COVID-19: Sind Distancing-Maßnahmen wirklich erforderlich? – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal
Welchen Einfluss haben Kontaktbeschränkungen auf die COVID-19-Ausbreitung?
Waren die durchgeführten Maßnahmen der Kontaktbeschränkung zum Schutz vor COVID-19 wirklich notwendig oder hätten auch abgeschwächte Maßnahmen zu einen ähnlichen Erfolg geführt? Forschende versuchten jetzt diese Frage zu beantworten.
Die Forschungsgruppe um Jonas Dehning vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (MPIDS) hat die Wirkung der Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung auf die COVID-19-Ausbreitung analysiert und die Ergebnisse in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht.
Folgen der Maßnahmen zeigten sich nach zwei Wochen
Die Folgen von der im März eingeleiteten Maßnahmenpakete zur Bekämpfung von COVID-19 waren in Deutschland mit einer zweiwöchigen Verzögerung nach jeder Intervention feststellbar, berichtet das Forschungsteam. Aber erst nach der dritten Intervention (einem weitreichenden Kontaktverbot) seien die Fälle von COVID-19 deutlich zurückgegangen.
War das volle Ausmaß der Interventionen wirklich nötig?
„Unsere Analyse zeigt deutlich die Wirkung der unterschiedlichen Maßnahmen, die letztendlich gemeinsam eine starke Trendwende gebracht haben“, betont Viola Priesemann, Forschungsgruppenleiterin am MPIDS. in einer Pressemitteilung zu den Forschungsergebnissen. Die Modellberechnungen machen deutlich, dass das gesamte Maßnahmenpaket notwendig war, um das exponentielle Wachstum in Deutschland zu stoppen.
Kombinierte Methoden fühtren zu genauerer Ergebnissen
Insbesondere in den ersten Tagen einer Pandemie sind zuverlässige kurzfristige Prognosen über die Auswirkungen von Maßnahmen für die entscheidungstragende Personen oder Organisationen von massiver Bedeutung, erläutern die Forschenden. Wenn die Zuverlässigkeit solcher Prognosen anfangs in Frage gestellt wird oder wenn die Fallzahlen niedrig sind, könne die sogenannte Bayes’sche Modellierung helfen. Hierfür kombinierte die Forschungsgruppe ein Berechnungsmodell zur Übertragung von Infektionen mit der Bayes’schen Parameter-Inferenz. So sollten auch die Auswirkungen der Maßnahmenpakete auf die Ausbreitungsrate des SARS-CoV-2-Virus in Deutschland besser abschätzbar werden.
Veränderungen traten immer zwei Wochen nach Intervention auf
Hierzulande gab es im März drei große Maßnahmenpakete zur Bekämpfung von COVID-19. Diese begannen mit der Absage großer öffentlicher Veranstaltungen um den 8. März. Es folgte die Schließung von Bildungseinrichtungen und vielen Geschäften sowie ein weitreichendes Kontaktverbot Ende des Monats. Anhand der Daten über COVID-19-Fälle bis zum 21. April konnten die Forschenden drei Veränderungspunkte feststellen, die jeweils zwei Wochen nach einer Intervention nachweisbar waren und die eine verlangsamte Ausbreitung des Virus widerspiegeln.
Wann war ein entscheidender Rückgang der Erkrankungen festzustellen?
Erst mit dem dritten Punkt der Veränderung, welcher durch das Kontaktverbot eingeleitet wurde, sei jedoch ein entscheidender Rückgang der täglich neu auftretenden Fälle erreicht und das exponetielle Wachstum durchbrochen worden, berichtet das Forschungsteam. In weiteren Modellberechnungen wurde zudem deutlich, dass eine Verzögerung der Maßnahmen um nur fünf Tage bereits schwerwiegende Auswirkungen gehabt hätte.
Wann können die Einschränkungen aufgehoben werden?
Die Forschenden erklären hierzu, dass es angesichts der erkennbaren zweiwöchige Verzögerung wichtig ist, eine Aufhebung der Einschränkungen nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Zahl der aktiven Fälle so gering ist, dass eine zweiwöchige Zunahme keine ernsthafte Bedrohung für die Infrastruktur des Gesundheitswesens darstellen würde.
„Die ersten Effekte der Lockerungen vom 20. April sehen wir erst seit Kurzem in den Fallzahlen. Und bis wir die Lockerungen vom 11. Mai bewerten können, müssen wir ebenfalls zwei bis drei Wochen warten”, erläutert Michael Wilczek, Forschungsgruppenleiter am MPIDS. Bei der Aufhebung von Restriktionen ist daher Vorsicht geboten, warnen die Forschenden. Durch die Verzögerung sei es zudem möglich, dass eine sich verschlechternde Situation zwei Wochen unbemerkt bleibe. (as)
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