob die Immunreaktion davon betroffen ist, könne noch nicht beurteilt werden. Daten dazu würden aber in den kommenden Monaten erwartet.

„Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass die Vergabe zweier unterschiedlicher Dosen zu vermehrten Arbeitsausfällen am Tag nach der Impfung führt“, sagte Matthew Snape von der Uni Oxford, der die Studie leitet. Das sei etwa wichtig für die Planung von Impfungen bei Beschäftigten im Gesundheitsbereich. Im April wurde die Studie um weitere Varianten mit den Impfstoffen Moderna und Novavax als Zweitdosis nach einer Erstimpfung mit Astrazeneca oder Biontech/Pfizer erweitert – die Ergebnisse dazu stehen noch aus.

Gleiche Wirksamkeit bei unterschiedlichen Impfstoffen

Die Daten zur Immunogenität der Oxford-Studie, also der Immunantwort des Körpers bei einer Impfung mit unterschiedlichen Stoffen, liegen ebenfalls noch nicht vor. Experten gehen aber davon aus, dass die schützende Immunantwort des Körpers genauso ausfällt wie bei der Impfung mit ein und demselben Impfstoff. Christian Bogdan, Leiter des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Infektionsimmunologie der Universität Erlangen und Mitglied der Stiko sagte im Gespräch mit FOCUS Online, dass er keine Probleme mit Wirksamkeit und Sicherheit erwarte, wenn nach einer Erstimpfung mit Astrazeneca für die zweite Immunisierung ein anderer Covid-19-Impfstoff verwendet wird.

Obwohl Astrazeneca ein vektorbasierter Impfstoff ist und Biontech und Moderna mRNA-Impfstoffe, ist das Antigen, gegen das eine Immunantwort ausgelöst wird, dasselbe. „Bei allen drei Impfstoffen kommt es zu einer Antikörper- und T-Lymphozyten-Antwort gegen das sogenannte Spike-Protein von Sars-CoV-2“, erklärte der Mediziner.

Bessere Schutzwirkung durch unterschiedliche Impfstoffe möglich

Der Wechsel auf einen anderen Impfstoff sei bei Immunisierungen auch nichts ganz Neues, sagte er: „Sequentielle Impfungen mit verschiedenen Impfstofftypen, aber gleichen Zielantigenen werden zum Beispiel beim Nichtansprechen einer Impfung, zur Verstärkung und Erweiterung einer Impfantwort oder bei Unverträglichkeit gegenüber einer Begleitkomponente eines Impfstoffs durchgeführt.“

Stiko-Chef Mertens erklärte bereits Anfang April im ZDF, warum sich Astrazeneca und ein mRNA-Impfstoffs durchaus vertragen würden. Viele Menschen glaubten, dass dann in dem Geimpften zwei Impfstoffe „sozusagen um die Wette arbeiten“. Das sei aber nicht der Fall: „Sowohl die mRNA aus dem mRNA-Impfstoff als auch der Vektor aus dem Vektor-Impfstoff sind nach wenigen Tagen aus dem Organismus völlig verschwunden. Was übrig bleibt, ist die Immunantwort.“ Mertens meinte, dass es bei einer Zweitimpfung mit einem anderen Impfstoff sogar zu einer besseren Schutzwirkung kommen könne.

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Mit Material von dpa

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