Hersteller fordern temporäres Exportverbot für Arzneimittel
Großbritannien steuert auf einen ungeordneten Brexit zu.Finden die von Premierministerin Theresa May geführte Regierung und dasParlament keinen gemeinsamen Weg, könnte das Königreich am 12. April ohneVertrag aus der EU austreten. Der Pharmaverband ABPI warnt erneut vorLieferengpässen. Neu ist aber: Die Hersteller verlangen ein striktesExportverbot und spielen wahrscheinlich auf Großhändler und Apotheker an.
Beim Austritt Großbritanniens aus der EU gibt es weiterhin keine Bewegung. Das Parlament hat bislang alle zur Diskussion stehenden Alternativen zu einem geregelten Brexit sowie den geregelten Brexit als solches abgelehnt. Eine Mehrheit zeichnet sich nicht ab. Premierministerin Theresa May hat nun angekündigt, dass sie sich mit dem Oppositionsführer, Labour-Chef Jeremy Corbyn, absprechen wolle. Die EU hat dem Königreich einen Aufschub bis zum 12. April zugesichert – gibt es bis dahin weiterhin keine Lösung, wird Großbritannien ungeregelt aus der EU austreten.
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Seit Jahren warnen auch alle Beteiligten derArzneimittel-Lieferkette vor verheerenden Folgen eines solchen „No-Deal-Brexits“.Einen neuen Vorstoß unternimmt nun die Association of the BritishPharmaceutical Industry (ABPI). Der Pharmaverband verlangt einem Zeitungsberichtder „New York Times“ zufolge, dass es ein „temporäres Exportverbot fürlebensnotwendige Arzneimittel“ geben solle. Der Verband begründet seineForderung so: „Wir haben diese ganzen Vorräte gebildet. Jetzt müssen wirsichergehen, dass im Falle eines Zusammenbruchs des Pfundes, Mittelsmänner inden kommenden Monaten genau diese Vorräte nicht in die EU verkaufen, um Geld zuverdienen.“
Wer sind die Mittelsmänner?
Der ABPI-Sprecher lässt offen, wen er mit „Mittelsmännern“meint. Sehr wahrscheinlich ist aber, dass es sich hierbei um kleinere Großhandelsbetriebe,Zwischenhändler oder sogar Apotheker handelt, die ein eigenes Exportgeschäftbetreiben. Schon kurz vor dem offiziellen Austrittsdatum (29. März 2019) hatteder Verband in einer Mitteilung erklärt, dass die Hersteller viel unternommenhätten, um die Versorgung im Falle eines No-Deal-Szenarios trotzdem zu sichern.Dazu gehören laut ABPI: Aufstockung der Lager, Hinzufügen neuer und Änderungschon bestehender Lieferwege sowie das „Duplizieren“ von Herstellungsprozessen.„Trotz dieser Bemühungen haben wir immer betont, dass wir bei einem No-Deal-Szenariomit der echten Möglichkeit der Disruption der Lieferkette konfrontiert werden“,erklärte ABPI-Chef Mike Thompson in der Mitteilung.
EMA: Liste von 31 Arzneimitteln
Zumindest was die Arzneimittelversorgung im Rest der EUbetrifft, hatte die EU-Arzneimittelagentur EMA im Juli 2018 allerdings einanderes Bild gemalt. Die Pharmaindustrie sei demnach nur lückenhaft auf denBrexit vorbereitet. Ein Gutachten der Behörde zeigte, dass manchePharmaunternehmen im Vereinigten Königreich ihre Anstrengungen bezüglich desBrexits verstärken müssen, um die Arzneimittelversorgung in Europa für dieZukunft sicherstellen zu können. Im Märzdieses Jahres wurde dann bekannt, dass die EMA eine Liste von Arzneimittelnführt, bei denen im ungeordneten Brexit-Fall Engpässe drohen. Demnach könnte eswegen des Brexit bei 31 zugelassenen Arzneimitteln zu Versorgungsstörungeninnerhalb der EU kommen.
Und auch in Deutschland sorgt man sich. Ganz vorne mit dabeiist immer wieder der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH). BAH-Geschäftsführer ElmarKroth hatte erst kürzlich erklärt, dass das ausgehandelte Brexit-Abkommen vorsehe,in einer Übergangsphase bis 2020 ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennungvon bestimmten Unterlagen auszuhandeln. Sollte es allerdings zu einemungeregelten beziehungsweise harten Brexit kommen, werde es keineÜbergangsphase geben. Bei den dann notwendigen Zollkontrollen müsse mitVerzögerungen bei der Abwicklung von Import- und Export gerechnet werden.
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