Jeder Dritte schluckt Vitamin-Pillen – dabei sind nur 3 wirklich sinnvoll
Tabletten, Kapseln, Tropfen: Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel werden immer beliebter. Wie eine repräsentative Umfrage zeigt, nimmt ein Drittel der Deutschen sie sogar mindestens einmal pro Woche ein. FOCUS Online erklärt, welche Präparate Sinn machen – und welche Sie sich sparen können.
Sie sollen das Immunsystem unterstützen oder die Knochen stärken, manche Hersteller versprechen sogar Schutz vor Corona oder Heilung von Krebs: Vitaminpräparate erleben Marktstudien zufolge einen Boom. Seit Beginn der Pandemie greifen immer mehr Menschen zu solchen Produkten. Nicht immer ist das nur Geldverschwendung – es kann auch gefährlich werden.
Ein Drittel der Bevölkerung nimmt mindestens einmal pro Woche Vitamine als Nahrungsergänzungsmittel ein, wie eine repräsentative Befragung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigt. Jeder oder jede Sechste nimmt sogar täglich Pillen oder Pulver mit Vitaminen.
FOCUS Online erklärt, welche Vitamine tatsächlich sinnvoll sind – und welche Sie sich sparen können. In welche Menge die Präparate unbedenklich sind, erfahren Sie zudem in der Liste des BfR für die Höchstmengen von Vitaminen und MIneralstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln.
Auf welche Vitamine Sie verzichten können
Bis auf wenige Ausnahmen können Sie auf Vitamine in Tablettenform verzichten – sofern ein Arzt bei Ihnen keinen nachweislichen Mangel per Blutbild nachgewiesen hat. Hier sind die fünf, die am häufigsten konsumiert, aber von gesunden Menschen nicht gebraucht werden:
1. Multivitamintabletten
Alles, was sie enthalten, kann eine ausgewogene Ernährung liefern. Eine große US-Studie mit 39.000 älteren Frauen zeigte bereits vor einigen Jahren, dass die Pillenkonsumentinnen ein größeres Sterberisiko hatten als die Vergleichsgruppe, die keine Vitamintabletten schluckte. 2018 hat darüber hinaus eine Metaanalyse zahlreicher Studien zur Vitamin-Supplementierung nachgewiesen, dass diese keinerlei positive Wirkung auf Herz-Kreislauf-Ekrankungen haben.
2. Vitamin A
Die Zellschutzvitamine A, C und E bilden die wichtigsten Antioxidantien, auch Zellschutzvitamine genannt. Als Radikalefänger erfüllen die Vitamine eine wichtige Aufgabe im Organismus. Denn freie Radikale sind mitverantwortlich für Alterungsprozesse und die Entstehung von Krankheiten.
Obst, Gemüse und (gutes) Öl liefern diese Zellschutzvitamine aber eigentlich in ausreichender Menge. Als Nahrungsergänzungsmittel, besonders in hoher Dosierung, bekommen die Vitamine von Experten dagegen schlechte Noten: Konkret stellte eine Langzeituntersuchung vermehrt Lungenkrebs bei Rauchern fest, die Vitamin A oder die Vorstufe Betakarotin einnahmen. Außerdem weiß man, dass schon eine tägliche leichte Überdosierung des fettlöslichen Vitamins A Leber und Knochen schaden kann.
3. Vitamin C
Vitamin C kann nicht vor Krankheiten schützen – nicht einmal vor Schnupfen, wie manche glauben. Den positiven Einfluss auf das Immunsystem haben Studien in den letzten Jahrzehnten immer wieder versucht nachzuweisen. Dagegen hat sich gezeigt, dass hohe Tagesdosen zu Nierensteinen führen können. Eine Supplementierung ohne einen nachgewiesenen Mangel macht deshalb keinen Sinn.
4. Vitamin E
Für Vitamin E konnte der früher vermutete Krebsschutz nie nachgewiesen werden. Vielmehr hat eine Studie mit 36.000 männlichen Teilnehmern ein vermehrtes Risiko für Prostatakrebs gezeigt, wenn diese Vitamin-E-Kapseln schluckten. Bei dauerhaft hoher Dosierung kann es zu Störungen der Verdauung, Muskelkraft oder der Blutgerinnung kommen. Auch Vitamin E-Kapseln sind deshalb nicht zu empfehlen.
5. Vitamin B3
Lange Zeit hatte Niacin (Nikotinsäure) den Ruf, schützend auf Herz und Hirn zu wirken. Auch hier zeigte eine große Studie mit 25.000 Herzpatienten, dass die Dauereinnahme nicht zu weniger Herzinfarkten oder Schlaganfällen führte. Im Vergleich zur Placebo-Gruppe entwickelten die B3-Konsumenten aber häufiger Leberprobleme und innere Blutungen.
Im besten Fall produziere man durch die unnötige Einnahme von Vitaminen „teuren Urin“, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Wiebke Franz von der Verbraucherzentrale Hessen. Im schlimmsten Fall schade man seiner Gesundheit. Die Behörden prüfen Nahrungsergänzungsmittel – beispielsweise Vitaminpräparate – nicht wie Arzneimittel auf ihre Sicherheit und Qualität, bevor sie auf den Markt kommen. So kommt es bei diesen Pillen und Pulvern immer wieder zu Verunreinigungen.
Welche Vitamine sinnvoll sein können
Als Nahrungsergänzungsmittel zu empfehlen sind dagegen folgende drei Mikronährstoffe:
1. Vitamin D
Das „Sonnenvitamin“ ist wichtig für die Knochengesundheit, weil es die Einlagerung von Kalzium fördert. Es ist aber kaum in Lebensmitteln zu finden.
Der Körper kann Vitamin D selbst in der Haut bilden, wenn diese genug Sonnenlicht abbekommt. Dafür genügen schon täglich zehn Minuten draußen, selbst wenn der Himmel bedeckt ist. Kein Problem in leichter Sommerkleidung, aber an kalten Wintertagen wird es eng mit der Vitamin-D-Versorgung. Zumal viele Mediziner eine hohe Tagesdosis für sinnvoll halten.
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2. Folsäure
Folat ist das einzige Vitamin, bei dem die Versorgung in Deutschland durch die Ernährung eher ungenügend ist. Als „Babyvitamin“ ist es besonders wichtig für Schwangere und Frauen, die schwanger werden möchten. Folsäure gehört zu den B-Vitaminen und ist essentiell für die Blutbildung, Zellteilung, und generell alle Wachstumsprozesse.
Folsäuremangel kann dramatische Folgen für das ungeborene Kind haben: Fehlbildungen vor allem an Wirbelsäule und Rückenmark, dem sogenannten Neuralrohrdefekt.
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Folsäure steckt zwar in nennenswerter Menge in Keimen, grünem Gemüse und Hülsenfrüchten – das deckt aber selten den durchschnittlichen Tagesbedarf, schon gar nicht dem stark erhöhten in der Schwangerschaft. Also: Tabletten erlaubt bis notwendig.
3. Vitamin B12
Dieses Vitamin brauchen nicht alle Menschen als Nahrungsergänzungsmittel. Für die wachsende Gruppe der Veganer sind B12-Pillen aber notwendig, weil es das einzige Vitamin ist, das die komplett tierfreie Ernährung nicht mit pflanzlichen Lebensmitteln abdecken kann. Als wichtiger Baustein für die Zellteilung, Blutbildung und die Funktion des Nervensystems ist B12 unverzichtbar in der täglichen Vitaminversorgung.
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