Experten veröffentlichen Corona-Thesenpapier – und warnen vor einer „zweiten Welle“
Kürzlich haben Experten verschiedener Fachrichtungen ein Thesenpapier zur Pandemie veröffentlicht. Darin kritisieren sie, was aus ihrer Sicht bisher schiefläuft und wie es in den nächsten Wochen besser gehen könnte.
Schauen wir uns die richtigen Zahlen an und ergreifen wir die richtigen Maßnahmen?
Diese Fragen stellen sich zu Zeiten der Corona-Pandemie immer wieder neu. Schließlich ist die Pandemie in diesem Ausmaß eine Situation, die wir so bisher nicht kennen. Maßnahmen müssen ständig neu überdacht, Strategien infrage gestellt werden. Das haben kürzlich auch sechs Experten verschiedener Fachrichtungen in ihrem "Thesenpapier zur Pandemie durch Sars-CoV-2/Covid-19" getan.
Sie haben sich in ihrem 26-Seiten-langen Papier drei Schwerpunkte gesetzt, zu denen sie Fakten und Probleme aufzeigen:
- Epidemiologie
- Weiterentwicklung der Präventionsmaßnahmen und
- gesellschaftspolitische Folgen
- Matthias Schrappe von der Universität Köln, ehem. Stellv. Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit.
- Hedwig François-Kettner, Pflegemanagerin und Beraterin, ehem. Vorsitzende des Aktionsbündnis Patientensicherheit in Berlin
- Matthias Gruhl, Arzt für Öffentliches Gesundheitswesen Hamburg/Bremen
- Franz Knieps, Jurist und Vorstand des Verbands der Betriebskrankenkassen
- Holger Pfaff von der Universität Köln, Zentrum für Versorgungsforschung, ehem. Vorsitzender des Expertenbeirats des Innovationsfonds und
- Gerd Glaeske Universität Bremen, SOCIUM Public Health, ehem. Mitglied im Sachverständigenrat Gesundheit
Zu kritisieren haben die Experten der Medizinsoziologie, der Gesundheits-, Rechts-, und Pflegewissenschaften am derzeitigen Vorgehen so einiges – auch am aktuellen Vorgehen der Bundesregierung. Vorneweg schreiben sie aber, dass ihr Beitrag konstruktiv gedacht sei. Sie wollten "die Entscheidungen der kommenden Wochen zu unterstützen."
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1. Epidemiologie
Die Autoren kritisieren unter anderem, dass zum jetzigen Zeitpunkt keine gesicherten Aussagen zu derzeit Erkrankten getroffen werden könne, ebensowenig über die neu auftretenden Fälle. Schließlich gebe es nur anlassbezogene Tests – und zwar höchstens so viele, wie Tests verfügbar sind. Es fehle hingegen an systematischen Testungen mit mindestens 10.000 Personen, in denen zufällig ausgewählte Menschen getestet würden. Diese, so fordern die Autoren, müssten priorisiert werden.
Auch die Gesamtzahl der durchgeführten Tests sei nicht vollständig bekannt. Daher sei es auch nicht sinnvoll von einer Verdoppelungszeit (der Zeit, in der sich die Zahl der Erkrankten verdoppelt) zu sprechen und weitreichende Maßnahmen davon abhängig zu machen, erklären die Autoren. Dafür bedürfe es Stichprobenuntersuchungen der Gesamtbevölkerung. Diese würden ebenso helfen, um aussagekräftige Letalitätsraten, also den Anteil der Infizierten, die an der Krankheit sterben, benennen zu können. Die Autoren gehen davon aus, dass die derzeit berichteten Sterberaten zu hoch gegriffen seien.
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Außerdem, so plädieren die Autoren, sollten die neu diagnostizieren Fälle nicht auf die Fälle aufaddiert werden, die bereits genesen sind. Vielmehr müssten gesunde Patienten, die die Krankheit schon überstanden hätten, abgezogen werden. "Die kumulative Darstellung der täglich neu diagnostizierten Fälle erweckt den Eindruck eines katastrophalen Anstiegs", kritisieren die Experten.
2. Präventionsstrategien
Die Wissenschaftler gehen in ihren Ausführungen davon aus, dass eine Impfung erst im Jahr 2021 vorliegen wird. Social Distancing sehen sie als eine Methode an, deren Wirksamkeit beschränkt sei und die zu Kollateralschäden führe. Auch sei sie paradox, denn "je wirksamer (das Social Distancing), desto größer ist die Gefahr einer 'zweiten Welle'", schreiben die Autoren. Schließlich könne, wenn die Maßnahme wirksam war, keine Immunität in großer Zahl in der Bevölkerung erreicht werden, wie sie nötig wäre, um die Verbreitung des Erregers zu stoppen.
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