Ist nicht zu retten: Top-Virologe Kekulé legt mit Kritik an Drosten-Studie nach

Nachdem der Streit zwischen der „Bild“-Zeitung und dem Top-Virologen Christian Drosten noch immer schwelt, gibt es nun schon eine neue Außeinandersetzung. Sein Virologen-Kollege Alexander Kekulé veröffentlichte einen Gastbeitrag im Tagesspiegel, der Drosten offenbar gar nicht gefiel. Am Tag danach legte Kekulé noch einmal nach.

Gegenüber dem "Deutschlandfunk" bekräftige Kekulé seine Kritik an Drostens Kinder-Studie: Er sei sich ganz sicher, dass der Berliner Top-Virologe seine Studie „zurückziehen und neu schreiben“ werde. Die Kernfrage, ob Kinder genauso ansteckend seien wie Erwachsene sei immer noch nicht entschieden, daran ändere auch das Ergebnis von Drostens Studie nichts. Dafür wären die Daten und die Auswertung zu schwach. "Als ich die Studie das erste Mal auf den Tisch bekam, am 30. April, war sofort klar, dass auf der Auswertungsseite ein paar Fragezeichen da sind", so Kekulé. Da Drosten die Studie immer wieder verteidigte, habe er sich mit etwas Verzögerung nun zu Wort gemeldet.  "Die Studie ist nicht zu retten, wie sie dasteht", erklärt Kekulé.

Kekulé kritisiert Drosten-Studie: Wissenschaftliche Grundlage fehlt

In dem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" hatte Kekulé zuvor bereits die umstrittene Drosten-Studie zur Virus-Last in Kindern kritisiert, die auch hinter dem Streit zwischen Drosten und der "Bild" steckt. Seinem Unmut über den Gastbeitrag machte Drosten am Donnerstagmorgen via Twitter kund.

„Kekulé macht Stimmung. Seine Darstellung ist tendenziös. Er kennt unsere Daten nicht und zitiert falsch. Kekulé selbst könnte man nicht kritisieren, dazu müsste er erstmal etwas publizieren.“

Christian Drosten

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In seinem Gastbeitrag hatte Kekulé den Statistiker Held genannt, der mehrere methodische Fehler in der Studie aufgezeigt habe. Die Probenmengen, auf die sich die Studie bezieht, seien nicht vergleichbar, so Kekulé. Die abgenommene Menge unterscheide sich zu oft, außerdem seien die Proben in unterschiedlichen Stadien der Krankheit genommen worden. Zudem sei die Stichprobe sehr klein: So kritisiert Kekulé, dass etwa nur 49 Unter-11-Jährige getestet wurden, diese für die Studie aber durchaus relevant seien.


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  • Christian Drosten: Hätte er die Studie zurückziehen müssen?

    Kekulé bemängelt, dass ein nicht gefundener Unterschied anhand der verwendeten Methode noch lange kein Beweis dafür sei, dass es den entsprechenden Unterschied nicht gebe. Insgesamt fehle der Drosten-Studie die wissenschaftliche Grundlage. Drosten hätte die Studie zurückziehen müssen, so Kekulé.

    Kurz darauf legte Drosten nach:

    „Der von Kekulé bemühte Leonhard Held sagt selbst über seine statistische Nachanalyse unserer Studie, dass diese nicht konklusiv ist. Kekulé ist das egal, er feuert trotzdem. Danke dafür. Wir werden ein Update unserer Daten und Statistik liefern.“

    Christian Drosten

    Grundsätzlich stimmte Drosten einem Twitter-User jedoch zu. Der hatte geschrieben: "Wenn jetzt die Wissenschaftler öffentlich aufeinander einprügeln, gewinnt an Ende die Bild."

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    Kritik auch von Hendrik Streeck

    Der Bonner Virologe Hendrik Streeck hatte sich der Kritik an der Studie seines Kollegen Christian Drosten von der Berliner Charité angeschlossen. „Die Methode ist von fünf Statistikern kritisiert worden, und diese Kritik kommt nicht von ungefähr“, sagte der Wissenschaftler im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

    Es sei jedoch schwierig, „zwischen berechtigter Kritik und dem, was dann medial daraus gemacht wird, zu trennen“, sagte er mit Blick auf einen umstrittenen Bericht der „Bild“-Zeitung über Kritik an der Drosten-Studie zur Virenbelastung bei Kindern. „Von der Art der Berichterstattung würde ich mich distanzieren.“

    Drosten in "unangenehmener Situation"

    Letztlich stünden Drosten und er genauso wie jene Statistiker, die kritische Anmerkungen zur Studie der Charité veröffentlicht haben, „in einem Team, nämlich im Team Wissenschaft“, sagte der Leiter der Heinsberg-Studie, die selbst öffentlich stark in die Kritik geraten war. Zu der aktuellen Debatte um Drosten sagte der Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Bonn dem RND: „Ich fühle mit ihm, das ist eine sehr unangenehme Situation, in der er sich befindet.“ Als Wissenschaftler sei einem mitunter „nicht klar, in welche politische und mediale Gemengelage man sich da begibt.“ Das sei ihm selbst im Verlauf der Heinsberg-Studie ähnlich ergangen.

    Streeck vermisste nach eigenen Angaben seinerzeit eine ähnliche Unterstützung von Kollegen und Öffentlichkeit, wie sie derzeit der Berliner Virologe Drosten erlebt. „Es ist eine Frage, die mich wirklich beschäftigt:  Warum es auf der einen Seite trotz berechtigter Kritik viel Unterstützung von Medien und auch sonst gibt, während einem auf der anderen Seite niemand zur Seite springt. Die inhaltliche Kritik an unserer Studie – und um die geht es ja am Ende – hat jedenfalls nicht standgehalten.“

    Drosten bekommt Rückendeckung von Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery

    Ohne Unterstützung steht Drosten trotz allem nicht da. Frank Ulrich Montgomery, der Vorsitzende des Weltärztebundes, nahm den Virologen in Schutz. In der RBB-Sendung "Talk aus Berlin" sagte er: „Ich finde es so toll, wie dieser Mann, den ich übrigens bewundere für das, was er macht, wie er das offen nach außen kommuniziert.“ Aus wissenschaftlicher Sicht sei es vollkommen in Ordnung, dass sich ein Forscher immer wieder korrigiere.

    Montgomery erklärte zudem, dass der wissenschaftliche Diskurs in einer hohen Geschwindigkeit ablaufe. Er monierte: „Dass da einige Ministerpräsidenten und einige Zeitungen in der Geschwindigkeit ihres Denkens nicht mitkommen, ist deren Problem, aber nicht das Problem von Herrn Drosten.“

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