Ballaststoffe: Positiver Einfluss auf entzündliche Erkrankungen wie Arthritis – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

Arthritis und Ernährung: Mehr Ballaststoffe

Es ist schon lange bekannt, dass neben der medikamentösen, physikalischen und chirurgischen Therapie auch die Ernährung eine wichtige weitere Maßnahme bei der Behandlung von Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis sein kann. Laut neuen Erkenntnissen könnte auch eine ballaststoffreiche Kost bei Arthritis helfen.

Unter dem Oberbegriff „Rheuma“ sind mehrere Hundert Erkrankungen zusammengefasst. Die Rheumatoide Arthritis (RA) ist Fachleuten zufolge die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Wichtig für die Patientinnen und Patienten ist unter anderem, wie sie sich ernähren. So sollte der Speiseplan beispielsweise viele Ballaststoffe beinhalten. Darauf lässt eine neue Studie schließen.

Allgemeinbefinden verbessert sich

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Wie die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in einer aktuellen Mitteilung schreibt, sind Ballaststoffe aus der Nahrung kein Ballast – im Gegenteil. Die weitgehend unverdaulichen Nahrungsbestandteile sind laut den Fachleuten ein gefundenes Fressen für die Darmbakterien, welche daraus kurzkettige Fettsäuren herstellen. Diese kurzkettigen Fettsäuren wirken sich positiv auf entzündliche Erkrankungen wie zum Beispiel die Rheumatoide Arthritis aus.

Ernähren sich Arthritis-Patientinnen und -Patienten ballaststoffreich, erhöht sich unter anderem die Zahl der regulatorischen T-Zellen, die Autoimmunreaktionen entgegenwirken – Reaktionen, bei denen sich die Körperabwehr gegen den eigenen Organismus richtet. Auch das Allgemeinbefinden der Patienten verbessert sich bei ballaststoffreicher Kost, fanden Forschende der FAU heraus. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nutrients“ veröffentlicht.

Darmflora braucht Ballaststoffe

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Wie in der Mitteilung erklärt wird, kommt den Darmbakterien bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen eine nicht unerhebliche Rolle zu. Diese Mikroorganismen, die bei Erwachsenen rund zwei Kilogramm des Körpergewichts ausmachen, sind darauf angewiesen, gut gefüttert zu werden, damit die Darmflora intakt bleibt. Das heißt, dass sie Ballaststoffe brauchen.

Die heutige Ernährung ist aber häufig ballaststoffarm, was zu einer gestörten Darmflora führen kann. Eine gestörte bakterielle Zusammensetzung im Darm wiederum wird in Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen gebracht, da dann die Mikroorganismen weniger kurzkettige Fettsäuren herstellen. Diese Fettsäuren, zu denen Propionat und Butyrat zählen, kommen beispielsweise in der Gelenkflüssigkeit vor, tragen zur Funktionsfähigkeit der Gelenke bei und beugen laut einer Studie Entzündungen vor.

Eine weitere wissenschaftliche Untersuchung des Teams um Prof. Dr. Mario Zaiss, Professur für Immuntoleranz und Autoimmunität der FAU, stützt diese Ergebnisse. Die FAU-Wissenschaftlerinnen und –Wissenschaftler untersuchten, wie sich das Protein Zonulin im Darm hemmen lässt, das Autoimmunerkrankungen Vorschub leistet. Die Forschenden stellten dabei unter anderem fest, dass Ernährung und Darmbakterien Einfluss auf die Zonulin-Produktion nehmen. Die Resultate dieser Studie wurden im renommierten Fachmagazin „Nature Communications“ publiziert.

Von der Symptomfreiheit zur Krankheit

In der Zonulin-Studie untersuchte das Team der FAU um Prof. Dr. Mario Zaiss, welchen Beitrag die Darmflora zum Prozess von der symptomfreien Autoimmunität hin zur Krankheitsaktivität leistet. Die Forschenden fanden heraus, dass das Darmepithel, also das Deckgewebe – die Ummantelung – des Darms, bei einer gestörten Bakterienbesiedlung des Darms vermehrt Zonulin ausschüttet.

Zonulin sorgt dafür, dass die sogenannten Tight Junctions – das sind Proteine, die die Zellzwischenräume der Darmummantelung abdichten – durchlässig werden, beispielsweise für Peptide oder Teile von Bakterien. Die Bakterienbruchstücke ähneln menschlichen Körperbestandteilen, weshalb, so vermuten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, der Organismus nicht zwischen den Fremdstoffen und eigenen Körperzellen unterscheiden kann.

Wie in der Mitteilung erklärt wird, greift er die Eindringlinge an und bildet Antikörper, die sich zugleich gegen eigene Körperzellen richten. Die Folge sind dann autoimmun bedingte Entzündungsreaktionen und zugleich der Startschuss für die Krankheitsaktivität bei Rheumatoider Arthritis.

Bei einer gesteigerten Zonulin-Konzentration im Darm erhöht sich laut der Studie auch bei bislang symptomfreien Patientinnen und Patienten mit einer Autoimmunität das Risiko für den Ausbruch einer Arthritis innerhalb des Folgejahres.

Durch Biopsien der Dünndarmschleimhaut belegten die Forschenden, dass sich die Tight Junctions, die Darmbarriere, bei erhöhten Zonulin-Werten veränderte und durchlässiger wurde. Auch eine Durchlässigkeit des Darms für Lactulose wies den Fachleuten zufolge sowohl bei Mäusen wie bei Menschen auf den Beginn einer aktiven Arthritis hin.

Beginn der Arthritis verzögerte sich

Weil die Forschenden die positiven Wirkungen der kurzkettigen Fettsäure Butyrat auf die Rheumatoide Arthritis bereits aus ihrer vorhergehenden Studie kannten, verabreichten sie auch in der Zonulin-Studie Mäusen Butyrat. Sie stellten fest, dass diese Behandlung den Beginn der Arthritis verzögerte, die Zonulin-Konzentration senkte und die intestinale Barriere stärkte.

Eine noch stärkere Wirkung erzielten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit der Gabe von Larazotid-Acetat, einem Stoff, der bereits in klinischen Studien zur Behandlung von Zöliakie, also Glutenunverträglichkeit verwendet wird. Unter Larazotid-Acetat, das die Zonulin-Produktion hemmt, ging die Entzündungstätigkeit in den Gelenken zurück, die Knochenfestigkeit stieg an und der Beginn der Arthritis ließ sich hinauszögern.

Die Forschenden der FAU gehen davon aus, dass sich auch bei Menschen die Krankheitsaktivität bei Arthritis durch eine Blockade der Zonulin-Produktion mit Larazotid-Acetat verzögern lassen kann. Da diese Substanz bereits in Phase-III-Studien getestet wird, ist ein Einsatz für Rheumatoide Arthritis demnächst unter Umständen ebenfalls möglich.

Darmflora ins Gleichgewicht bringen

Das FAU-Team empfiehlt zudem, die Darmflora durch eine ballaststoffreiche Ernährung ins Gleichgewicht zu bringen, um die Darmbakterien in die Lage zu versetzen, größere Mengen Butyrat herzustellen und die Darmbarriere zu stärken. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen im Verzehr von Ballaststoffen einen zusätzlichen Behandlungsansatz der Rheumatoiden Arthritis und unter Umständen auch anderer Autoimmunerkrankungen.

„Schon Hippokrates hat die Bedeutung der Ernährung für die Gesundheit erkannt und falsche Ernährung als eine der Hauptursachen für die Entstehung von Krankheiten ausgemacht: ‚Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel, und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein.‘ Wenn also Krankheit durch eine fehlerhafte Ernährung ausgelöst werden kann, dann sollten wir uns nochmals eingehend damit beschäftigen und die Zusammenhänge besser erforschen“, so Studienleiter Prof. Dr. Mario Zaiss. (ad)

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