Corona-Sterblichkeit drastisch gesunken – doch Kekulé warnt vor Grippe-Vergleich

Mit Omikron hat Corona an Schrecken verloren. Immer deutlicher zeigt sich, dass schwere Erkrankungen nur noch selten vorkommen. Das Sterberisiko hat abgenommen. Dass Deutschland jetzt der endemischen Situation näherkommt, ist vor allem zwei Faktoren zu verdanken.

Karl Lauterbach hat seine Pläne, die Quarantänepflicht abzuschaffen, eben wieder geändert. Dabei hätte sie der Infektiologe Christoph Spinner durchaus für richtig gehalten. „Seit Beginn des neuen Jahres hat sich die Situation der Pandemie aus meiner Sicht komplett verändert“, erläutert der Pandemiebeauftragte des Klinikums rechts der Isar in München im „BR“-Interview.

„Sars-Cov-2 war zuvor etwa 20-fach so tödlich wie die echte Virusgrippe.“ Auch jüngere Menschen hätten deshalb häufig schwere Verläufe gehabt. Die Mortalität von Covid-19 sei jetzt aber von mehr als 20-fach im Vergleich zur Influenza auf unter 1 gefallen.

Zwei Faktoren machen Omikron weniger gefährlich als die Grippe

„Alles zusammen hat dazu geführt, dass Covid-19-Erkrankungen weit weniger gefährlich sind als die echte Virusgrippe.“

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Der Mediziner spricht von einem Wendepunkt: „Wir stehen im Übergang zur Endemie und die Maßnahmen müssen von Zeit zu Zeit kritisch geprüft werden.“ Insofern hätte er medizinisch nichts gegen Ende der Quarantäne- und Isolationspflicht gehabt. Denn der Infektionsprävention, also der Vermeidung der Übertragung, käme keine so große Rolle mehr zu, weil die Infektion in der Allgemeinheit nicht mehr mit einem hohen Erkrankungs- und schweren Verlaufsrisiko einhergehe.

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So hat sich das Covid-Sterberisiko verändert

Schon Ende März errechnete der Statistiker Christian Hesse einen Wendepunkt für das Sterberisiko symptomatisch Erkrankter. Im Unterschied zu den Vorwochen hat es abgenommen. Etwa ein Prozent der Omikron-Infizierten mit symptomatischen Verläufen muss hospitalisiert werden.

Aber: Das Sterberisiko bei symptomatischer Omikron-Infektion ist leicht gesunken, auf 0,09 Prozent, führte Hesse gegenüber FOCUS Online aus. In den Vorwochen lag es bei 0,10 beziehungsweise 0,12 Prozent. Das heißt: Einer von 100 symptomatisch Corona-Erkrankten muss hospitalisiert werden und einer von 1100 symptomatisch Erkrankten verstirbt.

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  • Darum sprach der Experte von einer Chance, die Omikron BA.2 uns bieten würde. Die Chance bestehe darin, dass dieser Subtyp eine endemische Situation herbeiführe, in der die Immunsysteme der meisten Menschen schon einmal Kontakt entweder mit einem Impfstoff oder mit diesem Virus-Typ hatten und wir gelernt haben, damit zu leben, ähnlich wie mit der saisonalen Grippe. „Diese Chance der „Grippalisierung“ von Corona ist aber langfristig“, ergänzte Hesse. Um die Chance zu ergreifen, müsse auch das Impftempo wieder erhöht und die Impflücke verringert werden.

    Infektiologe Spinner ergänzte im BR-Beitrag: Statt dem Infektionsschutz und dem Brechen von Infektionsketten komme jetzt dem Erkrankungsschutz, vor allem in Risikogruppen eine wichtige Bedeutung zu.

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    Was beim Grippe-Vergleich zu beachten ist

    Auch die britische Boulevardzeitung „Daily Mail“ titelte kürzlich: „Covid ist weniger gefährlich als die Grippe.“ Als Gründe nannte sie ebenfalls die Omikron-Variante, die weniger schwer verläuft sowie die Impfungen und die Immunität aus verherigen Wellen. Zusätzlich errechneten die Autoren die Infektionssterblichkeit.

    Diese habe am Anfang der Pandemie bei einem Prozent gelegen, mit der Delta-Variante bei 0,2 Prozent und mit der Omikron-Variante bei 0,03 Prozent. Das heißt: Zu Beginn der Pandemie war die Sterblichkeit 33-mal so hoch wie in der aktuellen Omikron-Welle. Die Wissenschaftler vergleicht diese mit der Infektionssterblichkeit der Influenza, die bei 0,01 bis 0,05 Prozent liegen soll.

    Kekulé: „Der Grippe-Vergleich hinkt“

    Darüber sprach der Virologe Alexander Kekulé jüngst im MDR-Podcast. Mit den konkreten Zahlen müsse man immer vorsichtig sein, betonte er darin. „Insbesondere, wenn der Nenner bei so einem Quotienten nicht bekannt ist“, erläuterte der Experte. „Also, die Infektionssterblichkeit sagt ja immer: Wie viele Menschen sind gestorben von den Infizierten? Also, die Infizierten stehen dann sozusagen in dem Bruch unten. Und die kenne ich ja gar nicht. Ich weiß nicht, wie viele Menschen infiziert sind.“

    Weder in Deutschland noch in Großbritannien wüssten wir aktuell, „ob die Dunkelziffer – wenn Sie jetzt die Omikron-Welle nehmen – Faktor fünf oder Faktor zehn ist zu dem, was da offiziell gemeldet ist. Das weiß keiner“, warnt Kekulé.  

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    Schwierig sei der Grippe-Vergleich außerdem, weil auch die Zahlen zu Grippeinfektionen und -toten letztlich Schätzungen seien. Wenn in Fachjournalen oder in der Publikumspresse stünde, „die Sterblichkeit bei Grippe ist so und so pro Infiziertem. Da kann ich nur sagen: Glauben Sie das nicht“, mahnt Kekulé. „Weil man wirklich bei der Grippe ja noch weniger weiß, wie viele sich infiziert haben.“

    Die Sterblichkeit in Folge von Covid-Infektionen sei zwar seit Beginn der Pandemie tatsächlich zurückgegangen. Aber der Vergleich mit der Grippe passt aus Sicht des Virologe nicht ganz, weil der Rückgang bei den Todesfällen durch Corona nicht nur mit Omikron zu tun habe, sondern auch mit der enorm hohen Immunitätsquote durch durchgemachte Infektionen und die Impfungen. Diese sei bei der Influenza-Grippe um ein Vielfaches niedriger. „Und deshalb hinkt der Vergleich ein bisschen, weil man die Immunität der Bevölkerung hier natürlich mit in der Waagschale hat.“

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