Rätselhafter neuer Virus in China: WHO beruft Notfallausschuss ein
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat wegen der neuartigen Lungenkrankheit in China ihren Notfallausschuss einberufen.
Die Experten sollen am Mittwoch darüber beraten, ob eine Gesundheitsnotlage ausgerufen werden soll, wie die WHO am Montag berichtete. Diese unabhängigen Experten empfehlen auch Maßnahmen, die möglicherweise ergriffen werden sollten.
Die chinesischen Behörden hatten am Montag berichtet, dass die Krankheit von Mensch zu Mensch übertragen werden könne. Die Zahl bestätigter Infektionen stieg sprunghaft auf rund 220. Ein weiterer Patient starb. Damit sind drei Todesfälle bekannt, wie die Gesundheitsbehörde der zentralchinesischen Metropole Wuhan berichtete.
Coronavirus bereits in mehreren Ländern nachgewiesen
Erstmals wurden Infektionen mit dem Coronavirus an mehreren anderen Orten sowohl im Norden wie auch im Süden Chinas nachgewiesen. Zudem gibt es Nachweise bei Menschen in Thailand, Japan und Südkorea, die zuvor in Wuhan waren. In Europa wurden bisher keine von Reisenden eingeschleppten Fälle bekannt.
Ruft die WHO einen internationalen Gesundheitsnotstand aus, empfiehlt sie damit schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche. Dazu können unter anderem Grenzkontrollen, das Einrichten von spezialisierten Behandlungszentren oder mögliche Impfungen medizinischer Fachkräfte gehören.
Experten: Krankheit schon wesentlich weiter verbreitet als bisher bekannt
Analysen des Erbguts hatten dem Berliner Virusforscher Christian Drosten zufolge ergeben, dass es sich bei dem Erreger um eine Sars-Variante handelt. Ein Sars-Virus hatte von China ausgehend 2002/2003 eine weltweite Pandemie mit 8000 Infizierten zur Folge, etwa 800 Menschen starben.
Experten des Imperial College London gehen davon aus, dass die neue Krankheit schon wesentlich weiter verbreitet ist als bisher bekannt. Nach ihrer Hochrechnung könnte es bereits mehr als 1700 Infizierte geben. "Solche Schätzungen sind immer mit großen Unsicherheiten behaftet", sagte Drosten dazu. "Im Kern glaube ich aber an diese Zahlen."
Erste Infektionen mit Fischmarkt in Verbindung gebracht
Die ersten Infektionen werden mit einem inzwischen geschlossenen Fischmarkt in Wuhan in Verbindung gebracht, auf dem auch Wildtiere verkauft wurden. Auch der Sars-Erreger von 2002/2003 war höchstwahrscheinlich von einem Wildtier auf den Menschen übergesprungen, angenommene Quelle sind Schleichkatzen.
Die chinesischen Behörden hätten bereits eine Hypothese, von welcher Tierart der neue Erreger auf den Menschen übergesprungen sein könnte, hatte Virusforscher Drosten kürzlich erklärt. "Das wird aber erst offiziell verkündet, wenn es als gesichert gilt."
Viren können Atemwegskrankenheiten verursachen
Coronaviren verursachen oft harmlose Erkrankungen wie Erkältungen – allerdings gehören auch Erreger gefährlicher Atemwegskrankheiten wie Sars und Mers dazu. Sars steht für "Severe Acute Respiratory Syndrome", also Schweres Akutes Atemwegssyndrom. Bei der Sars-Pandemie 2002/2003 war der Ausbruch anfangs vertuscht worden, was eine schnelle Reaktion verhindert und die Verbreitung begünstigt hatte.
Mit der gerade laufenden Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag wächst die Gefahr einer Übertragung des Virus. Bei der größten jährlichen Völkerwanderung sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs. Asiatische Nachbarn und mehrere Flughäfen in anderen Ländern weltweit haben wegen der neuen Lungenkrankheit inzwischen Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt.
Die Weltgesundheitsorganisation hat bisher keine Reisewarnung für Touristen ausgesprochen. Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC riet Reisenden nach Wuhan lediglich, Tiermärkte und den Kontakt mit Tieren oder mit kranken Personen zu meiden.
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