Müssen im Winter tatsächlich Vitamin-D-Präparate eingenommen werden?
Sollten wir im Winter Vitamin-D-Tabletten nehmen?
Vor allem in der kalten Jahreszeit greifen viele Menschen zu Vitamin-D-Präparaten. Doch wie wichtig ist die zusätzliche Einnahme des sogenannten „Sonnenvitamins“ im Winter tatsächlich? Experten zufolge sind solche Mittel nur für wenige Menschen sinnvoll.
Mangelhafte Vitamin-D-Versorgung in Deutschland
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Vitamin-D-Versorgung in Deutschland mangelhaft ist. Nicht nur Erwachsene, sondern auch viele Kinder und Jugendliche weisen erniedrigte Werte auf. Wenn tatsächlich ein Vitamin-D-Mangel vorliegt, ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln – nach ärztlicher Abklärung – in vielen Fällen angeraten. Doch manche Menschen nehmen solche Präparate auch ohne sich vorher untersuchen zu lassen. Dies ist nicht gerade sinnvoll, warnen Experten.
Kein Schutz vor chronischen Krankheiten
Manche Menschen nehmen Nahrungsergänzungsmittel, weil sie denken, damit ihrer Gesundheit etwas Gutes zu tun und Erkrankungen vorzubeugen. Die Stiftung Warentest weist auf ihrer Webseite darauf hin, dass dies nicht wirklich sinnvoll ist.
Denn Wissenschaftler haben in den letzten Jahren Hunderte von Studien auf die Frage hin ausgewertet, ob Vitamin D vor weiteren chronischen Krankheiten schützt und fanden offenbar keinen überzeugenden Effekt.
So hieß es beispielsweise in einer älteren Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, dass Vitamin D das Risiko für Krebs, Herz-Kreislaufkrankheiten, Bluthochdruck sowie Diabetes mellitus Typ 2 wahrscheinlich nicht senken könne.
Sonneneinstrahlung in den kalten Monaten reicht nicht aus
Vitamin D wird auch als „Sonnenvitamin“ bezeichnet, weil der menschliche Körper es zu etwa 80 bis 90 Prozent unter dem Einfluss des Sonnenlichts bildet. Dabei sind die energiereichen UVB-Strahlen maßgeblich, die auch die Haut bräunen.
Allerdings bildet nicht jeder Mensch gleich viel Vitamin D – das hängt von Alter, Hautdicke und Hauttyp ab.
Laut Stiftung Warentest gilt generell: Die Sonneneinstrahlung in Deutschland reicht von Oktober bis März nicht dafür aus, dass die Menschen ausreichend Vitamin D produzieren. Doch es ist nicht so, dass die Haut im Herbst und Winter gar kein Vitamin D produziert.
„Der Körper bildet auch etwas Vitamin D, wenn man im Winter mit freiem Gesicht und ohne Handschuhe täglich für einige Zeit, etwa 20 bis 30 Minuten spazieren geht“, erklärte der Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, Professor Helmut Schatz.
Aber vor allem in den warmen Monaten gilt es, ausreichend Sonne zu tanken. Denn unter der Frühjahrs- und Sommersonne lassen sich die Vitamin-D-Speicher leicht auffüllen, da der Körper das fettlösliche Vitamin D im Fett- und Muskelgewebe sowie der Leber speichert.
Dieser Vorrat reicht in der Regel, um ohne Mangelerscheinungen über die dunkle Jahreszeit zu kommen.
Über die Ernährung lässt sich nur ein kleiner Teil des Bedarfs decken
Wie die Stiftung Warentest schreibt, lässt sich mit Lebensmitteln nur ein kleiner Teil des Vitamin-D-Bedarfs decken, etwa zehn bis 20 Prozent. Demnach gibt es nur wenige Lebensmittel, die nennenswert viel Vitamin D enthalten.
Mit Abstand am meisten davon steckt in Fettfischen wie Lachs und Hering. In deutlich geringerem Maße liefern Leber, Eigelb und einige Pilze wie Pfifferlinge und Champignons Vitamin D.
Wer aufgrund mangelnder Sonneneinstrahlung in den Wintermonaten einen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel aufweist, kann laut Gesundheitsexperten gegebenenfalls auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen.
Allerdings sind Pillen mit Vitamin D nicht für alle Menschen ratsam, wie Experten der Apothekerkammer Niedersachsen warnten.
Grundsätzlich darf nicht zu viel davon genommen werden. Denn laut der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) kann es auch zu einer Überdosierung mit Vitamin-D-Präparaten kommen.
Problematisch ist zudem, dass viele dieser Produkte nicht empfehlenswert sind, wie eine Untersuchung im Auftrag von „Öko-Test“ gezeigt hat.
Nahrungsergänzung für Risikogruppen
„Gesunde, aktive Menschen profitieren kaum von Vitamin-D-Präparaten“, schreibt die Stiftung Warentest. „Bei bestimmten Risikogruppen können sie aber sinnvoll sein.“
Dazu zählen unter anderem Personen ab etwa 65 Jahren, da sich bei vielen Menschen dieses Alters die Fähigkeit der Haut verringert, Vitamin D zu bilden. Teilweise produziert sie dann nur noch halb so viel Vitamin D wie in früheren Lebensjahren.
Auch jüngere Personen, die krankheitsbedingt nur selten an die frische Luft kommen, können nach Rücksprache mit einem Arzt auf Vitamin-D-Präparate zurückgreifen.
Unter diesen Voraussetzungen stuft die Stiftung Warentest solche Mittel als geeignet zur Vorbeugung und Behandlung von Osteoporose ein.
Auch bei bestimmten anderen Erkrankungen können Vitamin-D-Pillen sinnvoll sein: So können Dünndarmerkrankungen die Aufnahme von Vitamin D aus dem Darm beeinträchtigen.
Auch chronische Leberleiden, Niereninsuffizienz, Nebenschilddrüsenschwäche oder bestimmte Medikamente wie Anti-Epileptika können die Vitamin-D-Bildung stören.
Vitamin-D-Präparate nie auf Verdacht einnehmen
Zudem empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit in Übereinstimmung mit wissenschaftlichen Organisationen von Kinder- und Jugendärzten:
Alle Babys in Deutschland sollten ab der ersten Lebenswoche bis zum zweiten erlebten Frühsommer, also je nach Zeitpunkt der Geburt für die Dauer von einem bis eineinhalb Jahren, zusätzlich zur Muttermilch oder Babynahrung Tabletten oder Tropfen mit täglich 400 bis 500 Einheiten Vitamin D 3 ärztlich verordnet bekommen.
Die Vitamin D-Gabe sollte am Besten kombiniert mit der Fluorid-Prophylaxe gegen Karies erfolgen. Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm sollten in den ersten Lebensmonaten täglich eine höhere Dosis von 800 bis 1.000 Einheiten Vitamin D erhalten.
Grundsätzlich gilt: „Vitamin-D-Präparate sollten nicht auf Verdacht eingenommen werden. Sie empfehlen sich nur dann, wenn eine unzureichende Versorgung durch einen Arzt nachgewiesen wurde“, sagte Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Der Mediziner bestimmt dann gegebenenfalls den aktuellen Vitamin-D-Status. Allerdings bekommen gesetzlich Versicherte diesen Bluttest nur bei begründetem Verdacht auf einen Mangel erstattet, etwa bei Osteoporose.
Arzt und Patient müssen im Einzelfall entscheiden, ob der Test sinnvoll ist. Meist tragen die Patienten die Kosten der Untersuchung von etwa 20 bis 30 Euro selbst. Auch für die Vitamin-D-Präparate zahlen Krankenkassen nur in Ausnahmen. (ad)
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