Arzneimittelbehörde warnt vor Medikationsfehlern durch E-Rezepte
Die Verwendung von elektronischen Rezepten kann neue Arten vonMedikationsfehlern generieren. Die belgische Arzneimittelbehörde AFMPS berichtetvon einem aufmerksamen Apotheker, der eine versehentliche falsche Verschreibungbemerkt hat. Nun rät die Behörde den Ärzten dazu, bei der Auswahl einesArzneimittels aus einem Computer-Menü genau aufzupassen.
Gemeinhin würde man von der Verwendung elektronischer Rezepte erwarten,dass diese die Fehlerrate bei den Verordnungen und deren Belieferung reduzieren,wie etwa bei der Dosis, der Dosierung, der Häufigkeit der Verabreichung, derAnwendung oder auch im Zusammenhang mit Wechselwirkungen mit anderenMedikamenten. Außerdem sollen sie Abhilfe bei der schlechten Leserlichkeitmancher handschriftlicher Rezepte schaffen. Allerdings kann der Einsatz elektronischerVerschreibungen offenbar zu anderen Fehlern führen. So kann es zum Beispiel passieren, dassdie Ärzte aus Versehen ein falsches Arzneimittel aus dem Menü des Verordnungsprogrammsauswählen. Einen solchen Fall schildert die belgische Arzneimittelbehörde AFMPS.Ihr sei bereits bekannt, dass dievoreingestellten Dosierungen in den Computerprogrammen der Ärzte manchmal zu Verwirrungführen könnten, teilt die AFMPS mit.
Schnell mal die falsche Dosis erwischt
Ein Apotheker hatte auf einen Fehler im Zusammenhang mit derelektronischen Verschreibung von Clexane aufmerksam gemacht: Auf dem Rezeptstand Clexane 12.000 I E Anti-Xa (120 mg) / 0,8 ml. Die Indikation war nichtbekannt. Der Apotheker hatte Zweifel wegen der Dosis und kontaktierte den verschreibendenArzt. Dabei stellte sich heraus, dass dieser tatsächlich aus Versehen in demDropdown-Menü eine falsche Stärke der 0,8 ml Spritze mit dem niedermolekularenHeparin angeklickt hatte, die höher konzentriert war. Zum Hintergrund für dasVersehen erklärt die AFMPS, dass der Zusammenhang Einheiten-mg-ml zwar für„kleine“ Dosen (z.B. 2.000 IE – 20mg-0,2ml oder 4000 IE-40 mg-0,4ml) gelte, aber nicht für die beiden amstärksten konzentrierten Dosierungen. So seien in Belgien Fertigspritzen mit 0,8ml auf dem Markt, die entweder 8.000 oder 12.000 I E enthalten und 1 ml-Fertigspritzen mit 10.000 oder 15.000 I E. Hier hatte derVerordner nicht genügend aufgepasst. Eigentlich wollte er die schwächereverschreiben.
Auf Ende auf jeden Fall noch mal überprüfen
Um diese Art von Fehlern zu reduzieren, appelliert die AFMPS an die Verordner,bei der Auswahl der Angaben in den Dropdown-Menüs der Systeme besondersaufmerksam zu sein. Dies gelte besonders bei der halbautomatischenVervollständigung von Angaben, einer Funktion, bei der kürzlich genutzteInformationen zurückverfolgt werden, mit dem Angebot, diese automatisch wiederzu nutzen. Die Ärzte sollten die verschriebene Dosierung auf jeden Fall nocheinmal verifizieren, so der dringende Ratschlag. Apotheker sollen sich beiZweifeln hinsichtlich der Art der verordneten Medikamente oder der empfohlenenDosierung an den Verordner wenden, um die Sachlage zu klären.
Wie fehleranfällig sind die Verordnungssysteme?
In eine ähnliche Richtung gehen die Erfahrungen mit der elektronischenVerschreibung im Rahmen einer Untersuchung in einem großen englischenNHS-Lehrkrankenhaus. Stationsapotheker waren zu ihren Erfahrungen mit E-Rezepten und dercomputergestützten Arzneimittelanwendung befragt worden. Aus deren Antwortenhatten die Autoren der Studie entnommen, dass die Apotheker unter dem Systemeine veränderte Rolle einnehmen. Sie erfüllten zwar weiterhin ihre Kernaufgabenim Hinblick auf die Medikationssicherheit, würden aber offenbar mehr und mehrzum Ansprechpartner und „Troubleshooter“ für technische Rückfragen zu demSystem, mit dem die anderen an der Patientenversorgung Beteiligten nichtklarkämen. An der Fehleranfälligkeit der Systeme muss offensichtlichvielerorts noch gearbeitet werden.
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