Würde es wieder tun: Arzt testet Corona-Impfstoff und spricht über Nebenwirkungen
Schon vor Jahren hat Tobias Müller bei einer Studie für einen Tollwut-Impfstoff mitgemacht. Müller hat keine Angst mehr vor Corona. Er ist als einer der ersten Deutschen bereits dagegen geimpft, weil er an einem Impfstofftest von Curevac teilgenommen hat. Der Internist und Rheumatologe aus Weiden in der Oberpfalz hatte nach der Impfung Schüttelfrost und war müde, sagt er im Gespräch.
Abendzeitung: Herr Müller, Sie haben in einer frühen Phase an einem Impfstofftest gegen Covid-19 teilgenommen. Wie kamen Sie dazu?
Tobias Müller: Ich habe 2012 schon mal bei einer Studie mitgemacht, einen Impfstoff gegen den Tollwuterreger zu finden. Das läuft über das Tropeninstitut der Uniklinik München. Das ergab sich über eine langjährige Verbindung mit Freunden aus dem Studium, die dort arbeiten. In der letzten Augustwoche nahm ich an der Covid-Studie teil.
AZ: Was wurde dabei getestet?
Müller: Es ging um die richtige Dosierung eines Covid-Impfstoffs für die Tübinger Pharmafirma Curevac (für die Exklusivrechte dieser Firma wollte Donald Trump seitens der US-Regierung im Frühjahr angeblich eine Milliarde Dollar zahlen, Anmerkung der Red.). Dabei wird untersucht, wie der Impfstoff dem Körper präsentiert wird. Es handelt sich um eine klassische Messenger-RNA-Studie (mRNA). Dabei enthält ein Botenmolekül den Bauplan für das sogenannte Spike-Protein des Virus. Daran wird das Antigen angeheftet und dem Körper präsentiert. Die Produktion des eigentlichen Impfstoffs sollen nach der intramuskulären Injektion die Zellen des Körpers übernehmen.
"Es war nicht nebenwirkungsarm, ich hatte Schüttelfrost und Unwohlsein"
AZ: Wie hat Ihr Körper auf diese Präsentation reagiert?
Müller: Die prinzipielle Impfung habe ich gut vertragen. Weil ich eine relativ hohe Dosis bekam, war es trotzdem nicht nebenwirkungsarm, ich hatte Schüttelfrost und Unwohlsein. Das heißt nicht, dass andere auch diese Nebenwirkungen haben müssen. Es hat bei mir jedenfalls funktioniert. Mein Körper hat Covid-Antikörper produziert.
AZ: Wären Sie nach der Impfung arbeitsfähig gewesen?
Müller: Ich hatte zum Zeitpunkt der ersten von zwei Impfungen dienstfrei, um möglichen Nebenwirkungen aus dem Weg zu gehen und niemanden zu gefährden. Ich habe mich so weit stabil gefühlt, war aber froh, nicht arbeiten zu müssen, da Allgemeinsymptome wie Schüttelfrost, Müdigkeit und Kopfschmerz angehalten haben. Die relativ hohe Dosis dürfte bei einer Markteinführung aber sicher nicht zum Einsatz kommen.
"Impfschäden bewegen sich im Promillebereich"
AZ: Was unterscheidet den Curevac-Impfstoff, den Sie bekamen, vom Biontech-Pfizer-Impfstoff, der bald einsetzbar sein soll?
Müller: Ich habe mich damals in der Klinischen Phase eins der Entwicklung impfen lassen. Zurzeit ist Curevac in Phase zwei. Biontech hat die letzte, dritte Phase bereits abgeschlossen. Grundsätzlich gibt es verschiedene Präsentationsmöglichkeiten eines Impfstoffs für den menschlichen Körper. Auch der Biontech-Impfstoff ist ein mRNA-Impfstoff, der möglicherweise ohne Adjuvans auskommt. Das heißt, es werden keine zusätzlichen Proteine benötigt, um das Impfziel zu erreichen. Das muss nicht unbedingt besser sein, es geht dabei um den schnellen Effekt, um einen möglichst guten Erfolg zu erzielen. Daher werden verschiedene Applikationsmechanismen der Hersteller untersucht.
"Autofahren ist immer gefährlicher als Impfen"
AZ: Aus Ihrer Erfahrung als niedergelassener Arzt: Wie hoch ist die Impfbereitschaft in der Bevölkerung?
Müller: Sie ist prinzipiell da, aber nur, wenn es von seriösen Stellen empfohlen wird. Es ist ein bisschen wie bei einer Wahl: Wie viele Wahlberechtigte bringen Sie dazu, tatsächlich an die Urne zu gehen.
AZ: Was sagen Sie Impfgegnern?
Müller: Egal, wie man dazu steht, man muss anerkennen, dass Impfungen einen gesundheitlichen Mehrwert bringen. Impfschäden bewegen sich im Promillebereich. Pocken sind heute ausgerottet, weil die Weltgesundheitsorganisation WHO die Welt in den 60er- und 70er-Jahren durchgeimpft hat. Grundsätzlich ist auch Autofahren immer gefährlicher als Impfen.
Hatten Sie keine Angst, am Test eines völlig neuen Stoffs mitzumachen?
Müller: Nein, als ich an der Tollwutstudie teilgenommen habe, habe ich das sehr gut vertragen, die Dosis war auch sehr niedrig. Ich musste aber wieder unterschreiben, dass mir bewusst ist, dass die Sache im Extremfall mit dem Tod enden kann. Deswegen sind auch hohe Versicherungsprämien im Spiel, in diesem Fall über eine Million Euro. Darauf habe ich es aber nicht angelegt.
"In der zweiten Jahreshälfte 2021 sind wir mit dem Thema Covid durch"
Werden solche Impfstoff-Tests von Pharmaunternehmen nicht eher in Entwicklungsländern vorgenommen?
Müller: Das ist ein Vorurteil. Es wäre ethisch und moralisch nicht verantwortbar, Menschen nicht umfassend aufzuklären. Deshalb beäugt die WHO auch jede Medikamentenzulassung argwöhnisch.
Ihre Einschätzung: Wann sind wir alle mit dem Thema Covid durch?
Müller: Das wird wohl die zweite Jahreshälfte 2021 werden. Wenn die Bundesregierung wie geplant zunächst 56 Millionen Dosen für die Bevölkerung bekommt, müssen Sie das halbieren, denn Impfstoffe werden in der Regel zweimal verabreicht. Und dann hängt auch nach der Produktion noch viel Logistik dran: verpacken, Lieferanten bestücken, ins Apothekensystem einpflegen. Das sind schon noch lange Ketten.
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Das Original zu diesem Beitrag „“Würde es wieder tun“: Arzt testet Corona-Impfstoff und spricht über Nebenwirkungen“ stammt von Abendzeitung.
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