Krebs und neurologische Erkrankungen: Signalprotein als Schlüsselmolekül für Krebsausbreitung und Epilepsie – Heilpraxis

Krebsausbreitung: Neu entdecktes Schlüsselmolekül

Wie Krebs entsteht, ist noch nicht bis in alle Einzelheiten geklärt. Bekannt ist, dass Krebszellen wandern können. Die Ausbreitung der Erkrankung im Körper stellt oft eine große Gefahr dar. Forschende berichten nun über ein neu entdecktes Schlüsselmolekül für die Krebsausbreitung sowie Epilepsie. Die Erkenntnisse könnten neue Chancen für personalisierte Therapien von Krebs und Nervenkrankheiten bieten.

Wie das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in einer aktuellen Mitteilung schreibt, hemmen bestimmte Anker-Proteine einen zentralen Stoffwechsel-Treiber, der bei Tumorerkrankungen und Entwicklungsstörungen des Gehirns eine wichtige Rolle spielt. Zu diesem Ergebnis, das neue Chancen für personalisierte Therapien von Krebs und neuronalen Erkrankungen eröffnen könnte, kamen Forschende des DKFZ und der Universität Innsbruck gemeinsam mit einem europaweiten Forschungsnetzwerk. Ihre Arbeit wurde in der Fachzeitschrift „Cell“ veröffentlicht.

Wichtiges Signalprotein MTOR

Laut den Fachleuten ist das Signalprotein MTOR (Mechanistic Target of Rapamycin) ein Sensor für Nährstoffe wie Aminosäuren und Zucker. Stehen genügend Nährstoffe zur Verfügung, kurbelt MTOR den Stoffwechsel an und sorgt dafür, dass ausreichend Energie und Zellbausteine zur Verfügung stehen.

Weil MTOR ein zentraler Schalter für den Stoffwechsel ist, führen Fehler in seiner Aktivierung zu ernsten Krankheiten. Krebserkrankungen und Fehlentwicklungen des Nervensystems, die zu Verhaltensstörungen oder Epilepsie führen, können die Folge sein, wenn MTOR fehlgeschaltet ist.

Deswegen kontrolliert die Zelle die MTOR-Aktivität sehr genau, unter anderem mithilfe sogenannter Suppressoren. Dies sind Moleküle, die ein Protein hemmen und dabei helfen, seine Aktivität zu dosieren.

Der TSC-Komplex, der so ein Suppressor für MTOR ist, ist nach der Erkrankung, die sein Fehlen hervorruft, benannt – der Tuberösen Sklerose (engl. tuberous sclerosis, TSC). Der Mitteilung zufolge sitzt der TSC-Komplex gemeinsam mit MTOR an kleinen Strukturen in der Zelle, den sogenannten Lysosomen, und hält dort MTOR in Schach.

Wenn der TSC Komplex – zum Beispiel durch Veränderungen in einer seiner Komponenten – nicht mehr am Lysosom bleibt, kann dies zu übermäßiger MTOR-Aktivität mit schweren gesundheitlichen Folgen führen.

Ankerfunktion in Brustkrebszellen

Deshalb erforschten die Teams um Christiane Opitz am DKFZ und Kathrin Thedieck an der Universität Innsbruck, auf welche Weise der TSC-Komplex an Lysosomen bindet. Hierbei entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass die G3BP-Proteine (engl. Ras GTPase-activating protein-binding protein) zusammen mit dem TSC-Komplex an Lysosomen sitzen.

„Dort bilden die G3BP-Proteine einen Anker, der dafür sorgt, dass der TSC-Komplex an die Lysosomen binden kann“, erklärt Mirja Tamara Prentzell vom DKFZ, Erstautorin der Publikation. Den Angaben zufolge spielt diese Ankerfunktion in Brustkrebszellen eine entscheidende Rolle.

Wenn die Menge von G3BP-Proteinen in Zellkulturen vermindert ist, so führt dies nicht nur zu einer erhöhten MTOR-Aktivität, sondern steigert auch die Migration der Zellen. Die Forschenden konnten in Zellkulturen zeigen, dass Wirkstoffe, die MTOR hemmen, diese Ausbreitung verhindern.

In Brustkrebspatientinnen korreliert eine niedrige G3BP-Menge mit einer schlechteren Prognose. „Marker wie die G3BP-Proteine könnten hilfreich sein, um Therapien zu personalisieren, die auf einer Hemmung von MTOR beruhen“, erläutert Kathrin Thedieck, Professorin für Biochemie an der Universität Innsbruck.

Das Gute daran: Wirkstoffe, die MTOR hemmen, sind sogar schon als Krebsmedikamente zugelassen und könnten gezielt in weiterführenden Studien eingesetzt werden.

Störungen der Gehirnentwicklung

Auch im Gehirn hemmen die G3BP-Proteine MTOR. Im Zebrafisch, einem für die Forschung wichtigen Tiermodell, beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Störungen der Gehirnentwicklung, wenn G3BP fehlt.

Das führt zu neuronaler Hyperaktivität ähnlich wie bei Epilepsie im Menschen. Wie es in der Mitteilung heißt, konnten diese neuronalen Entladungen durch Wirkstoffe, die MTOR hemmen, unterdrückt werden.

„Wir hoffen deshalb, dass Patienten mit seltenen erblichen neurologischen Erkrankungen, bei denen Funktionsstörungen der G3BP-Proteine eine Rolle spielen, von Wirkstoffen gegen MTOR profitieren könnten“, so Christiane Opitz vom DKFZ. Dies möchten die Forschenden zukünftig gemeinsam mit ihrem europaweiten Forschungsnetzwerk untersuchen. (ad)

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