Lebenswichtig oder überflüssig? Welche Vorsorge-Checks Sie wirklich brauchen
Von Mammografie über Darmspiegelung bis hin zu Hautscreening – wir stellen die gängigsten Checks vor und sagen, was wirklich nötig ist und welche Untersuchung Sie sich sparen können.
Wenn Ärzte, Krankenkassen und Gesundheitsminister für die gleiche Sache werben, dann muss sie wohl bedeutsam sein: Mit regelmäßigen Kampagnen werden wir aufgefordert, die Angebote zur Früherkennung von Krebs bis Herz-Kreislauf-Erkrankungen wahrzunehmen. Doch welchen Nutzen bringen diese Checks wirklich?
Wir haben die populärsten Angebote unter die Lupe genommen: sowohl solche, die von den gesetzlichen Kassen erstattet werden, als auch jene, die Patienten beim Arzt selbst bezahlen müssen. Auf einen Blick sehen Sie hier, welche Vorsorgeleistungen Sie unbedingt in Anspruch nehmen sollten, welche empfehlenswert sind und auf welche Sie auch verzichten können.
Diese Tests müssen sein
Röntgenuntersuchung der Brust (Mammographie)
Anlass: Alle zwei Jahre werden Frauen zwischen 50 und 69 per Brief zum kostenlosen Röntgen-Check der Brust gebeten. Dieses Alter gilt als Hauptrisikospanne für Brustkrebs, den häufigsten Tumor bei Frauen. Von den Eingeladenen nehmen etwas mehr als die Hälfte den Termin wahr.
Ablauf: Bei der Mammografie werden die Brüste senkrecht von oben und schräg seitlich zwischen Plexiglasplatten gedrückt und geröntgt. Auf dem Bild kann der Radiologe selbst solche Brustkrebsherde erkennen, die sich noch nicht tasten lassen. Wie gut das funktioniert, hängt jedoch stark von der Zusammensetzung der Brust ab.
Beurteilung: Das Verfahren hilft in vielen Fällen, Krebs so früh zu entdecken, dass betroffene Frauen geheilt werden können. 78 von 100 aufgespürten Tumoren zeigen noch keinen Lymphknotenbefall Doch die Mammografie hat auch Schwächen. Bei dichtem Brustgewebe können sich Knoten auf dem Röntgenbild wie hinter einem Vorhang verstecken: Etwa 60 von 100 bösartigen Tumoren bleiben in diesem Fall unentdeckt (zudem ist das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, bei hoher Brustdichte fünfmal höher als bei lockerem Gewebe). Jüngere Frauen – aber auch jede Dritte über 50 – fallen so durch die Maschen des Screenings.
Alternativen: Bei dichter, d. h. drüsenreicher Brust ist ein ergänzender hochauflösender Brustultraschall sinnvoll. Diese Mamma-Sonografie kostet zwischen 35 und 75 Euro (gesetzliche Kassen zahlen nur bei auffälligem Befund oder familiärem Risiko). Als alleiniges Verfahren eignet sich der Ultraschall nicht, weil er Vorstufen von Brustkrebs nicht sicher nachweist und seinerseits Probleme bei fettreicher Brust hat. Als leistungsfähigere Alternative zum Röntgen-Check und Brust- Ultraschall kommt die Magnetresonanztomografie (MRT) infrage. Mit über 95 Prozent Trefferquote liefert die Mamma-MRT die besten Ergebnisse. Leider bezahlen die Kassen diese etwa 500 Euro teure Untersuchung zur Früherkennung nur für Frauen mit sehr hohem Brustkrebsrisiko. Anzeige
Spiegelung des Dickdarms (Koloskopie)
Anlass: Ab 55 haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf zwei Darmspiegelungen im Abstand von zehn Jahren.
Ablauf: Mithilfe eines Gleitmittels schiebt der Magen-Darm-Spezialist (Gastroenterologe) einen flexiblen Schlauch bis zum Blinddarm vor. Beim Zurückziehen liefert die in das Endoskop eingebaute Kamera Bilder von der Darmschleimhaut, auf denen vorhandene Krebsvorstufen (Polypen) erkennbar sind. 90 Prozent aller Kolonkarzinome entstehen aus solchen gutartigen Vorstufen, die sehr langsam wachsen. Per Zange lässt sich verdächtiges Gewebe entfernen. Dank Dämmerspritze wird die unangenehme Prozedur verschlafen.
Beurteilung: Unbedingt hingehen! Laut einer US-Langzeitstudie sinkt die Darmkrebs-Sterblichkeit bei den Untersuchten um 53 Prozent. Komplikationen, zum Beispiel Blutungen, sind selten. Sie betreffen lediglich zwei bis drei von 1000 Untersuchten.
Alternativen: Ab 50 können Frauen und Männer alle ein bis zwei Jahre ihren Stuhl auf Blut untersuchen lassen. Schlägt dieser Vortest an, wird bei der Darmspiegelung nach den Ursachen gesucht. Die virtuelle Darmspiegelung per CT (für Privatzahler) ist angenehmer, gilt aber als weniger zuverlässig.
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Abstrich auf Gebärmutterhalskrebs
Anlass: Als Teil der jährlichen Krebsvorsorge für Frauen ab 20 prüft der Gynäkologe, ob die Zellen des Gebärmutterhalses Entzündungen oder frühe Anzeichen von Krebs aufweisen. Das nennt sich Pap-Test.
Ablauf: Der Arzt nimmt mit Spatel oder kleinem Bürstchen Abstriche von Muttermund und Gebärmutterhalskanal. Die Schleimhautzellen werden unterm Mikroskop kontrolliert. Je nach Test-Einstufung von I (normal) bis V (ernst) wird der Pap-Test um einen HPV-Test ergänzt, nach einigen Monaten wiederholt oder es wird eine winzige Gewebeprobe entnommen.
Beurteilung: Ein sehr sinnvoller Test, der bei regelmäßiger Durchführung eine Treffsicherheit von 80 bis 90 Prozent aufweist. Das bestätigen auch die Langzeitergebnisse: Seit Einführung des Screenings Anfang der 70er sank die Gebärmutterhalskrebs- Rate in Deutschland bei den Frauen, die jedes Jahr teilnahmen, um 90 Prozent.
Alternativen: Frühestens ab 2018 sollen Frauen ab 35 den Pap-Abstrich nur noch alle drei Jahre bekommen, dafür kombiniert mit dem HPV-Test. Dabei prüft der Arzt, ob sich im Scheidenbereich humane Papillomviren aufspüren lassen – also die Erreger, die den Krebs im Laufe vieler Jahre bis Jahrzehnte auslösen können.
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Da sollten Sie hingehen
Gesundheits-Check auf Herz und Nieren
Anlass: Wie eine Art TÜV bieten Allgemeinmediziner gesetzlich Versicherten über 35 einen standardisierten Check-up an. Durch die Standard-Kontrollen im Abstand von zwei Jahren sollen Herz-, Kreislauf- und Nierenerkrankungen, aber auch Diabetes früh erkannt werden.
Ablauf: Als Erstes erkundigt sich der Arzt nach Erkrankungen, Familiensituation, besonderen Risiken. Nach dieser Anamnese inspiziert er den gesamten Körper, misst Blutdruck und Pulsfrequenz. Eine Untersuchung des Urins sowie eine Blutprobe auf Gesamtcholesterin und Nüchternblutzucker gehören ebenfalls zum „Check-up 35“.
Beurteilung: Für Gesundheitsbewusste kein absoluter Pflichttermin. Für alle anderen schon, weil der Arzt dabei Bluthochdruck oder Stoffwechselprobleme früh erkennt. Manche Experten kritisieren, dass der Testumfang zu klein sei. Sinnvolle Ergänzungen können die Aufschlüsselung der Cholesterine in HDL und LDL sein, eine Bestimmung wichtiger Vitamin-Spiegel sowie der Langzeitblutzuckertest HbA1c. Im Gegensatz zum Nüchternblutzucker, der nur eine Momentaufnahme darstellt, gibt der HbA1c Aufschluss über den Blutzuckerverlauf der vergangenen acht bis zehn Wochen.
Untersuchung auf Hautkrebs
Anlass: Ab 35 haben gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf einen kostenlosen Hautkrebs-Check bei einem Dermatologen oder eigens qualifizierten Hausarzt. Laut Deutscher Krebshilfe erkranken jährlich etwa 234 000 Menschen neu an Hautkrebs, darunter etwa zehn Prozent am malignen (bösartigen) Melanom. Früh erkannt ist die Krankheit gut heilbar.
Ablauf: Der Arzt sucht den ganzen Körper mit einer hellen Lampe oder Lupe nach Leberflecken ab, inklusive Kopfhaut, Gesäß und Geschlechtsteilen. Bei auffälligen Hautveränderungen entnimmt er eine Gewebeprobe und schickt sie ins Labor.
Beurteilung: Sinnvoll. Ein erfahrener Mediziner erkennt neun von zehn Melanomen. Ob dank Haut- Check letztlich weniger Menschen am sogenannten schwarzen Hautkrebs sterben, ist noch offen. Immerhin: Die Risiken der Untersuchung sind klein. Wird ein Muttermal unnötig entfernt, bleibt nur eine Mini-Narbe.
Alternativen: Manche Ärzte inspizieren die Haut per Auflichtmikroskop. Diese Untersuchung ist genauer, wird aber nicht von allen gesetzlichen Kassen übernommen (Kosten: ca. 15 bis 25 Euro). Ein neues Verfahren namens „Nevisense“ nutzt die elektrische Leitfähigkeit der Haut, um bösartige von gesunden Zellen zu unterscheiden – und kann das überflüssige Herausschneiden von Gewebe vielfach vermeiden. Laut Studien liegt die Trefferquote der elektrischen Impedanzspektroskopie für schwarzen Hautkrebs bei 97 Prozent. Die schmerzlose Analyse der Hautflecken dauert wenige Minuten, kostet aber zwischen 90 und 120 Euro.
Messung des Augeninnendrucks
Anlass: Der Check beim Augenarzt soll grünen Star, auch Glaukom genannt, verhindern. Bei dieser Krankheit werden die empfindlichen Fasern des Sehnervs durch zu hohen Augendruck abgequetscht. Weil das schmerzlos ist und über Jahre passiert, bemerken viele Patienten ein Glaukom zu spät. Augenärzte raten deshalb ab 40 zu regelmäßigen Routinekontrollen.
Ablauf: Bei der Goldmann-Methode, die von den meisten Medizinern genutzt wird, drückt ein etwa drei Millimeter kleiner Messkörper die Hornhaut flach. Die Kraft, der hierfür nötig ist, entspricht dem Augendruck. Der liegt bei Gesunden ungefähr zwischen 16 bis 21 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg). Vor der Untersuchung wird die Hornhaut mit Augentropfen betäubt.
Kosten: Zwischen 10 und 22 Euro. Als Individuelle Gesundheitsleistung muss der Check aus eigener Tasche bezahlt werden. Bei begründetem Verdacht auf ein Glaukom springt die gesetzliche Krankenkasse ein, häufig auch, wenn ein erhöhtes Risiko – etwa durch Diabetes oder starke Kurzsichtigkeit – besteht.
Beurteilung: Als alleiniger Check nicht sinnvoll. Misst der Arzt lediglich den Augeninnendruck, bleiben 50 Prozent aller Glaukome unerkannt. Entscheidend ist, dass überdies der Sehnervkopf geprüft wird (Funduskopie). Mit zusätzlicher Augenspiegelung kostet der Test 20 bis 40 Euro.
Alternativen: Der Augendruck lässt sich mit unterschiedlichen Techniken prüfen. Bei der Non- Contact-Tonometrie etwa drückt ein kurzer Luftstoß die Hornhaut ein. Die Methode benötigt keine Betäubung, ist allerdings weniger präzise.
Tastuntersuchung auf Prostatakrebs
Anlass: Ab einem Alter von 45 haben gesetzlich versicherte Männer jährlich die Möglichkeit, sich beim Arzt auf Prostatakrebs untersuchen zu lassen.
Ablauf: Der Arzt tastet die Genitalien und die dazugehörigen Lymphknoten in der Leiste ab. Zudem tastet er die Prostata vom Enddarm aus ab.
Beurteilung: Für den häufigsten Männerkrebs gibt es keine wirklich gute Früherkennung.
Alternativen: Eine Alternative ist der PSA-Test, die Bestimmung des sogenannten prostataspezifischen Antigens als Biomarker für Prostatakrebs.
Das können Sie sich (oft) sparen
Messung der Knochendichte
Anlass: Mit dem Wegfall der Östrogene nach den Wechseljahren werden die weiblichen Knochen dünner. (Wenn Männer Osteoporose bekommen, ist das fast immer eine Folgeerscheinung anderer Erkrankungen.) Der vorsorgliche Knochendichte-Check beim Orthopäden soll einen unerkannten Mineralmangel im Skelett aufzeigen, bevor es möglicherweise zu einem Bruch kommt.
Ablauf: Standardmethode ist die Zwei-Spektren- Röntgenabsorptiometrie (DXA). Während man auf einem Untersuchungstisch liegt, misst ein niedrig dosierter Röntgenstrahl den Kalksalzgehalt in Oberschenkelhalsknochen und Lendenwirbelkörpern. In diesen Regionen zeigt sich Osteoporose besonders klar. Der Test ist sehr präzise und dauert etwa 15 Minuten.
Kosten: Etwa 50 Euro. Bei bestimmten Erkrankungen, etwa Morbus Crohn, oder bei verdächtigem Knochenbruch zahlt die Kasse.
Beurteilung: Frauen unter 70 können sich die Untersuchung sparen. Es sei denn, sie tragen ein erhöhtes Risiko für Osteoporose. Das betrifft diejenigen, die stark rauchen, längere Zeit Kortison eingenommen haben, sich kaum an der frischen Luft bewegen, einen grazilen Knochenbau besitzen oder familiär vorbelastet sind.
Alternativen: Neben der DXA bieten Ärzte unter anderem auch die quantitative Computertomografie (QCT) an. Diese Röntgenuntersuchung erfasst auch die kleinen Knochenbälkchen im Inneren des Knochens. Nachteil: Die Strahlenbelastung ist deutlich höher als bei der anderen Methode.
PSA-Test für Prostatakrebs
Anlass: Gesetzlich krankenversicherten Männern wird ab dem 45. Lebensjahr allerdings eine kostenlose Untersuchung der äußeren Genitalien und der Prostata angeboten. Die Tastuntersuchung über den Enddarm scheuen viele Männer. Eine Alternative scheint der PSA-Test zu sein.
Ablauf: Ein einfacher Bluttest beim Urologen ermittelt den PSA-Wert. Da die Werte stark schwanken können, muss er bei Auffälligkeiten mehrmals wiederholt werden.
Kosten: Die durchschnittlich 25 Euro pro Blutuntersuchung übernehmen die gesetzlichen Kassen in der Regel nicht.
Beurteilung: Krebszellen bilden deutlich mehr PSA als gesunde Zellen. Ein erhöhter Wert kann also ein Zeichen für Prostatakrebs sein. Doch auch andere Ursachen treiben den PSA-Spiegel in die Höhe: Entzündungen oder gutartige Vergrößerungen der Vorsteherdrüse, aber auch Radfahren oder sogar Geschlechtsverkehr. Zur Früherkennung taugt der PSA-Test daher nur bedingt. Ausnahmen sind Männer mit hohem Risiko für diesen Krebs. Urologen schätzen den PSA-Test vor allem als exakten Marker für die Therapiekontrolle, wenn ein Mann an Prostatakrebs erkrankt war und die Drüse entfernt wurde. Jeder Anstieg des PSA-Wertes deutet auf neue Krebszellen hin. Anzeige
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